Hilde Gergs schwerer Gang: "Der Wofal lebt in uns weiter"
BERCHTESGADEN - Es war der schwerste Gang in ihrem Leben. Hilde Gerg musste am Donnerstag Abschied nehmen von ihrem an einem Aortariss gestorbenen Mann Wolfgang Graßl. „Und wir glaubten, wir hätten noch so viel Zeit", hatte sie auf das Sterbebild schreiben lassen.
Sie hielten sich ganz fest. Eng nebeneinander, eingehakt unter den Armen. Hilde Gerg in der Mitte, zu ihrer Seite die Schwiegerelten, links von ihr Wolfgang Graßl senior, rechts dessen Frau Genoveva, das Veverl, wie alle zu ihr sagen. Zu dritt folgten sie dem Sarg mit den drei roten Rosen. Die eine hatte ihren Mann verloren, die anderen beiden ihren Sohn. Und für alle drei war es der wohl schwerste Gang in ihrem Leben, bei der Beerdigung von Wolfgang Graßl am Donnerstagnachmittag.
Gut 400 Trauergäste waren auf den kleinen Alten Friedhof in der Ortsmitte von Berchtesgaden gekommen, um Abschied zu nehmen von dem 40-jährigen Ski-Trainer, der am Montag an einem Aortariss gestorben war. Verwandte, Bekannte und viele Weggefährten aus dem Sport. Die Olympiasiegerinnen Katja Seizinger, Maria Riesch, Viktoria Rebensburg so wie die Weltmeisterinnen Martina Ertl und Kathi Hölzl, die alle von Graßl trainiert wurden.
Sein langjähriger Freund und Kollege, Alpinchef Wolfgang Maier kam ebenso wie viele Rodler, mit denen Graßl in der Sporthalle von Schönau oft Fußball gespielt hatte, mit denen er zuletzt bei den Winterspielen in Kanada noch im Kufenstüberl gefeiert hatte: Georg Hackl, Patric Leitner, Bundestrainer Norbert Loch. Sie waren noch immer tief traurig und fassungslos.
Den Tränen nahe war auch Miro Gombita, der Pfarrer, der zuvor in der Untersteiner Pfarrkirche in Schönau das Requiem gehalten hatte. Gombita ist seit vielen Jahren ein enger Freund der Familie, auch wegen Wolfgang senior, dem Vorsitzenden des Pfarrgemeinderats. Er erzählte in seiner Predigt von Montagabend. Als er Hilde zu Hause besuchte, als Seelsorger, um ihr Kraft zu geben und Trost, und wie plötzlich der kleine Wolfgang, der 15 Monate alte Sohn mit seiner kleinen Trompete durchs Zimmer sprang und herzhaft lachte, unbeschwert, weil er ja gar nicht begreifen konnte, dass er seit diesem Tag nun ohne Vater aufwachsen müsse.
„Dieses Bild werde ich nie in meinem Leben vergessen", sagte der Geistliche, „es zeigte uns in dieser schweren Stunde, dass der Wofal in uns weiterlebt. Dieses Lachen war ein Sonnentrahl der Liebe." Immer wieder stockte dem Pfarrer die Stimme, sprach er doch vor dem Altar auch an der Stelle, an der er Hilde und Wolfgang vor erst gut einem Jahr getraut hatte. Am Tag, als sie den kleinen Wolfgang tauften, als sie sich noch freuten auf ein langes und glückliches Leben, auf ein Familienglück, das nun jäh endete. So wie es Hilde Gerg auch auf die Rückseite des Sterbebildes geschrieben hatte: „Und wir glaubten, wir hätten noch so viel Zeit.“
Ihre beiden Kinder, den Wolfgang und die zweieinhalbjährige Anna hatte Gerg nicht mitgenommen. Ihre Eltern, die am Dienstag aus Lenggries gekommen waren, kümmerten sich während Trauerfeier und Beerdigung um sie. Die beiden Kinder hätten das alles auch nicht verstanden, und vermutlich sind genau deswegen die Anna und der kleine Wofal die beiden Menschen, die Hilde Gerg nun am meisten Kraft geben werden in der nächsten Zeit. Einfach indem sie viel lachen, die beiden Sonnenstrahlen.
Florian Kinast
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