Favorit Bar: Berlin-Biotop in München

Verfallen, trist und doch lässig: Die Favorit Bar muss man lieben – und vor allem finden. Doch wer will, kann hier im Bademantel erscheinen - eben ganz wie in Berlin.
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Dreckig und assig? Von wegen! Die Favorit Bar ist „puristisch“ – so nennt es zumindest der treue Stammgast.
Klaus Primke Dreckig und assig? Von wegen! Die Favorit Bar ist „puristisch“ – so nennt es zumindest der treue Stammgast.

MÜNCHEN - Verfallen, trist und doch lässig: Die Favorit Bar muss man lieben – und vor allem finden. Doch wer will, kann hier im Bademantel erscheinen - eben ganz wie in Berlin.

Entweder man kennt die Favorit Bar. Oder nicht. Wer sie nicht kennt, der muss sie suchen. Am Eingang hängt kein Schild, nicht mal eine Homepage hat die Bar. Stattdessen eine Fensterfront, bedeckt von grauen Plastiklamellen. Das ist alles.

Das orange-schummrige Licht wirft Schatten auf die unverputzten, kahlen, braungrauen Wände. Es gibt keine Tische, kein Stühle, stattdessen ragen an den Seiten und der Mitte des Raumes Sitzflächen aus dem Boden. Sie sind mit dem selben braunen, klebrigen Plastik überzogen, das auch den Boden der Favorit Bar bedeckt. Der wirft an einigen Stellen gefährliche Dellen – was, wenn es etwas später wird, zu Stürzen führen kann. Wobei: Umfallen kann hier fast niemand.

Bis zu 200 Leute drängen sich gern in der kleinen Bar. Ein bisschen wie in Berlin, sagt man sich in München, sei die Favorit Bar. Diese verfallene, fast triste Atmosphäre! Die Menschen sehen so gar nicht aufgetakelt aus und sind so viel lockerer und lässiger – und wer will, der kann auch im Bademantel kommen. Wie in Berlin eben. Ansichtssache.

Rauchverbot wird konsequent eingehalten

Trotzdem fühlen sich viele Zugezogene aus Hamburg oder der Hauptstadt hier schnell wohl. Das Publikum: viele Studenten, ein bisschen szenig und alternativ, oder auch ganz normal. Seit dem Rauchverbot, das hier konsequent eingehalten wird, tummeln sich ab 22 Uhr die Gäste auf den Bürgersteig. Ein Türsteher – man ist eben doch in München – mahnt zur Ruhe.

Innen sammelt sich das Kondenswasser an den Scheiben. Für Kühlung sorgt eine Wand voller Ventilatoren. „Hier gibt es keine Laufkundschaft. Es kommen nur Leute her, die die Favorit Bar kennen“, sagt Katharina. Also sind die da, die immer da sind. Auch, weil die Favorit Bar ein bisschen versteckt liegt, abseits des ultra-trendigen Glockenbachviertels.

In der Favorit Bar unterhält man sich. Weil die Musik gerade so laut ist, dass man sein Gegenüber versteht und die Bar zum Tanzen einfach zu klein ist. Dazu Bier und die Gäste lümmeln sich in die Plastikberge. Katharina geht seit zehn Jahren hierher, verändert hat sich nichts, sagt sie. Die Toiletten würden immer noch nicht mal auf einem italienischen Campingplatz durchgehen. Vor kurzem war Katharina mit ein paar Bekannten in der Favorit Bar. Sie blieben nicht lange, fanden es „dreckig“ und „assig“. „Puristisch“ nennt das der Favorit-Gänger.

Zum Aufwärmen eine klassische Sonate

Sowieso. Bar, Kühlschrank, DJ-Pult. Mehr gibt es hier nicht. Die Getränkeliste ist spartanisch. Wer kein Bier mag, geht besser woanders hin. Und wer musikalisch sichergehen will, auch: An diesem Abend spielt der DJ zum Aufwärmen eine klassische Sonate, ein bisschen Elektro, ein deutschen Schlager aus den Zwanzigern und dann amerikanischen Underground-Hip- Hop. In der Favorit Bar ist alles erlaubt.

Christoph Landsgesell

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