Erika Berger: "Ich habe gar keinen Vibrator"

Orgasmuslüge, Liebesfrust und Streicheleinheiten: Die Sexpertin spricht im AZ-Interview über die großen Tabu-Themen der Deutschen – und verrät, warum sie nie einen One-Night-Stand hatte
Ihr ganzes Leben ist die Lust – und manchmal leider auch der Frust: Erika Berger (70) ist Deutschlands Sexpertin Nummer 1.
Am Freitag stellt sie im „Morizz“ im Glockenbachviertel ihr neues Buch „Sex – Deutsch/Deutsch – Sex“ (Langenscheidt, 128 Seiten) vor, das sie mit Koitus-Kollegin Ernie Reinhardt geschrieben hat. Motto und Motivation: nie mehr sprachlos im Bett!
Die AZ sprach vorab mit Erika Berger über das wichtigste Nebenthema der Welt.
AZ: Frau Berger, wie oft haben Sie einen Orgasmus vorgetäuscht?
ERIKA BERGER (überlegt): Eigentlich nicht . . . nein, gar nicht. Nie. Ein Glück.
Merken es Männer, wenn ihnen die Frau was vormacht?
Nein, die checken gar nichts. Deshalb muss frau unbedingt den Mund aufmachen. Gerade im Alter täuschen immer mehr Frauen Orgasmen vor. Männer sind keine Hellseher – und viele sind darüber froh.
Warum das?
Na, die Frau kommt gestresst von der Arbeit heim, will schlimmstenfalls ein bisschen kuscheln – und er will mehr. Anstatt zu sagen: „Schatz, sorry, das hat nichts mit dir zu tun, aber ich habe heute keine Lust“, täuscht sie lieber einen Orgasmus vor. Umgekehrt gibt es auch Männer, die mal keine Lust haben und sich nicht trauen, dass zu sagen. Weil sie wissen, die Frau bezieht die Ablehnung auf sich.
Klingt aussichtslos – also, was tun?
Reden, reden, reden!
Ist die Sex-Sprachlosigkeit das größte Problem?
Ja! Die zwei Hauptprobleme sind doch die: Der Mann wird nie verstehen, wie wichtig das Vorspiel ist. Eine Frau braucht eben länger, bis sie kommt – im Durchschnitt 15 Minuten. Da muss er sich ins Zeug legen und streicheln, damit sie auch auf Touren kommt.
Das zweite Hauptproblem?
Frauen ergreifen zu selten die Eigeninitiative. Sind immer noch zu passiv. Frauen müssen sich trauen und sagen: „Jetzt hab ich Lust auf dich!“
Der beste Platz für Sex?
Ganz ehrlich: das Bett. Vom Strand träumen viele und ärgern sich, wenn sie Sand im Getriebe haben. Auch im Flugzeug geht es gar nicht.
Muss man sich in der heutigen Zeit schämen, nur Blümchensex zu haben – und das toll zu finden?
Im Gegenteil: Alles wird verrückter, hemmungsloser. Da ist es doch wunderschön, Blümchensex zu haben.
Bin ich prüde, wenn ich als Frau keinen Vibrator in meiner Schublade habe?
Nein.
Wie sieht’s bei Ihnen aus?
Ich habe gar keinen Vibrator. Aber jeder, wie er will. Kompliziert wird es, wenn der Partner ihn sieht. Dann wird er eifersüchtig und denkt, dass er seiner Frau nicht genügt.
Die Lösung?
Den Vibrator ins Liebesspiel einbauen. Auch gemeinsam kann man damit viel machen.
Was raten Sie einer Frau, die seit 15 Jahren keinen Sex mit ihrem Mann hatte – und das gerne ändern würde?
Dafür gibt es natürlich viele Ursachen. Als Paar hat man sich auseinander gelebt, vielleicht ist der Mann längst impotent – wie auch immer. Für die Lust ist es nie zu spät. An einem schönen Abend einfach mal das Thema ansprechen.
Ist Sex wirklich so wichtig?
Sex ist wichtig – so wie Essen und Trinken.
Kann Sex ohne Liebe wirklich gut sein?
Für mich persönlich kommt Sex ohne Liebe nicht in Frage.
Haben Sie noch nie einen One-Night-Stand gehabt?
Dafür bin ich nicht der Typ. Ich glaube, die meisten Frauen brauchen wie ich das Geborgenheitsgefühl.
Verlieben Sie sich schnell?
Nein.
Sind Sie treu?
Ja, ich bin eher treu.
Ihre schlimmste Sex-Panne?
Ich hatte keine.
Sind Sie romantisch?
Sehr. Ich liebe Kerzen, schöne Dessous, das ganze Programm.
Ihr Mann starb vor zwei Jahren – wie sieht’s heute mit Ihrem Sexleben aus?
Ich bin ein lustvoller Mensch und koche zum Beispiel gerne. Aber ich weiß: Ich bin 70. Was ich sexuell erleben konnte, das habe ich erlebt. Interview: Kimberly Hoppe