Immer der Nase nach
30.000 Schönheits-OPs und ein neues Buch: Im AZ-Interview spricht Werner Mang über die Lügen der Stars, Botox, straffe Busen und stramme Wadln.
Seine Nasen verkaufen sich am besten – Designerstücke für 5500 Euro plus Nebenkosten. Mehr als 15.000 Reiche, Schöne, Prominente und ein paar Normalos tragen sie im Gesicht. Werner Mang (59) hat den richtigen Riecher fürs Geschäft mit der Schönheit und am Bodensee Europas größte Klinik für Beauty-OPs – bis jetzt 30 000. Das er mehr sein will als ein Körper-Couturier, zeigt er in seinem Buch „Verlogene Schönheit“ (Bertelsmann, 253 S.). Wie (gut) es sich zwischen Schein und Sein lebt, sagt er im Interview.
AZ: Herr Professor Mang, die 51-jährige Madonna hat junge Apfelbäckchen und alte Hände, die gleichaltrige Sharon Stone eine alterslose Pfirsichhaut. Die Gene sind’s, sagen beide. Was meinen Sie?
WERNER MANG: Sie sollten zugeben, dass ihnen die Schönheitsmedizin geholfen hat. In dem Alter ist es kaum möglich, so frisch und jung auszusehen wie die beiden. Madonnas alten Händen empfehle ich Eigenfett-Injektionen, die glätten.
Was verraten Botox-Stirn und Barbie-Busen über unsere Gesellschaft?
Dass unsere Kultur auf einem falschen Weg ist. Ewig botoxierte Gesichter sind out. Brüste über 75 C medizinisch nicht vertretbar.
Und wenn eine Lady auf 80 B besteht?
Wenn ich sie nicht überzeugen kann, dass weniger mehr ist, schicke ich sie weg. In meiner Klinik operieren wir etwa 1000 Brüste im Jahr – und der Trend geht zur Normaliät.
Was ist mit dem Risiko?
Die Implantate sind heute sicher, weil sie kein flüssiges Silikon mehr enthalten. Junge Mütter können damit stillen.
Petra Gerster hat sich zu ihrem Face-Lifting bekannt, die meisten Promis machen ein Tabu daraus. Warum?
Ich weiß es nicht. Schönheitschirurgie ist nichts Unanständiges. Wer mit 50 keine Tränensäcke oder Falten hat, hat das nicht vom vielen Wasser trinken oder Positiv-Denken. Ohne Geheimniskrämerei würde das Thema weniger Neugier erregen. Schönheitschirurgie ist längst ein Mainstream.
Auch in Krisenzeiten?
Und ob. Viele verzichten lieber auf eine Reise oder ein Auto als auf eine neue Nase. „Von der habe ich ein Leben lang was“, sagte mir neulich ein 35-Jähriger.
Die Welle der Schlauchboot-Lippen scheint abzuschwappen.
Gott sei Dank. Das Herausnehmen, das schwieriger ist als das Einspritzen, ist derzeit am Bodensee unser tägliches Geschäft.
Welche neue Welle kommt?
Der Hit beim Mann ist der Waschbrettbauch. Wir können uns kaum retten vor Fettabsaugungen im Bauch- und Hüftbereich.
Hat das auch mit der bevorstehenden Wiesn zu tun?
Die spielt schon eine Rolle. Mehr Holz vor der Hüttn, also Brustimplantate, sind sehr gefragt. Und Wadln. Gerade wollte sich ein Hamburger Silikon einsetzen lassen, um strammer in der Lederhosn auszusehen. Ich habe ihm empfohlen, seine Socken mit Watte auszustopfen.
Lothar Matthäus kauft seinen Frauen gern neue Busen.
Das finde ich unmöglich. Man sollte sich nie einem Partner zuliebe operieren lassen. Meist wird man nach ein paar Jahren eh ausgetauscht.
Was, wenn ein Mann sein Gemächt mächtiger will?
Das lehne ich ab. Weder Penisverdickung noch Penisverlängerung haben irgendetwas mit der Potenz zu tun. Im Gegenteil, es kann zu Komplikationen kommen und dann hilft nur noch der Psychiater.
Welche Eingriffe lehnen Sie noch ab?
Alle, die medizinisch schädlich oder unsinnig sind, wie Rippenherausschneiden um eine engere Taille zu kriegen oder Mittelfußknochen entfernen, um höhere High-Heels tragen zu können. Auch Po-Implantate, um einen Knack-Hintern wie Jennifer Lopez zu kriegen, oder Terminator-Six-Packs gibt es bei mir nicht.
Als Autor prangern Sie an, dass die Gesellschaft jede Art natürlicher Alterung ablehnt. Als Beauty-Doc planen Sie demnächst OP-Pauschalreisen nach Mallorca. Ein Widerspruch.
Nein. Mein Ziel ist es, gute Schönheitschirurgie zu vernünftigen Preisen anzubieten, und dies am besten mit einem Urlaub zu verbinden.
China wollen Sie auch erobern – und mit einem Nasenwinkel-Span die dortigen „Plattnasen“ ummodellieren. Eine Münchner Kulturwissenschaftlerin hat Ihnen jetzt „rassische Elemente“ vorgeworfen.
Zu Unrecht. Hier geht’s um den medizinischen Aspekt – die Atem-Erleichterung. Ich bin im Gespräch mit Ärzten der Pekinger Uni.
Sie werden am Donnerstag 60. Schenken Sie sich eine Extra-Portion Botox?
Auf keinen Fall, ich nehme kein Botox. Ich hätte keine Probleme, mir die Schlupflider operieren oder Haare transplantieren zu lassen – aber noch fühle ich mich wohl, so wie ich bin.
Interview: Renate Schramm
AZ-Info: Das Buch
In ist, wer drin ist. Mangs Community dürfte das Buch von hinten beginnen – mit dem sechsseitigen Personenregister von Abd el Farag, Bohlens Ex Naddel, über die Ohovens bis zu Catherine Zeta-Jones. Der Untertitel „Vom falschen Glanz und eitlen Wahn“ macht neugierig.
Eine Abrechnung freilich kann sich der Botox-Prof, der den Kult ums Äüßere fast so zelebriert wie den um sich selbst, seinen Helikopter und seine Yachten „Facelift“ und „Boatbox“, nicht leisten. So plädiert er mit Co-Autor Norbert Lewandowski für eine natürliche Ästhetik, preist sein (Familien-)Leben, faltet unseriöse Ärzte zusammen und prangert die Schickeria an, die sich absaugen und aufspritzen lässt, aber es nicht zugibt. Nebenbei klatscht er über Müntefering, Berlusconi und Ferres-Ex Martin Krug... Der Beauty-Doc als (doppel)moralische Instanz. Dafür gibt’s eine Mang-Nase.