Elke Sommer: „Mein Leben ist ein Glücksfall“

Von der Pfarrerstochter zur „Sauerkraut-Bardot“: Elke Sommer („Ein Schuss im Dunkeln“) zählt zu den Ikonen des deutschen Fräuleinwunders. Während einer Italien-Reise wurde sie erst von Star-Regisseur Vittorio De Sica entdeckt, dann von Hollywood. Am Donnerstag wird sie 75.
AZ: Frau Sommer, macht es Spaß, älter zu werden?
ELKE SOMMER: Ach, Spaß! Die goldenen Jahre tragen mittlerweile einen dunkelblauen Rand. Aber ich muss mich dran gewöhnen, es hilft ja nix. Ein Dreivierteljahrhundert ist auch schwer zu ignorieren. Ich mag Menschen nicht, die nur jammern. Deshalb habe ich beschlossen: Ich bin stolz. Stolz, 75 zu werden? Vor kurzen stand ich vor einem Kneipchen, rauchte eine Zigarette, da kam ein Paar auf mich zu, meinte: „Wie machen Sie das? Sie schauen toll aus!“ Da hab ich mich echt Freude.
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Und – wie machen Sie das?
So toll schau ich ja nun auch nicht aus. Mein Aussehen, die Figur – ich hab nie was machen lassen, und es geht trotzdem noch. Nicht mal eine Diät. Ich bin im siebten Himmel, wenn ich nachts in die Küche tapse und ein Brot mit Gänseschmalz esse. Ein Vorteil: Der Papabär, also mein Mann, ist sehr viel größer als ich. Da ich immer zu ihm hochschauen muss, hab ich keinen Truthahn-Hals.
Der Vorteil am Älterwerden?
Die Gelassenheit. Wenn ich kleine müde Augen hab, hab ich die halt. Ich muss niemanden was beweisen. Schon gar nicht mir selbst. Ich musste jahrzehntelang immer funktionieren, immer hübsch und nett und freundlich sein. Ich bin so froh, dass diese Zeit vorbei ist.
„Sauerkraut-Bardot“ wurden Sie genannt. Fluch oder Segen?
Als Sexsymbol habe ich mich, und das ist jetzt kein Scheiß – entschuldigen Sie das Wort –, nie gefühlt. Dass Männer von mir träumen könnten, war mir nie bewusst. Ich habe einfach meine Arbeit gemacht.
Und sich für den „Playboy“ ausgezogen.
Die Fotos waren doch schön. Nicht so Angeber-Dinger.
Schmerzt jede neue Falte?
Bei meinem ersten Fältchen habe ich vorm Schlafengehen Nivea drauf geschmiert. Am nächsten Tag war es noch da, wurde immer tiefer und ich sagte mir: Dann bleibste halt in meinem Gesicht. Eine Sinnkrise hatte ich nicht. Ich definiere mich nicht über meine Optik.
Anders als viele Kolleginnen und auch Kollegen.
Als ich mal mit Ursula Andress drehte, blutete mir das Herz. Sie hat sich in der Maske mit Klebebändern hinter den Ohren die Haut straff ziehen lassen, einen falschen Dutt draufgesetzt. Armselig! Genau wie Meg Ryan, die mochte ich, bis sie ihre Wulstlippen bekam.
Wie konnten Sie Botox widerstehen?
Am besten fängt man nie damit an. Ich wurde nie aus optischen Gründen abgewiesen, hatte nie einen Komplex. Wenn ich zu faltig für die Filmkarriere gewesen wäre, hätte ich lieber die Straßen geputzt als mich unters Messer zu legen.
War Ihre Karriere ein Zufall?
Ein Glücksfall. Mein Vater starb, als ich 14 war, ich fuhr mit meiner Mama nach Italien und wurde entdeckt. Es ist schwer erklärlich. Mein Leben hat sich stets zum Guten gewandelt. Ich habe viele Schutzengel da oben. Mindestens 10. Manche sagen, man macht sich sein Glück selbst. Würde ich gern behaupten. Aber ich wollte nie Schauspielerin...
... ein Star...
... werden. Ist einfach passiert.
Sie haben bei Paul Newman gewohnt, Peter Sellers wollte Sie heiraten – und Sie sind nie abgehoben?
Nein. Ich komme aus sehr armen Verhältnissen. Wenn ich als Kind was essen wollte, habe ich Kartoffeln vom Feld geklaut. Noch heute kann ich nichts wegschmeißen. Luxus, Schmuck – unwichtig. Ich bin glücklich, wenn ich schön wohnen kann, ich habe ein Haus in L.A. und eins in meiner fränkischen Heimat Marloffstein, da stehen ein paar Antiquitäten. Daran erfreue ich mich jeden Tag. Und an meinem Mann.
Mit Hotelier Wolf Walther sind sie seit 22 Jahren verheiratet, obwohl Sie nicht ein zweites Mal heiraten wollten.
Bei uns hat es „Batsch!“ gemacht. Seit er in Rente ist, sind wir 24 Stunden am Tag zusammen. Wir sind unsäglich seelenverwandt.
Wieso unsäglich?
Weil es ganz schrecklich ausgehen wird.
Warum das?
Einer von uns wird zuerst gehen. Das wird der andere nicht packen. Davor habe ich Angst.
Denken Sie oft an den Tod?
Sehr oft. Ich hoffe so arg, dass wir uns dann wiedersehen.
Beten Sie als Pfarrerstochter auch heute noch?
Ich bitte nicht mehr, ich danke beim Beten. Das Schlimme ist am Glauben, je älter man wird, je mehr man erlebt hat, desto mehr kommen Zweifel auf. Mit einem gewissen IQ ist es ein Dilemma, dann fängt das Hinterfragen an.
Was hinterfragen Sie?
Ich habe nie Kinder bekommen, obwohl ich es mir sehr gewünscht habe, hatte mehrere Fehlgeburten. Zuletzt mit Zwillingen, einen Monat hätten sie noch durchhalten müssen. Das hängt mir nach. Warum ich nicht in der Lage war, Mutter zu werden. Man soll ja immer das Gute an allen Situationen sehen. Ich habe verdammt lange nachgedacht, aber nix Gutes gefunden.
Ihr Wunsch zum 75. Geburtstag?
Das alles so bleibt, wie es ist. Ich weiß, dass das unmöglich ist. Aber zum Geburtstag darf ich doch träumen, oder?