Hass-Rapper Bushido: Bambi nicht verdient?

Bushido und das Bambi gehören nicht zusammen – die Auszeichnung nützt nicht einmal dem Rapper.
von  Volker Isfort

 Wiesbaden - Fehlte was? Vielleicht der Bambi für Dummheit. Da hätte die Jury des Burda-Preises allerdings nicht weit suchen müssen. Wer schon vor Jahren Tom Cruise mit seiner Rolle als Claus Schenk Graf von Stauffenberg verwechselte und ihn mit einem Bambi für Courage ehrte, der darf auch Bushido ein Rehlein für Integration verleihen.

Außerhalb der Bambiwelt bedeutet Integration allerdings die gesellschaftliche und politische Eingliederung von Personen oder Bevölkerungsgruppen, die sich beispielsweise durch ihre ethnische Zugehörigkeit, Religion, Sprache, sexuelle Orientierung unterscheiden. Burdas Vorzeige-Sozialarbeiter Bushido wetterte früher heftig gegen Schwule und frisierte sein Image mit frauenverachtenden Texten. „Eine Gefahr für das Zusammenleben in Deutschland“, will gar Bernd Schlömer, der stellvertretende Vorsitzende der Piratenpartei in Bushido erkennen.

Hubert Burda Media, Ausrichter der Bambi-Verleihung, verteidigt dagegen die Entscheidung: „Musik ist eine Kunstform, der bewusste Tabubruch ein Stilmittel des Raps – ob es einem gefällt oder nicht“, heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens. Auch das ist wahr. Da die Pose im Rap alles und Intelligenz wenig bedeutet, twitterte Bushido in diesem Jahr auch gegen Bewohner (Insassen?) von „Big Brother“: Einem unterstellte er „Genfehler“, eine andere beschimpfte er in der vulgären Wortwahl, wie sie von Berlusconi über Bundeskanzlerin Angela Merkel übermittelt wurde.

„In meiner Welt gibt es nur 9 Millimeter, Koks und Geld“ (2010), rappt der Villenbesitzer Bushido als Teil der Formation Berlins Most Wanted, an anderer Stelle heißt es: „Ich bleib Gangsta, Halt die Fresse! Hier wird krasser Zorn geboren! Jungs aus der Gosse, hörst du mir zu? Ich red von Gosse! Das Normalste auf der Welt, dass ich mich boxe!“

Natürlich ist das alles eher dämlich als gefährlich, einzementiert in den thematisch unfassbar engen Grenzen des Genres. „Bushido leiht seine Stimme jungen Menschen, die im medialen Diskurs häufig überhört wurden“, glaubt man bei Burda. Dabei basiert doch der größere Teil des deutschen Privatfernsehens im täglich stundenlangen Stimmenverleih an Menschen, von denen man dann doch lieber nicht so viel hören würde.

Der 1978 in Bonn geborene Bushido, der ohne seinen tunesischen Vater mit der alleinerziehenden deutschen Mutter in Berlin aufwuchs, war bei der Bambi-Verleihung sichtlich irritiert: „Die negative Hysterie hat mich überrascht“, sagte der Musiker, der zuvor von Peter Plate, Songschreiber der ebenfalls ausgezeichneten Band Rosenstolz, offen kritisiert worden war. Bushido, dessen Leben den Stoff für Bernd Eichingers letzten Kinofilm „Zeiten ändern Dich“ lieferte, versäumte allerdings die Gelegenheit, mit seiner Vergangenheit wirklich aufzuräumen und mäanderte in seiner Dankesrede zwischen Selbstmitleid, Entschuldigung und dem Vorwurf, dass man ihn nicht schon früher gerufen habe, sich an sozialen Projekten zu beteiligen.

Nach Eichingers Adelung, der Versöhnung mit seinem Erzfeind Sido, einem Duett mit Peter Maffay und dem Aufstieg in die Galas der Smoking-Kultur wird Bushido aber noch an ganz anderen Folgen der neuen Reh-Integration zu leiden haben: zu böse für das Establishment, zu angepasst für seine alte Szene. Da wird die Luft für den Musiker dünn.

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