Ellen Schwiers und der tote Sohn
Die deutsche Schauspielerin Ellen Schwiers hat in ihrem Leben viel erlebt. In mehr als 40 Filmen hat die gebürtige Stettinerin über Jahre hinweg das Publikum begeistert und steht auch heute noch auf der Bühne. Wenn es nach ihr geht, soll es trotz ihres hohen Alters genau so bleiben.
"Der Bulle von Tölz", "Derrick" oder auch "Polizeiruf 110" - in all den beliebten TV-Serien war Ellen Schwiers in ihrer langjährigen Schauspielkarriere zu sehen. Bis heute steht die 83-Jährige auf der Bühne. Mit spot on news hat Schwiers einen Rückblick auf ihr Leben geworfen.
Sehen Sie Ellen Schwiers in einer ihrer frühen Rollen in dem Film "Der Würger vom Tower"
Können Sie Ihrem Alter was Schönes abgewinnen, Frau Schwiers?
Ellen Schwiers: Überhaupt nichts. Ich verstehe die Leute nicht, die behaupten, dass Alter was Schönes sei. Alter erfordert den totalen, ganzen Charakter. Die Zähne fallen aus, die Augen werden schlecht, die Knochen spielen nicht mehr mit und der Körper braucht ständig Ersatzteile. Und dabei soll man auch noch fröhlich bleiben und von der Weisheit des Alters schwärmen. Totaler Quatsch, Alter ist eine anstrengende Herausforderung. Jeder, der etwas anderes behauptet, hat resigniert.
Wie steht es um Ihre Gesundheit?
Schwiers: Immer wenn ich arbeite, bin ich total gesund. Wenn ich nichts zu tun habe, was selten vorkommt, überfallen mich irgendwelche Zipperlein, wie Erkältungen, Bandscheibenvorfälle oder Zahnprobleme. Das Beste für mich ist, so viel zu tun zu haben, dass ich mir über meine Sorgen überhaupt keine Gedanken machen muss.
Keine ernsthaften Gebrechen?
Schwiers: Gott sei Dank nichts Ernsthaftes. Die Seele bleibt jung und der Kopf altert. Ich renne im Kopf immer noch der Straßenbahn hinterher, ich erwische sie bloß nicht mehr.
Denken Sie oft über den Tod nach?
Schwiers: Ja, der ist sehr präsent. Man weiß, dass man ihm mit jedem Tag einen Schritt entgegen geht. Das ist mir schon bewusst, aber ich habe keine Angst vor dem Tod. Ich habe ein sehr reiches und pralles Leben hinter mir. Aus meinem Leben kann man locker drei normale Leben machen. Daher sehe ich meinem Tod sehr gelassen entgegen, bis auf die Tatsache, dass ich mir wünsche gesund zu sterben.
Sind Sie gläubig?
Schwiers: In gewisser Weise schon. Ich bin Christin, aber ich habe mit der Kirche nichts am Hut. Das hat mit meiner Kindheit während des zweiten Weltkriegs zu tun. Ich war neun Jahre alt, als mein Vater irgendwann nach Hause kam und sagte, dass wir aus der Kirche austreten, weil beide Konfessionen die Waffen gesegnet hätten. Das hat sich so festgesetzt bei mir, dass ich seitdem nichts mehr mit der Kirche zu tun habe.
War der Krieg die schlimmste Erfahrung Ihres Lebens?
Schwiers: Ja, unbedingt. Ich habe sehr schlimme Erinnerungen an den Krieg. Ich musste als junges Mädchen verschüttete Leichen aus den Bombentrümmern ausgraben. Und damals gab es keinen Psychotherapeuten, der mir meine entsetzlichen Träume genommen hat. Eine schlimme Erinnerung, die mich lange verfolgte.
Gibt es eine Philosophie oder Maxime, die Sie durch Ihr Leben begleitet?
Schwiers: Es gibt einen Spruch, den ich sogar an meinem Eisschrank hängen habe: "In die Hölle des Lebens kommt nur der Adel der Menschheit. Die anderen stehen davor und wärmen sich." Das bedeutet so viel wie, der liebe Gott lastet einem nur soviel auf, wie man tragen kann.
Der liebe Gott hat Ihnen eine harte Prüfung aufgeladen, als ihr Sohn Daniel im Alter von 21 Jahren an Krebs verstarb.
Schwiers: Das ist eine Wunde, die nie verheilt und da kann ich auch heute noch kaum drüber sprechen. Man lernt, damit zu leben, aber verwinden kann man es nie. Es ist ein hartes Schicksal, wenn man als Mutter sein eigenes Kind überlebt. Daniel ist bis heute präsent in meinem Leben. Für Katerina war das auch eine harte Prüfung, ihren Bruder zu verlieren.
Wollte er auch Schauspieler werden?
Schwiers: Nein, er hat das nur nebenbei gemacht, um sich was dazu zu verdienen. Er wollte zuerst Jura studieren und dann später an der Filmakademie den Beruf des Produzenten erlernen.
Ist er Zuhause gestorben?
Schwiers: Ja, ich habe ihn bis zum Schluss gepflegt. Genauso wie meinen Mann. Ich hätte es nie übers Herz gebracht, meinen Mann in ein Heim zu geben.
Möchten Sie auch Zuhause sterben?
Schwiers: Meine Idealvorstellung wäre, dass ich mich abends hinlege und morgens nicht mehr aufwache. Ich möchte auf keinen Fall ein Pflegefall werden. Das wäre für mich eine Strafe Gottes. Außerdem möchte ich das meiner Tochter nicht zumuten. Falls es doch so kommen sollte, dann werde ich mir eine Pflegerin nehmen.
Wie halten Sie sich fit?
Schwiers: Ich gehe Pilze sammeln und mit den Hunden spazieren. Ansonsten ist meine Maxime: Sport ist Mord! Mein Lebenselixir ist die Bühne.