Hanna Schygulla: "Ich hatte Angst vor Fassbinder"

Hanna Schygulla ist Vielen als Muse von Rainer Werner Fassbinder im Gedächtnis geblieben. Bald veröffentlicht die Schauspielerin ihre Memoiren.
von  (lp/spot)

Hanna Schygulla ist vielen Menschen als Muse von Rainer Werner Fassbinder nachhaltig im Gedächtnis geblieben. Bald veröffentlicht die Schauspielerin ihre Memoiren. Ihren Entdecker betrachtet sie inzwischen mit gemischten Gefühlen.

Berlin - Ihre Namen sind untrennbar miteinander verbunden: Schauspielerin Hanna Schygulla (69) und Rainer Werner Fassbinder (1945 - 1982). Auch 31 Jahre nach dem Tod des erfolgreichen deutschen Filmemachers ist ihre einzigartige Darbietung in so vielen Fassbinder-Filmen unvergessen geblieben: "Effi Briest", "Die Ehe der Maria Braun", "Katzelmacher", in all diesen Filmen konnte Schygulla ihr Publikum von ihrem Talent und ihrer Sensibilität überzeugen. Doch dann wurde es still um sie, eine Nebenrolle in Fatih Akins "Auf der anderen Seite" im Jahr 2007 zeigte, dass ihr Können nicht auf das rein Fassbindersche beschränkt ist, ihr Talent auch im Alter nicht verloren gegangen war. Wie Hanna Schygulla selbst ihre Karriere sieht und was sie heute macht, hat sie nun im Interview mit dem Magazin "Stern" offenbart.

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Es hat sie nach Paris verschlagen, ähnlich wie Marlene Dietrich mit der sie schon öfter verglichen wurde. An die Fassbinder-Ära erinnert sie sich gern zurück, auch wenn sie nicht bloß schwärmende Worte für ihren Entdecker findet. "Eine leicht entzündliche Gewalt lag immer in der Luft. Er wollte immer wissen, wie weit er gehen konnte. Hat mit Feuer gespielt", wird die 69-Jährige zitiert. Dennoch habe er vor ihr, die sich ihm nicht wie andere seiner Darstellerinnen unterwerfen wollte, Respekt gehabt. "Er hat gespürt, dass er mich zwar zu seinem Werkzeug machen konnte, aber dass ich doch unversehrt durch diese grausame Welt gehen konnte, die er zeichnete. Zwischen Fassbinder und mir hätte sich noch viel mehr entwickeln können. Aber ich hatte Angst vor ihm. Ich fand ihn anziehend und abstoßend zugleich. Sehr schön und auch sehr hässlich", fasst Schygulla ihre Beziehung zu dem Mann zusammen, für den sie zeitlebens Muse war.

Unglaublich mag es zunächst wirken, dass bei Schygulla trotz ihres Aussehens und ihrer großen Berühmtheit die Männer nicht unbedingt Schlange standen. Sie selbst hat dafür jedoch eine Erklärung parat: "Viele Männer haben sich nicht an mich herangetraut. Denn ich habe ihnen die Erobererrolle weggenommen. Wenn es bei mir angefangen hat zu prickeln, dann habe ich es eben offensichtlich gemacht. Dann bin ich auch rangegangen. Und das hat mir Spaß gemacht. Ich habe das Spiel angeführt", erzählte sie dem "Stern". Ebenso selbstbewusst war sie, als sie die weibliche Hauptrolle in David Lynchs "Blue Velvet" ablehnte, weil ihr die Figur, die später von Isabella Rosselini gespielt wurde, nicht zusagte. "Ich wusste immer: Wenn Erfolg zum Obersten wird, geht der Sog nach unten."

Neue große Filmprojekte haben sich in den letzten Jahren einfach nicht ergeben, obwohl sie an einer Zusammenarbeit mit Regisseur Lars von Trier (57) Interesse äußerte. Stattdessen hat Hanna Schygulla nun ihre Autobiographie mit dem Titel "Wach auf und träume" fertiggestellt, in der sie noch mehr aus Anekdoten aus ihrer Jugend und der Zeit mit Fassbinder erzählt. Übers Älterwerden hat sich die "Grande Dame" auch schon einige Gedanken macht. "Ich möchte in kein Heim. Ich werde Menschen suchen, die mich umsorgen. Gern auch ein Ehepaar, das ich bezahle. Aber es sollte dann auch mehr entstehen. Sollte ich Alzheimer bekommen, möchte ich eher rechtzeitig Schluss machen."

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