Gaby Hauptmann: Männer wollen immer 25 sein
Schriftstellerin Gaby Hauptmann findet ihre Themen mitten im Leben - etwa, was passieren kann, wenn Ehemänner plötzlich zu viel Zeit haben und ihre Jugend nachholen wollen. Im Interview spricht Hauptmann über späte Ehekrisen und Seitensprünge.
Berlin - Nele, die Heldin aus Gaby Hauptmanns (57) aktuellem Roman "Liebling, kommst du?" (Piper, 279 Seiten, 9,99 Euro), ist genervt: Ihr Mann Björn wurde überraschend mit einer dicken Abfindung von seiner Bank freigestellt, und wirbelt nun ihr sorgfältig durchgeplantes Leben zwischen Haushaltsführung und Lehrerjob an der VHS durcheinander. Im Urlaub freundet er sich obendrein mit einer Motorradgang, bestehend aus älteren Harleyfahrern - und der jungen, hübschen Dana an. Zuhause funkt es dafür gewaltig zwischen Nele und einem ihrer Schüler, dem jungen Puertoricaner Enrique. Das Buch hat es also wieder in sich - spot on news hat sich mit Gaby Hauptmann über Biker in der Midlifecrisis und das große Thema Fremdgehen unterhalten.
Die Inspiration für Ihre Bücher holen Sie sich meistens im echten Leben. War das auch bei "Liebling, kommst du?" so?
Gaby Hauptmann: Mir begegnete einmal zufälligerweise ein befreundeter Familienvater. Der war ganz braungebrannt und relaxt und erzählte mir, dass er wieder Zeit zum Harley fahren und viel nachzuholen habe, nachdem er von seinem Job freigestellt worden ist. Seine Frau, die sich immer schon in die Kinder und Enkel geflüchtet hatte, will alles das aber nicht haben. Sie ist schier verrückt geworden, weil er jetzt plötzlich Zeit hat, alles umkrempeln und auch ihren ganzen Lebensrhythmus durcheinanderbringen will. Und da dachte ich mir, das ist etwas, das im Moment in der Luft liegt: Die Frauen sind superaktiv oder stellen ihr Leben neu auf, wenn die Kinder aus dem Haus sind, und die Männer kommen und wollen jetzt wieder da anfangen, wo sie mit 25 aufgehört haben.
Da kamen also auch gleich die oftmals nicht mehr ganz jungen Biker ins Spiel...
Hauptmann: Weil ich selber ein Motorrad habe, ist mir das schon früher aufgefallen: Auch meine ganzen Freunde, meine Schulkameraden, haben plötzlich alle wieder Motorräder. Das haben wir mit 20 gehabt, dann irgendwann hat man damit aufgehört - also ich nie, ich hatte immer durchgehend eine Maschine - aber alle kommen jetzt wieder zurück. Plötzlich fahren sie 1200er BMWs, oder eben Harleys. Wobei die Harley-Typen ja noch ein bisschen extremer sind, die fangen dann ja auch an, sich wieder das entsprechende Outfit dazu zu kaufen. Ich glaube, das ist bald teurer als die ganze Maschine, bis man dann so aussieht, wie man aussehen soll... Also es ist irgendwie eine große Spaß-Gang, die da unterwegs ist.
Björn und Nele pflegen bis zu seiner Freistellung in ihrer Ehe eine im Grunde genommen sehr altmodische Rollenverteilung. Liegt da die Wurzel ihrer Probleme?
Hauptmann: Er ist ja im Moment so der Freischwimmer. Er sucht sich selber, er sucht seine Zukunft, er sucht, was er jetzt tun kann. Und sie will eigentlich bloß, was sie sich gerade zugelegt hat, nicht verlassen. Und sie war auch die ganzen letzten Jahre in so einer Ritterrüstung drin. Da war einfach ihr Mann, der das Geld verdient hat, und sie war diejenige, die alles organisiert und das Haus hergerichtet hat. Das ist natürlich ein altes Rollenbild, aber das gibt's ja immer noch. Wenn man sich mit manchen jungen Frauen unterhält, erzählen die einem, sie würden gerne heiraten und Kinder kriegen und könnten sich vorstellen, dass ihr Mann das Geld verdient. Da hat man so das Gefühl, es dreht sich alles wieder zurück - wofür hat dann Alice Schwarzer gekämpft? (lacht)
Das Thema Fremdgehen spielt auch eine Rolle in Ihrem Roman. Die Protagonisten betrügen sich gegenseitig ja ziemlich leichtfertig.
Hauptmann: Richtig. Sie hat ihn ja die ganze Zeit über nicht betrogen, und sie kapiert überhaupt erst bei der Abschiedsfeier, dass er ganz offensichtlich die Sekretärin als langjährige Geliebte hatte. Wenn man mit einigen Männern über solche Affären spricht, sagen die oft: Das ist nur so ein Auswärtsspiel, aber lieben tu ich meine Frau, mein Zuhause, und überhaupt das ganze Leben mit meiner Frau. Björn nimmt das ja auch tatsächlich total leichtfertig: Jetzt ist sie ja nicht mehr da, das war ja eh nur was zum Abreagieren... Und Nele denkt ja erst auch, dass sie das eigentlich nicht tangiert hat. Und dann denkt sie, dass ihr da ja eigentlich auch noch ein bisschen was zusteht in dieser Sache...
Am Ende wird in dieser Hinsicht längst nicht alles offen angesprochen. Ist es besser, wenn manche Sachen unter dem Teppich bleiben?
Hauptmann: Das ist immer die Frage. Manche sagen, dass man einige Dinge totdiskutieren kann, und dass es dann zum Teil auch so in den Köpfen bleibt. Dass man von dem Gehörten auch gar nicht mehr wegkommt, weil man immer die Bilder vor den Augen hat. Andere sagen, sie müssten alles genau durchdiskutieren. Also ich bin auch der Meinung, wenn man einem verzeihen kann, dann braucht man nicht jedes Detail zu wissen. Da muss man einfach sagen: Okay, das war eine Episode. Wenn nicht, dann muss man sich von ihm trennen, dann muss man einfach konsequent sein und sagen: Das verkrafte ich nicht, das ist mir zu viel, ich geh.
Einige Ihrer Bücher sind bereits verfilmt worden. Ist zurzeit wieder ein Filmprojekt in Arbeit?
Hauptmann: "Ich liebe dich, aber nicht heute" liegt gerade bei der Produzentin Regina Ziegler. Wir setzen uns demnächst nochmal zusammen, denn zwei Drehbücher sind schon verfasst worden, aber da fand ich immer, dass die Liane nicht wirklich getroffen wurde. Sie ist ja ein selbstbewusster Typ, die hat keine Männernot, so wie das da immer wirkt... Ich glaube, ich muss eine Frau das Drehbuch schreiben lassen!
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