Es wird eng für Polanski: 50 Jahre Haft drohen

Die Vergangenheit des Filmemachers wird zur Staatsaffäre. Minister, Promis und Intellektuelle streiten über den richtigen Umgang mit dem 32 Jahre alten Fall von Vergewaltigung. Um was es geht, wer zu ihm hält und wer nicht.
von  Abendzeitung
Roman Polanski
Roman Polanski © ap

Die Vergangenheit des Filmemachers wird zur Staatsaffäre. Minister, Promis und Intellektuelle streiten über den richtigen Umgang mit dem 32 Jahre alten Fall von Vergewaltigung. Um was es geht, wer zu ihm hält und wer nicht.

Verbrechen, Skandal, Politikum, der Fall von Roman Polanski wird zur Staatsaffäre. Die Chancen des Star-Regisseurs, der Auslieferung in die USA zu entgehen, schwinden. Politiker und Prominente streiten, ob man einen 76-Jährigen mehr als 32 Jahre nach der Tat noch verfolgen soll. Rein rechtlich drohen dem Oscar-prämierten Regisseur bis zu 50 Jahre Haft. Jetzt hat er einen der prominentesten US-Anwälte angeheuert, der die Auslieferung stoppen soll.

Die Tat: Im März 1977 lockt der damals 43-jährige Polanski die 13-jährige Samantha Geimer in die Hollywood-Villa seines Freunds Jack Nicholson. Dort macht er sie mit Alkohol und Beruhigungstabletten gefügig und vergeht sich an ihr.

Das Opfer: Geimer sagt, sie hat sich gewehrt, den Täter aber aus Angst gewähren lassen. Beide Seiten vergleichen sich 1997 zivilrechtlich. Auch jetzt sagt die Mutter dreier Kinder, sie habe kein Interesse an einer Strafe für Polanski. „Alles kommt wieder hoch.“

Die Folgen: Polanski wird Wochen nach der Tat festgenommen, er sitzt 42 Tage in U-Haft. Er gibt die Tat zu. Ein Deal zwischen Polanski, der Staatsanwaltschaft und dem Gericht platzt. Vor dem Urteil setzt sich der Regisseur nach Europa ab. Seitdem meidet er die USA.

Die Verhaftung: 2005 erlässt ein US-Richter einen internationalen Haftbefehl. Obwohl Polanski in Gstaad ein Haus besitzt und mehrmals in die Schweiz ein- und ausreist, wird er am 26. September aufgrund des Haftbefehls in Auslieferungshaft genommen.

Die Freunde: Kollegen wie Wim Wenders, Wong Kar Wai oder Pedro Almodovar unterzeichnen eine Resolution, die sich für die Freilassung Polanskis einsetzt. Eine internationale Kulturveranstaltung dürfe „nicht zu einer Mausefalle werden“, heißt es in einer Erklärung eines Festivals. Polanski sollte in Zürich eine Auszeichnung für sein Lebenswerk entgegennehmen. Politiker wie Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner und sein polnischer Kollege Sikorski setzten sich für Polanski ein.

Die Gegner Die katalanische Schriftstellerin Najat al Achami fragt: „Sollen wir Künstler moralisch anders beurteilen als anonyme arme Schlucker?“ Der grüne Europa-Abgeordnete Daniel Cohn-Bendit meint: „Wenn ein 13-jähriges Mädchen vergewaltigt wird und man kommt damit davon, dann weckt das bei mir ein ungutes Gefühl.“

Die Kommentatorin des italienischen „Corriere della Sera“ schreibt: „Nicht die ganze Welt steht hinter Polanski“. Für die Künstler und Promis sei das nicht so wichtig: „Aber für die 13-jährigen Mädchen anderswo.“

Der Streit: „Wir hatten keine Wahl“, sagt die Schweizer Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf. Ihre Außenminister-Kollegin Micheline Calma-Rey vermisst hingegen „Fingerspitzengefühl“ ihrer Behörden. Und die Basler Zeitung verweist auf „Kriminelle, Kriegsverbrecher, Diktatoren, die in der Schweiz Unterschlupf bekamen.“ Bei denen sei man nicht so streng.

Offen bleibt, was Polanski in den USA erwartet. Debra Tate, Polanskis Schwägerin und Schwester der ermordeten Sharon Tate sagt: „Ihn erwartet kein faires Verfahren“, die US-Justiz sei „kaputt“.

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