Ingrid Steeger: „Männer kann ich an jeder Ecke haben“
Kein Blatt vor den Mund: Im AZ-Interview spricht Ingrid Steeger über Unlust auf dem roten Teppich, warum sie keinen Mann mehr in ihre Wohnung lässt, das Älterwerden, Selbstbewusstsein und die Liebe zu ihrem Hund.
AZ: Guten Tag, Frau Steeger, wie geht es Ihnen? Auf dem Roten Teppich sieht man sie nur selten.
INGRID STEEGER: Stimmt! Davor drücke ich mich gerne. Im Winter sowieso. Da muss man ja immer seinen Mantel ausziehen. Da geht’s nur noch darum, was für ein Kleid man trägt. Die Leute erwarten auch immer, dass ich mit einem Mann auftauche. Und das tue ich nicht. Wenn man älter wird, wird man ja auch ein bisschen anspruchsvoller. Und im Moment gefällt mir kein Mann. Männer kann man, wenn man prominent ist, an jeder Ecke haben. Das heißt aber noch lange nicht, dass ich die auch haben will.
Angeblich lassen Sie auch keinen Mann mehr in Ihre Wohnung rein?
Nein, ganz bestimmt nicht. Der muss unbedingt seine eigene Wohnung haben. Ich habe auch keine Lust mehr, ewig zu kochen oder, dass mich jemand ständig anruft und fragt: „Wo bist du? Wo bleibst du?“ Das habe ich alles hinter mir.
Aber sehnen Sie sich nicht manchmal nach Zweisamkeit?
Nein, bestimmt nicht.
Wie sollte der Mann denn sein, der Ihr Herz erobern kann?
Für mich muss ein Mann gebildet und belesen sein. Er muss sein eigenes Auskommen und seine eigene schöne Wohnung haben. Getrennte Bereiche sind mir heute ganz wichtig. Dann kann man ja hin- und herziehen. Mit einem Mann ist doch alles komplizierter, der motzt dann nur herum: „Was machst du denn? Warum schläfst du denn nicht?“ Aber ich kann nicht mehr so gut schlafen. Und ich will nicht mehr, dass ein Mann neben mir liegt und mir Fragen stellt. Das funktioniert eben nicht mehr.
Was haben Sie aus Ihren Beziehungen gelernt?
Ich habe gelernt, dass ich nichts gelernt habe. Am Anfang sind Männer ja immer nett. Doch mit der Zeit nimmt das leider langsam ab. Dann denke ich immer: Vielleicht kannst du es ja noch retten. Du musst was dafür tun. Aber irgendwann geht’s dann halt nicht mehr. Ich bin ein Fluchttier und verschwinde, wenn es mir zu viel wird. Ab einem bestimmten Alter weiß man, was man will und was nicht mehr.
Welchen Stellenwert haben Freunde für Sie?
Ich habe sehr viele gute Freunde, aber leider sehr weit weg. In Düsseldorf, Köln, Hannover, Hamburg. Meine Freunde aus Hannover haben mir gerade per Post einen langen Aal geschickt, weil sie wissen, dass ich so gerne Aal esse - wahrscheinlich noch ein Überbleibsel aus meiner Zeit in Hamburg. Ich bin kein einsamer Single. Ich habe auch früher nie richtig mit einem Mann zusammen gelebt.
Was sind Ihre Pläne für 2010?
Ich bleibe dem Theater treu und fange im Frühjahr in Bremen mit den Proben an. Danach geht’s auf Tournee. Außerdem bin ich dabei, meine Lesungen mit Liebesbriefen und Gedichten von Johann Wolfgang von Goethe, Tucholsky, Kästner und Karl Valentin fortzusetzen.
Geht man mit zunehmendem Alter gelassener mit dem Tod um?
Nein, ich gehe gar nicht gelassen damit um. Ich habe jedes Mal bei dem Verlust eines Bekannten sehr geweint und denke sehr oft an jeden einzelnen, der gestorben ist. Ich habe keine Angst davor, dass ich morgen sterben könnte. Ich habe so viel erlebt wie kaum ein anderer Mensch. Ich habe nur Angst, dass mein kleiner Hund daneben sitzt und nicht weiß, was los ist.
Welche Ängste plagen Sie?
Ich bin ein Widder und habe am 1. April Geburtstag. Und der Widder ist ziemlich stark. Er fällt zwar manchmal ein bisschen auf die Schnauze, aber steht immer wieder auf. Meine einzigen Ängste drehen sich nur um meinen Hund. Adelaide ist mein Kind. Wir leben ja auch schon seit acht Jahren zusammen.
Wie verbringen Sie Ihre Zeit, wenn Sie nicht arbeiten?
Ich habe immer was zu tun, muss gerade meine Papiere fürs Finanzamt ordnen, bereite die Lesungen vor. Außerdem habe ich ein Dutzend Theaterbücher zu Hause, die ich durcharbeite.
Was glauben Sie, wie haben Sie sich in den letzten Jahren verändert?
Ich bin selbstbewusster geworden. Nicht mehr so introvertiert, wie ich früher war und wie mein Ex Dieter Wedel kürzlich sehr treffend in einem Interview gesagt hat. Ich war extrem schüchtern, saß immer nur in der Ecke und habe geweint, war froh, wenn mich niemand bei irgendwelchen Abendveranstaltungen angesprochen hat und habe es auch vermieden auszugehen.
Gibt es was Positives am Älterwerden?
(lacht) Dass die Wechseljahre irgendwann vorbei sind. Die Wechseljahre sind schon ziemlich blöd. Für mich, denke ich, ist es das Beste zu arbeiten und mich zu konzentrieren. Ich brauche Bewegung und die ständige Beschäftigung.
Was sind Ihre Wünsche für die Zukunft?
Mein Lebenstraum ist es, weiterhin gute Theaterstücke zu haben. Und dass mein Dackel gesund bleibt. Adelaide ist wirklich das Wichtigste in meinem Leben. Und ich mache mir immer große Sorgen um sie. Interview: Anke Sieker
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