Hannes Jaenicke: „Ich vermisse eine Familie“
Im AZ-Interview spricht der Schauspieler über die Liebe, das Älterwerden, seinen Traum von einer Familie und wieso er sich mit 50 Jahren keineswegs zu alt für eine Vaterschaft fühlt.
AZ: Herr Jaenicke, Sie sind gerade 50. geworden. Haben Sie Panik bekommen?
HANNES JAENICKE: Absolut nicht. Ich fühle mich als junger Mensch. Die Zahl ist doch irrelevant. Ein Freund von mir, Dietmar Schönherr, wird 84. Was für ein großartiger, junger Kopf. Auf der anderen Seite habe ich Bekannte, die sind Mitte 20 und absolut verspießerte Langweiler.
Haben Sie erreicht, was Sie sich vorgenommen hatten?
Nein, noch lange nicht. Andererseits habe ich aber sicher mehr gemacht, als die meisten in meinem Alter. Ich habe schon viel Glück gehabt im Leben. Aber natürlich hätte ich gern mal einen Film gemacht, wie sie die Amerikaner drehen. Dennoch kann ich mich nicht beschweren. Höchstens, dass ich keine Familie habe. Das vermisse ich manchmal.
Aber kam eine Familie in Ihrer Lebensplanung denn vor?
Bislang nicht. Bislang war der Lebensplan eher, das große Abenteuer zu feiern. Und das ist mit Familie nicht vereinbar. Die letzten Jahre war ich zwischen Arktis, Hawaii, Costa Rica und Südafrika unterwegs. Wenn du so was machst, kannst du keine Familie haben. Das wäre verantwortungslos.
Heißt also, in den letzten zwanzig Jahren wären Sie ein miserabler Vater gewesen?
Entweder das – oder ich hätte viele berufliche Dinge nicht gemacht. Da ich aus einer sehr intakten Familie komme und meine Eltern seit 1956 verheiratet sind, habe ich ein ziemlich präzises Konzept vor Augen, wie sich Eltern zu verhalten haben. Und dieses Konzept würde ich schon auch gerne erfüllen.
Klingt da zwischen den Zeilen durch, dass Sie die Idee, Vater zu werden, noch nicht aufgegeben haben?
Ich muss keine Kinder machen, um ein zufriedener Mensch zu sein. Wenn nicht ich, dann machen’s eben andere. Man kann ja auch Sinnvolles tun, ohne Kinder groß zu ziehen. Sollte es aber doch noch passieren, dass ich Vater werde, dann werde ich genauso glücklich sein.
Sie erwähnten eben die langjährige Ehe Ihrer Eltern. Sie selber haben das nicht hingekriegt. Woran liegt das?
Naja. Ich hatte schon immer eher lange Beziehungen. Und bin mit fast all meinen Lebensgefährtinnen im Guten auseinander gegangen. Ich bin keiner, der ständig seine Partnerin wechselt. Aber klar ist auch: Mein Lebensstil ist nicht unbedingt für viele Menschen attraktiv.
Haben Sie sich am Ende einer Beziehung auch mal schuldig gefühlt?
Natürlich habe ich Fehler gemacht und hier und da versagt. Wie dämlich wäre ich, wenn ich sagen würde: Es waren immer die Frauen schuld.
Shooting-Star Megan Fox hat behauptet: „Männer sind so schwach wie Hundewelpen, wenn sie auf eine sexy Frau treffen.“ Stimmen Sie zu?
Gegenfrage: Wenn Männer fremdgehen – mit wem tun sie das? Zumeist doch wohl mit Frauen. Und sind diese Frauen tatsächlich immer alle Single? Also. Fremdgehen ist keine Männerdomäne.
Stimmt es, dass Sie früher sehr schüchtern waren?
Das stimmt, ja. Ich glaube, ich habe mich in meiner ganzen Schulzeit höchstens zweimal gemeldet. Ich hab mich immer durchgemogelt. Ich war ein Spätzünder, aber Spätzünder zu sein ist keine Schande.
Wann und wodurch hat sich Ihre Schüchternheit gelegt?
Lustigerweise in der Schauspielschule. Die hat mir echt gut getan. Ich glaube, ich habe den Beruf unterbewusst auch deshalb ergriffen, weil ich ein bisschen mehr Mut fassen wollte. Im Theater muss man vor Leute, und da kommt man mit Schüchternheit nicht furchtbar weit.
Sie haben mal erwähnt, dass Ihr bester Freund vor ein paar Jahren gestorben ist.
Ja, und da habe ich gemerkt, dass es mehr im Leben gibt als Arbeit. Carl war ein absoluter Workaholic, und die Tendenz hab ich selber sicher auch. Aber ich versuche jetzt, Pausen einzulegen. Ich will mein Glück nicht dadurch gefährden, dass ich mich mit zu viel Arbeit kaputtmache und letztlich an einem Herzinfarkt zugrunde gehe.
Ihre letzte Lebenspartnerin Tina Bordihn legt gelegentlich Tarot-Karten. Glauben Sie an so was?
Ich halte das für ein lustiges Gesellschaftsspiel. Aber ich bin keiner, der sich davon beeinflussen lässt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sowas Auswirkungen auf mein Leben hat. Aber ich respektiere, dass Leute sich intensiv mit derlei Sachen beschäftigen. Mir selber fehlt aber die Sensibilität für esoterischen Dinge.
Interview: Torsten Schuster