Iggy Pop - der dämonische Höllenhund

In den Sechzigern tobt er halbnackt über die Bühne, in den Siebzigern versinkt er in Drogen, in den Achtzigern wird er Kult – Iggy Pop ist eine lebende Legende. Jetzt wird er als solche geehrt.
Bei manchen Menschen dauert es lange, bis sie mit sich selbst und ihrem Leben im Reinen sind. Bei Jim Osterberg, Sohn eines Lehrers und einer Sekretärin aus Michigan, dauerte das Ankommen 60 Jahre. Vor genau zwei Jahren, an seinem runden Geburtstag, gab dieser Jim Osterberg ein Interview. Er sagte: „Zum ersten Mal habe ich alles, was ich immer wollte: coole Autos, heißen Sex, eine gute Band, die die Leute mögen. Und ich wache nicht auf und fühle mich krank.“
Jim Osterberg - Fans wissen das - ist Iggy Pop. Der Mann, der mit seinen Bauchmuskeln zeitweise für mindestens ebensoviel Furore sorgte wie mit seiner Musik. Eine lebende Legende.
In den Siebzigern wäre Iggy Pop fast an Heroin gestorben
Die ist der 62-Jährige jetzt ganz offiziell. Iggy Pop, dieser Wüstling, der in den späten Sechzigern mit seiner Band „The Stooges“ berühmt wurde, in den Siebzigern fast an Heroin gestorben wäre, dieser Iggy Pop ist mit dem „Living Legend Award“ ausgezeichnet worden. Auf Fotos reckt er seinen noch immer durchtrainierten Waschbrettbauch in die Kameras und lächelt sanftmütig. Das war nicht immer so.
Ganz am Anfang war Iggy Pop ein Höllenhund. Ein junger Mann aus gutbürgerlichen Verhältnissen, der aus ebendiesen ausbrechen wollte. Weil er glaubte, es gäbe jenseits der exakt abgezirkelten Einfamilienhausparzellen mit Parkplatz und Vorgarten noch ein anderes, wilderes Leben, das auf ihn wartet. Es waren die Sechziger Jahre, eine Zeit, in der Hippie-Joints und freie Liebe erfunden wurden, der junge Iggy Pop probiert sich erst als Schlagzeuger bei der Band „Iguanas“, bevor er mit drei Freunden 1967 die „Stooges“ gründet. Und sich als charismatisch-dämonischen Performer erfindet.
Fortan tritt er in engen Lederhosen und nacktem Oberkörper auf, er tanzt und tobt dermaßen wild über die Bühne, dass Mick Jagger dagegen wie ein schüchterner Schuljunge wirkt. 1973 erscheint das dritte und letzte Album, „Raw Power“, es ist ein schwarzes, wüstes Meisterwerk. Ein Jahr später löst sich die Band auf – und Iggy Pop versinkt im Drogenrausch.
"Lust for Life" machte ihn zum seriösen Künstler
Dass er aus diesem herausfindet, dass er mit „Lust for Life“ endgültig zum seriösen Künstler aufsteigt, dass er in den Achtzigern ein furioses Comeback hinlegen konnte und seitdem als unzerstörbarer Altbarde auf den Bühnen dieser Welt umherhüpft – das hat Iggy Pop auch David Bowie zu verdanken. Bowie glaubt an den kaputten Künstler, produziert ihn.
Es hat aber vor allem mit der schier unbändigen Vitalität des Iggy Pop zu tun, mit einem unstillbaren Lebenshunger, von dem der Mann aus Michigan angetrieben wird. „Man stirbt aus Langeweile und Gleichgültigkeit“, sagte Iggy Pop einmal. Vermutlich erklärt nichts besser, warum dieser Mann nach all dem noch am Leben ist. Und heute als lebende Legende durch die Straßen läuft.
Jan Chaberny