"Ein schöner Tag ist besser als jede Faltencreme"

Sie ist kein der Frauen, die ab 30 offiziell nicht mehr älter werden und stets beim Alter schummeln: Uschi Glas ist 68 – und findet das gut, aber auch total unwichtig.
Am Freitag war sie als prominenter Gast bei der populären Seniorenmesse „Die 66“. Mit der AZ spricht sie über das Älterwerden, Facebook und Faltencremes.
AZ: Frau Glas, sehen Sie sich als Rentnerin?
USCHI GLAS: Nein, niemals! Ruhestand ist kein Thema für mich – Gott sei Dank. Ich kann nicht nichts machen. Der Kopf muss in Bewegung bleiben. Auch wenn ich nicht drehe, probiere ich mir Sachen vorzunehmen. Ein Buch zu lesen, mich um meinen Brotzeit-Verein zu kümmern oder mehr Golf zu spielen. Dass ich als junge Jung-Seniorin keine 18-Jährige mehr spielen kann, ist klar. Aber wenn ich 80 bin, kann ich immer noch auf der Theaterbühne stehen. Das ist ein Privileg.
Eine Jung-Seniorin also?
Ehrlich gesagt finde ich den Begriff „Senior“ ganz furchtbar – und ich möchte auch nicht so genannt werden. Das klingt einfach nur alt und gebrechlich. Dabei gab es noch nie eine so junge Generation an älteren Menschen wie heute. Ja, wir sind die jüngsten Alten aller Zeiten – und das ist ein Geschenk. Wir sind viel länger fit, gesund und jung geblieben.
Wie jung fühlen Sie sich?
Keine Ahnung. Ich kann mit Alterszahlen nichts anfangen. Ich weiß nicht, wie es sich anfühlt, ob man 30, 40 oder 60 ist. Ich weiß nur, ob man sich gerade gut fühlt oder schlecht. Und ich fühle mich sauwohl. Ich weiß jedoch, dass es vielen nicht so gut geht. Dass – vor allem leider Frauen – zu wenig Rente kriegen und finanziell kaum über die Runden kommen. Da muss die Gesellschaft noch viel tun. Aber das Wichtigste ist die Gesundheit. Wer gesund ist, fühlt sich jung.
Das Schöne am Älterwerden?
Man wird gelassener und toleranter. Man lehnt sich öfter zurück und schmunzelt über das Leben, den Alltag. Wobei ich schon als junge Frau sehr optimistisch war. Die positive Grundeinstellung habe ich von meiner Mutter.
Diese Einstellung ist nicht allerdings nicht selbstverständlich, oder?
Ja, leider. Meine Mutter hat auch schwierige Zeiten erlebt und nie gemeckert. Sie hatte immer Humor. Das finde ich ganz entscheidend. Ich kenne so viele Menschen, die dauernd über irgendwas schimpfen. Aber das sind alles Energie-Räuber, von denen ich mich distanziere, weil sie mich nur aussaugen. Ich will das Leben genießen, mir nicht den Tag versauen und mich nicht ständig runterziehen lassen. Ich umgebe mich nur noch mit Menschen, die mir gut tun. Sich einen schönen Tag zu machen ist besser und effektiver als jede Faltencreme.
Ärgern Sie Falten?
Ach, was soll ich mich da ärgern? Das ist Zeitverschwendung. Ich kann es ja nicht ändern. Die Uhr tickt. Ist halt so. Ich fühle mich sehr wohl in meiner Haut.
Denken Sie oft an den Tod?
Jeden Tag. Aber das soll jetzt nicht dramatisch klingen. Ich denke nicht angstvoll über das Thema nach. Ich habe eine Patientenverfügung, will nicht leiden müssen. Aber sonst will ich mich nicht mit Angst besetzen. Ich genieße einfach jede Sekunde meines Lebens, weil ich weiß, dass es irgendwann vorbei sein kann. Das gehört eben dazu. Deshalb will ich mir nicht von irgendeinem Schmarrn den Tag vermiesen.
Haben Sie Ihr Testament gemacht?
Ja, klar. Das ist selbstverständlich, finde ich, wenn man Kinder hat. Es soll keine Unstimmigkeiten geben.
Wünschen Sie sich Enkelkinder?
Ich sitz jetzt nicht da und denk dauernd, dass ich welche will. Aber wenn’s passiert – herzlich willkommen!
Sind Sie wie Ihre drei Kinder auf Facebook?
Nein, aber ich weiß, was es ist – und habe da sogar so eine Fan-Seite. Aber wäre ich jung, würde ich den ganzen Wahnsinn auch mitmachen. Man darf sich nicht zum Sklaven der Technik machen, doch ich finde es toll, wie viel leichter vieles dadurch geworden ist. Früher bekam ich ein neues Drehbuch als Riesen-Paket, heute ist es ein Klick. Mein erstes Funktelefon war wie ein Knochen – auf Fernvermittlungen musste ich ewig warten.
Was haben Sie heute für ein Handy?
Ein iPhone. Ich bin Apple-Fan von der ersten Sekunde. iPhone, iPad, ich liebe alle meine Äpfelchen und bin viel flexibler. Man muss die Vorteile der Technik für sich erhöhen und darf sich nie denken: Ach, das lern ich eh nicht mehr. Meine Generation nimmt das Leben an, nimmt aktiv teil, hat Spaß, da sein zu dürfen. Das finde ich spannend und wunderbar.
Helfen Sie trotzdem ein bisschen nach, um fit zu bleiben?
Oh, ja. Ich brauche Bewegung und hab da mein kleines Programm. Ich laufe gern und mache jeden Tag ein bisschen Stretching. Außerdem esse ich nichts, was mir nichts wert ist. Das heißt nicht, dass ich den ganzen Tag nur Ananas esse. Ich würde einfach nie bei einer Tankstelle was Fertiges kaufen. Ich überlege jeden Tag vorfreudig: Was könnte ich heute Schönes kochen? Worauf habe ich Lust? Das liebe ich, alleine schon darüber nachzudenken. Da freu ich mich dann richtig auf den Abend.
Und worauf freuen Sie sich heute Abend?
Auf schönen, weißen Spargel mit Schinken und Hollandaise. Die mache ich selber.