Guido Maria Kretschmer: Sind Französinnen wirklich stilbewusster?

Am Montagabend präsentierte Guido Maria Kretschmer seine Mode-Kollektion auf der Fashion Week in Berlin. Der Titel seiner neuen Mode- und Interior-Linie: "Rue du Coeur".
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Guido Maria Kretschmer (54) brachte am Montagabend einen Hauch von Paris auf die Fashion Week in Berlin. Der Star-Designer präsentierte seine neue Kollektion "Rue du Coeur" in Kooperation mit dem Onlinehändler Otto. In seiner Mode- und Interior-Linie für die kommende Herbst/Wintersaison sind aber nicht nur französische Einflüsse zu finden. Auch andere europäische Länder haben ihn "auf ihre eigene Art und Weise inspiriert". Warum der Style in Frankreich "immer noch etwas Besonderes" ist, und wo wir Deutschen noch Nachhilfe gebrauchen könnten, verrät der Designer im Interview.

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Ihre neue Kollektion heißt "Rue du Coeur" - was hat es mit diesem Namen auf sich?

Guido Maria Kretschmer: Dieser Kollektionstitel soll das Reisen symbolisieren und all die Eindrücke und Inspirationen, die man unterwegs auf der "Straße des Herzens" sammelt. Das man willkommen ist, da wo man hingeht. Das Unterwegssein ist ja gerade auch bei mir ein großes Thema. Von einem Ort zum nächsten zu gehen, aber irgendwie auch auf Straßen zuhause zu sein und dort Positives zu erleben. Das beinhaltet "Rue du Coeur" für mich. Aber natürlich auch die Kraft der Farben, die das Französische widerspiegeln, was ich sehr liebe. Das Herz ist ein schönes Symbol, das wir auch innerhalb der neuen Kollektion bei Otto in verschiedenen Bereichen eingebunden haben. Das war mir ein großes Anliegen. Es ist einfach schön zu sehen, wenn Herzenswünsche dann auch textil real werden.

Welche französischen Einflüsse finden sich in Ihren Kreationen?

Kretschmer: Die französischen Einflüsse spiegeln sich auf jeden Fall in Form von Accessoires wider, die wir in die Kollektionsteilen integriert haben. Aber auch durch bestimmte Längen, z.B. Midi-Längen, wurde ein sehr moderner Look geschaffen, der vielfältig ist und ein bisschen an das Gestern erinnern mag. Diesen Einfluss haben wir auch im Shooting aufgegriffen, das an einem alten Bahnhof stattgefunden hat, sodass die Bilder eben genau das auf Reisen bzw. unterwegs sein beinhalten. Ich habe während der Entwicklung der Designs immer an eine Bahnreise gedacht, die irgendwo durch Frankreich führt. Diese ganzen Einflüsse haben dazu geführt, einige Looks zu kreieren, die ein wenig französisch anmuten.

Kaum ein Stil wird so oft thematisiert wie der von französischen Frauen. Sind die Französinnen wirklich stilbewusster als andere Frauen?

Kretschmer: Das kann man so nicht sagen. Ich glaube schon, dass die Pariserinnen einen bestimmten Look haben - eine Eleganz, eine Reduziertheit und Raffinesse ist sicher Teil ihres Looks. Das hat sich aber auch ein wenig verändert. Es gibt nicht nur noch die gut angezogenen Französinnen. Mittlerweile kann man da auch ohne Probleme nach England schauen. Dort gibt es viele Mode-Innovationen, wie man auch an Herzogin Kate sieht. Oder überhaupt an all den royalen Mädchen in Europa. Da wird sehr deutlich, wie viel Einfluss sie auf die Mode genommen haben. Deshalb kann man schon sagen, dass man in ganz Europa mittlerweile einen selbstbewussten Modelstil der Frauen erkennen kann. Nichtsdestotrotz würde ich immer wieder sagen, dass der Style in Frankreich im täglichen Leben - im Winter wie im Sommer - schon auch immer noch etwas Besonderes ist.

Was zeichnet den Modestil der deutschen Frauen aus? Wo brauchen deutsche Frauen vielleicht noch Nachhilfe?

Kretschmer: Es hat ein bisschen etwas mit der Region zu tun. Natürlich ist eine Frau im Durchschnitt in Düsseldorf anders angezogen als in Berlin oder München. In Berlin trägt man aktuell ja zum Beispiel so einen "Anti-Style". Dieses bewusst hässlich machen finde ich manchmal schade, weil da teilweise wirklich schlimme Looks dabei sind. Ich glaube aber, dass es hier sowieso mehr um ein politisches Statement als um einen modischen Moment geht. Hier in Deutschland gibt es sehr viele gut angezogene Leute, aber eben auch immer noch sehr schlecht angezogene. Es ist auf jeden Fall noch viel Arbeit.

Welche Länder haben Sie noch für Ihre aktuellen Kreationen inspiriert?

Kretschmer: Ein bisschen Ungarn, Istanbul und das Orientalische. Paris als Anfangsstation und dann haben wir uns auf die Reise begeben und langsam in den vorderen Osten bewegt. Dieses europäische Gefühl von Vielfalt auf großer Strecke spielt auf jeden Fall auch eine Rolle. In Europa ist es ja so, dass man in den Zug steigt, sechs bis sieben Stunden fährt und in dieser Zeit durch zwei bis drei Länder gereist ist. Das ist auf jeden Fall ein ganz besonderer Einfluss, weil jede Region auch auf ihre eigene Art und Weise inspiriert. So findet sich in der aktuellen Kollektion ein Potpourri aus unterschiedlichen kulturellen Einflüssen, die sich in verschiedenen Designs präsentieren.

Auch Details der Zwanziger und Dreißiger sind in Ihrer Kollektion zu finden, warum faszinieren uns diese Goldenen Zwanziger bis heute?

Kretschmer: Diese Zeit war geprägt von Modernität und Umbruch. Bei uns ist es dann natürlich leider in die falsche Richtung gegangen und hat zum verheerenden Zweiten Weltkrieg geführt. Aber diese Zeit des Maßlosen, vielleicht einfach mal abzudriften von den Konventionen der Kaiserzeit, das hat sicher dazu beigetragen, modern zu sein. Auch durch die technischen Möglichkeiten. Gerade befinden wir uns ja auch wieder in einer Zeit des Umbruchs. Da ist und war Mode natürlich manchmal ein großer Identifikationsmoment und deswegen glaube ich, dass die Styles dieser Zeit auch ein bisschen heile Welt widerspiegeln, sehr feminin und ausgelassen sind. Das ist sicher die Kraft dieses Looks, der so viele fasziniert.

An welchen Trends kommen wir in der kommenden Herbst/Wintersaison nicht vorbei?

Kretschmer: Ganz hoch im Kurs steht die Vielfalt der Kleider. Der "Kleid-Moment" wird neu interpretiert, in neuen Geschichten und neuen Variationen erzählt. Die Trends bringen uns dazu mutiger zu kombinieren, ungewöhnlicher und radikaler zu sein. Die Styles und Proportionen in dieser Saison werden einfach anders - daran kommen wir nicht vorbei. Im Sinne der Bandbreite ist aber viel möglich. Jeder wird da seinen Weg und eigenen Look finden, aber es ist schon auch eine Zeit des Experimentierens, des Auffallens und auch etwas des Rückbesinnens auf einzelne Kleidungsstücke, die genug Raum bekommen.

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