Ex-Terrorist Klar tritt Theater-Praktikum nicht an

Berlin/Karlsruhe (dpa) - Der frühere RAF-Terrorist Christian Klar hat sein Praktikum am Berliner Ensemble abgesagt. Das teilte das Theater am Freitag mit.
Klar befürchte, dass durch die «sensationslüsterne Berichterstattung» in einem Teil der Medien und «die anhaltende Belagerung» des Ensembles durch Paparazzi das Theater, dessen Direktor Claus Peymann und er selbst Schaden nehmen könnten. «Das angestrebte Leben in Normalität nach 26-jähriger Haft scheint unter diesen Umständen nicht möglich.» Klar leitete juristische Schritte gegen die Veröffentlichung eines aktuellen Fotos in einer Berliner Zeitung ein.
Der 56-Jährige war nach Ablauf seiner Mindesthaftzeit am 19. Dezember aus dem Gefängnis in Bruchsal bei Karlsruhe auf Bewährung entlassen worden. Er gehörte zu den zentralen Figuren der zweiten RAF-Generation: Klar war zwischen 1977 und seiner Verhaftung im November 1982 an fast allen Aktionen der Rote Armee Fraktion (RAF) beteiligt.
Die Zeitung «B.Z.» veröffentlichte am Freitag auf der Titelseite ein Foto, das Klar vor dem Theater zeigt. «Es gibt ein großes Interesse in der Öffentlichkeit und unsere Aufgabe als Berlins größte Tageszeitung ist es, abzubilden, was in der Stadt passiert», teilte Chefredakteur Peter Huth dazu mit. Klars Anwalt Heinz-Jürgen Schneider sagte in Karlsruhe, es seien rechtliche Schritte gegen die Zeitung eingeleitet worden.
Klar habe die Entscheidung zum Verzicht auf sein Praktikum nach einem Gespräch mit dem Berliner Ensemble getroffen, sagte Schneider. «Er will arbeiten, aber nicht unter öffentlicher Aufmerksamkeit.» Nun wolle sich Klar eine etwas weniger herausgehobene Tätigkeit suchen, «bei der er nicht im Blitzlicht steht». Sein Wohnort werde voraussichtlich Berlin bleiben.
Klar gilt nach Überzeugung von Gutachtern und Bundesanwaltschaft nicht mehr als gefährlich, stand aber in der Kritik, weil er seine Taten nicht öffentlich bereut. Er saß seit 1985 - und damit länger als jedes andere RAF-Mitglied - wegen neunfachen Mordes im Gefängnis. 1992 kam eine weitere Verurteilung hinzu. Bundespräsident Horst Köhler lehnte 2007 ein Gnadengesuch ab.
Peymann lag eine Bewerbung Klars schon seit mehreren Jahren vor. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hatte sich gegen die Hospitanz ausgesprochen. Das Theater am Schiffbauerdamm, einstige Bühne Bertolt Brechts, gehört zu den wichtigsten Bühnen der Hauptstadt.
Senatssprecher Richard Meng bewertete die Absage als «vernünftige Entscheidung». Es sei schwer vorstellbar, «dass Klar bei einem so hohen medialen Interesse die Ruhe gefunden hätte, den Weg zurück in ein normales Leben zu finden». Es sei Klar zu wünschen, dass er diesen Weg finde, wozu eine Beschäftigung zähle. «Ebenso ist ihm zu wünschen, dass er einen Weg zur Reue findet», sagte Meng. Dazu gehöre aber auch «eine gewisse Zurückhaltung der Medien». Peymann war am Freitag in Paris und wollte sich zu Klar nicht weiter äußern.