Hier stirbt wieder ein Stück Tradition
„Ein Riesen-Schock!“ Nach 77 Jahren muss das Modehaus aus der Theatinerstraße raus. Die AZ erklärt die Gründe.
München - Es war die erste Fashion-Adresse Münchens. Im Zweiten Weltkrieg zerstört, wieder aufgebaut – und heuer begeht man das 77-jährige Bestehen: Das Modehaus Maendler in der Theatinerstraße 7 zählt immer noch zum Top-Treff aller Mode-Fans. Hier gibt es exklusive Sachen von Designern wie Alexander McQueen, Armani und Burberry, lässige Jeans von „Seven for all mankind“ und Teile, die Fußballerfrau Victoria Beckham entworfen hat.
Künftig können die Kundinnen hier statt eines Cashmere-Pullis von Jil Sander für 630 Euro ein schwarzes Shirt für 26,95 Euro shoppen. Was ist da los? Wie die AZ exklusiv erfuhr, muss Maendler aus dem schmucken Haus in der Innenstadt raus – und hinein kommt Mango!
Die spanische Modekette hat sich die Top-Immobilie gesichert. Das bedeutet: In der Theatinerstraße gibt es bald Teenie-Mode – und ein Stück Tradition weniger. Wieder stirbt ein Stück vom vermeintlich guten, alten München. Nach Häusern wie Auto-König, Karstadt am Dom, Roma, Venezia oder Rieger City erwischt es nun Maendler.
Alfred Herrmann, Chef der Immobilienfirma – das Haus gehört dem Wittelsbacher Ausgleichsfonds – bestätigt der AZ: „Ja, es stimmt. Maendler zieht zum 30. April 2012 aus dem Gebäude aus. Im Mai wird dann Mango dort sein neues Geschäft eröffnen.“
Dass damit ein Kapitel Münchner Modegeschichte endet, sieht er nicht so drastisch: „Klar, Tradition ist eine wichtige Sache. Aber wir müssen auch in die Zukunft blicken. Eine Verjüngung wurde bereits nebenan durch ,Zara’ (eine spanische Mode-Kette, d. Red.) eingeleitet, mit Mango wird diese fortgesetzt.“ Es wird die fünfte Mango-Filiale in München – aber mit Abstand die in der exklusivsten Lage.
Warum muss Maendler raus? Eine Frage, die sich auch Michael Maendler seit Wochen stellt und noch immer nicht beantworten kann. Der AZ sagt er: „Es war ein Riesen-Schock für mich. Niemand vom Wittelsbacher Ausgleichsfonds hat mit mir gesprochen. Ich hatte noch um einen Termin für eine Vertragsverlängerung gebeten, und wenig später kam ein Brief an. Darin stand, dass – ohne Begründung – das Bedürfnis da ist, das Objekt neu zu vermieten.“
Im ersten Moment sei er fassungslos gewesen. Maendler, der das Modehaus von seinen Eltern Rosi († 2005) und Robert († 1989) übernommen hat, versuchte stets, seinen Laden auch für die junge Zielgruppe attraktiv zu halten. Sein Ur-Ur-Ur-Großvater Josef, ein Knopfmachermeister, hatte die Firma bereits 1811 in der Sendlinger Straße gegründet. In der Theatinerstraße führte Michael die Tradition fort – aber modern: Er bot trendige Designer an, baute die Internet-Präsenz aus, wollte am Puls der Fashion-Zeit bleiben. Alles umsonst.
„Die haben hinter meinem Rücken entschieden und uns alle vor vollendete Tatsachen gestellt“, sagt Maendler. „Bestimmt zahlt Mango viel mehr Miete, aber wir hätten doch reden können. Es ist bedauerlich und traurig, dass eine an sich sehr gute Zusammenarbeit nach so vielen Jahren auf diese Art und Weise zu Ende geht.“
Das plötzliche Aus in der Theatinerstraße überrascht viele in der Mode-Branche. Ein Insider nennt der AZ den angeblichen Grund: Maendler und ein Mitglied des Wittelsbacher Ausgleichsfonds hätten sich zerstritten. Zur AZ sagt er: „Die beiden Männer waren oft zusammen Ski fahren. Doch Michael ist immer arroganter geworden – bis es zum endgültigen Bruch kam. Dafür muss er jetzt bezahlen.“
Maendler kann darüber nur den Kopf schütteln: „So ein Schmarrn! Ich habe zu niemandem ein böses Wort gesagt.“ Immobilien-Chef Herrmann möchte die Rauswurf-Gründe nicht weiter kommentieren. Er sagt nur: „Einen Freudenschrei hat Herr Maendler nicht getan, als wir ihm unsere neuen Pläne mitteilten. Aber er ist ein erfahrener Geschäftsmann und wird sicher etwas anderes finden.“
Nach vorne schauen – das will Modemann Maendler jetzt auch. Eine Party zum 77. Jubiläum wird es wohl kaum geben: „Nach feiern ist mir gerade nicht zumute. Die Stimmung ist bei uns im Keller. Ich suche jetzt lieber einen neues Objekt.“ Auch wenn es Maendler ab April nicht mehr in der Theatinerstraße geben wird, aus der Mode will das Modehaus nicht kommen.
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