Guido Maria Kretschmer ist noch nicht angekommen

Unsicher, farblos, zurückhaltend - vor dem Start der aktuellen Staffel von "Das Supertalent" hätte wohl kaum jemand diese Worte mit dem sympathischsten aller Kritiker im TV in Verbindung gebracht. Doch auch in der Show am Samstagabend konnte Guido Maria Kretschmer (48) wieder nicht zu seiner Form finden. Woran liegt es, dass der Münsteraner neben Rampensäuen wie Dieter Bohlen (59), Bruce Darnell (56) und dem süßen, aber durchaus ebenfalls toughen Rampen-Ferkelchen Lena Gercke (25) nicht auffällt?
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Die Antwort ist schon in der Frage zu finden, denn wenn Kretschmer eines nicht ist, dann ist es eine Rampensau. Was ihn mit Formaten wie "Shopping Queen" so beliebt machte, ist seine charmante, gewitzte, aber leise Art, das auszusprechen, was ihm durch den Kopf geht, wenn er den Damen bei der Suche nach dem perfekten Outfit zusieht. Im Gegensatz zu den markigen Sprüchen eines Dieter Bohlen - "Das einzige, was du kannst, ist als Geruch auf'm Fischkutter arbeiten" oder "Du hast weniger Töne getroffen als ein peruanischer Nackthund Haare am Arsch hat" oder "Wenn sich der Heinz (Co-Juror) in den Sack schießt, dann singt der immer noch besser wie du" -, würden es Kretschmers süffisante Kommentare sicher nicht auf die Titelseite Deutschlands größter Boulevard-Tagezeitung schaffen.
Und das, obwohl auch der Modedesigner eine scharfe Zunge hat, doch geht es bei ihm nie um den großen Fertigmach-Effekt. Kretschmer urteilt mit Verstand und Einfühlungsvermögen. Der Nachrichtenagentur spot on news erklärte er beispielsweise anlässlich der Mercedes Benz Fashion Week im Juli in Berlin diesen Jahres: "Manchmal bin ich auch erschrocken, weil die Studenten, die ihre ersten Kollektionen zeigen, von der Presse oftmals so hart ins Gericht genommen werden. Man benötigt am Anfang so viel Kraft, Geld und Mut, um das zu machen... Man sollte nicht zuerst zu einer Prada-Show gehen und dann einen Newcomer bewerten."
Und weiter: "Mit einer Kollektion kann man sein ganzes Leben ruinieren oder natürlich auch alles gewinnen. Aber den Respekt vor dem, was die jungen Leute machen, den habe ich einfach definitiv." Als Stil-Ikonen nannte er im Interview übrigens diese Damen: "Herzogin Kate, Máxima der Niederlande, Fernsehmoderatorin Petra Gerster, Selma Hayek, Jackie Kennedy." So einen Juror kann man sich zumindest als Teilnehmer eigentlich nur wünschen.
Sollte Kretschmer auch im weiteren Verlauf der Sendung seine Rolle nicht finden, muss das allerdings kein schlechtes Zeugnis bedeuten, denn im Prinzip befindet er sich damit in gar nicht so schlechter Gesellschaft. Auch der Talkmaster schlechthin, Thomas Gottschalk, konnte als Jury-Mitglied einer Castingshow nicht unbedingt überzeugen - manche brauchen eben ihre eigene Show.
Und die Kandidaten der gestrigen Sendung? Die waren wieder gewohnt unterschiedlich. Einer brachte Bewegung in die Jury. Denn nach dem Auftritt von Mathieu Bolillo zeigte Bruce Darnell, wie top trainiert der 56-Jährige ist: Er hängte sich wie zuvor der Kandidat an eine Art gebogenen Barren, ließ sich auf den Trampolinboden fallen und kam wieder in derselben Position an. Lena Gercke tat es ihm gleich, sie kam auch wieder hoch, aber "bei dem Gewicht ist das auch keine Kunst", frotzelte Bohlen, der zwar mit nach vorne gekommen war, sich dann aber wie Kretschmer doch nicht traute.
Ein anderer auffallender Kandidat war der Latex-Weihnachtsmann Karsten Vollmer. Er kann singen, bekam aber von Kretschmer nur ein Go, "wenn ich mir die Augen zuhalte". Beide "Supertalent"-Kandidaten kamen ebenso weiter wie Zauberer Scott Nelson, Illusionist James More, die brennenden Akrobaten von Oliver Favre-Bulle, die süße Sängerin Maria Fischer, der 19-Jährige ohne Stimmbruch Christian Jährig sowie Knuddel-Sänger Mike Kazmaier.