Götz Otto hat es die Sprache verschlagen!
Ob als Schurke im Kampf mit Geheimagent James Bond oder als King George VI im Kampf gegen das Stottern: Schauspieler Götz Otto glänzt in verschiedensten Rollen. Ab Mittwoch ist er in "The King's Speech" auf der Bühne zu sehen. Im Interview mit spot on news spricht der Hüne über seine Größe, Castings und seine Rolle als Märchenonkel.
München - Er ist ein ganz Großer - nicht nur, weil er einst als Bond-Bösewicht Weltruhm erlangte, sondern weil er wirklich fast zwei Meter groß ist: Götz Ottos schauspielerische Bandbreite reicht von "Schindlers Liste" über "Cloud Atlas" bis hin zu "The King's Speech". Der stotternde King George VI ist ihm nach 86 Bühnenauftritten so sehr in Fleisch und Blut übergegangen, dass es ihm schwer fällt, das Stottern abzustellen.
Mit der Nachrichtenagentur spot on news sprach er dennoch Klartext, bevor er in der Münchner Komödie im Bayerischen Hof wieder weiterstottert. Allabendlich vom 18. September bis 2. November.
Nervt es, wenn man sich in über 50 Filmen bewiesen hat und trotzdem immer wieder auf den Bösewicht Stamper in James Bond ("Der Morgen stirbt nie", 1997) reduziert wird?
Götz Otto: Ich habe das mittlerweile als Stigma akzeptiert. Und ich denke, es gibt Schlimmeres. Bond ist einfach eine Wahnsinnsmarke, die man kaum toppen kann. Selbst dem bösen Nebendarsteller öffnet das fünfzehn Jahre später noch Türen.
Ihre präsenteste Erinnerung?
Otto: Das Casting bei der Produzentin Barbara Broccoli in London, als ich nur zwanzig Sekunden hatte, um mich vorzustellen. Das war so absurd und ich hatte keine Ahnung, was ich sagen soll. Und da die Aufzählung meiner bisherigen Karrierestationen keine zwanzig Sekunden gefüllt hätten, habe ich alles auf eine Karte gesetzt und sagte: "I'm big, I'm bad, I'm bald, I'm German. Five Seconds, keep the Rest." Es hat funktioniert.
Kennen Ihre vier Kinder den Film?
Otto: Die beiden Kleinen nicht. Die sind zehn und zwölf Jahre alt, da ist Bond keine adäquate Unterhaltung. Ich versuche, meine Kinder weitestgehend ohne Fernsehen und Computer zu bespaßen. Die sehen ihren Papa am liebsten als Märchenonkel, der abends Geschichten vorliest oder ihnen den Zombie vorspielt.
Wie schwer ist es heutzutage, als Schauspieler vier Kinder zu ernähren?
Otto: Man muss Kompromisse eingehen und kann es sich nicht leisten, einfach mal ein dreiviertel Jahr nichts zu tun. Da gibt es Zeiten, in denen man sich zwischen zwei guten Projekten entscheiden muss, und es gibt Zeiten, in denen man zwischen zwei schlechteren Projekten wählen muss. Ich habe den großen Vorteil, dass ich international ganz gut aufgestellt bin. Ich spreche fließend englisch und französisch, das macht mein Spektrum größer.
Hat man es schwerer mit 1,98 Metern?
Otto: Man hat es anders. Die ganzen 1,75 bis 1,85 Meter Jungs kloppen sich um einen viel größeren Rollen-Topf als ich. Für meine Größe gibt's weniger Rollen, aber auch weniger Leute, die sich drum kloppen. Aber generell gilt natürlich: Ich bekomme nur die ganz großen Rollen!
Wie lebt sich's privat als Riese?
Otto: Als Jugendlicher hat meine Größe oft aggressive Menschen angezogen, die sich mit mir schlagen wollten, einfach nur, weil ich so groß war. Ich war so eine Art Mutprobe für alle möglichen Dumpfbacken. Ich wäre dem zwar lieber aus dem Weg gegangen, aber das klappte nicht immer. Um ein paar Krankenhausaufenthalte kam ich leider nicht herum, da meine Gegner alle viel älter und versierter waren.
Wie lief das mit den Mädels?
Otto: Auch da hat mir meine Größe keinen Wettbewerbsvorteil verschafft. Ich kann mich zwar nicht beklagen, aber es war immer wieder Thema. Der einzige Bereich meines Lebens, wo die Größe noch nie eine Rolle gespielt hat, ist das Theater. Da hat man mir noch nie gesagt, dass ich zu groß für eine Rolle sei. Deswegen habe ich auch anfangs lange Zeit nur Theater gespielt und habe einen Riesenspaß daran, dies jetzt wieder zu tun. Ich habe dieses Jahr bereits 86 Mal als stotternder King George VI in "The King's Speech" (Komödie im Bayerischen Hof, München ab 18. September 2013) auf der Bühne gestanden.
Was macht das mit einem, wenn man jeden Abend auf der Bühne stottern muss?
Otto: Ich bekam einen ordentlichen Tournee-Kater. Die Figur ist total eng und das Stottern entspringt nicht nur aus dem Zwerchfell, sondern auch aus einer inneren Verkrampfung. Und wenn Du drei Monate lang einen total verkrampften und blockierten Menschen spielst, dann nimmst du das auch mit nach Hause. Hinzu kommt das Stottern, das man auch schlecht abstellen kann. Wenn meine Frau mich zum Brötchen holen schickt, dann kann das unter Umständen etwas länger dauern.
Haben die Kinder das sehen dürfen?
Otto: Klar, das ist ja was anderes als der böse Stamper. Die fanden's cool, zumal ich das Stottern seinerzeit mit ihnen einstudiert hatte. Familie hat eine ganz wichtige Funktion für mich: Die Verantwortung zwingt mich, in der Spur zu laufen. Ohne Frau und Kinder würde ich ziemlich verloren durch die Welt eiern.
Schaut Ihre Frau zu Ihnen auf?
Otto: Aber nur, weil sie fünfundzwanzig Zentimeter kleiner ist. Ansonsten nimmt sie das Showbusiness nicht so ernst und sorgt eher dafür, dass ich auf dem Teppich bleibe. Mit dem ganzen Glamour-Haifischbecken hat sie nicht viel am Hut. Meine Frau ist gänzlich frei von Missgunst und ein herrlich positiver Mensch.
Wer ist der Boss Zuhause?
Otto: Falls wir überhaupt einen haben, dann sind es die Kinder oder der Hund. Aber eigentlich leben wir in einer relativ demokratischen Gemeinschaft mit entsprechenden Posten. Es gibt Präsidenten, Kanzler, Außenminister, Innenminister und eben Lotte den Hund. Bisher hat das System allen Revolutionen standgehalten.