Doro Pesch: Ein Mann? Überflüssig!

Doro Pesch ist die bekannteste Rock-Röhre Deutschlands. In der AZ spricht die 48-Jährige über ihr wildes Leben mit bösen Jungs – und erklärt, warum sie privat lieber Single ist.
von  az/kim
Rockerin Doro Pesch im AZ-Interview
Rockerin Doro Pesch im AZ-Interview © API (c) Michael Tinnefeld

Die Location ist ja klar: Hard Rock Café. Deutschlands bekannteste und international erfolgreichste Rock-Röhre trifft man eben nicht im Tee-Laden. Hier am Platzl schauen die Gäste an diesem Mittwochmittag ganz erstaunt, als ihnen der Burger von Doro Pesch (48, „She’s Like Thunder“) serviert wird. Die zierliche Wasserstoffblondine mit der Whiskey-Stimme engagiert sich für die dortige „Pinktober“-Charity, muss aber bald auch wieder los, um für ihr neues Album „Raise Your Fist“ zu trommeln. Im November geht’s auf Tour – zwischen Paris, Madrid und Barcelona. Vorab spricht sie bei einem Erdbeer-Cocktail mit der AZ über ihr Rock-Leben – privat wie selten.

AZ: Servus, Frau Pesch, wie sehr rockt München?

DORO PESCH: Na, total! Ich hab’ hier in den frühen 80ern zwei große Platten gemacht. Gefeiert wurde auch sehr – ich war sogar mal im P 1, wobei mich da in meiner Metal-Kluft alle etwas komisch angeschaut haben. Aber meine Jungs und ich, wir haben uns geweigert, unsere Nietengürtel abzulegen. Wobei ich als Sängerin nie so viel Gas geben konnte wie meine Band. Die haben jede Nacht durchgefeiert, aber ich musste auch gleichzeitig auf meine Stimme aufpassen.

Obwohl ihre Stimme nicht nur nach heißer Milch mit Honig klingt.

Ich hab’ halt sehr lange sehr viel geraucht – und ich habe es geliebt. Ach, was hab’ ich gern geraucht! Aber seit ein paar Jahren rauche ich wegen der Gesundheit leider nicht mehr. Und Alkohol trinke ich kaum, meist bin ich diejenige, die alle in der Nacht nach Hause fährt. Eigentlich trinke ich nur, wenn ich mit Lemmy zusammen bin...

... Lemmy Kilmister, Mister Motörhead...

... der trinkt so wahnsinnig viel, da kann niemand mithalten, aber es kann ihm auch niemand abschlagen. Der stellt mir immer gleich Whiskey-Cola und so Zeug hin und sagt: „Los, Doro, trink fein!“ Da kann ich dann ja auch nicht sagen, dass ich lieber ein stilles Wasser hätte.

Woher kennen Sie Lemmy?

Wir haben uns in England in den frühen 80ern kennengelernt. Alle wichtigen Plattenfirmen und Medien waren da, und ich sollte mich vorstellen. Nach der Probe hatte ich noch etwas Zeit, bin dann kurz um die Ecke in ein schönes Pub gegangen und hab’ dort dann Lemmy gesehen. „Bist du die Doro? Ey, lass uns was trinken, lass uns was rauchen“, beschloss er spontan. Wir haben so unfassbar viel getrunken, dass ich an dem Abend beim Auftritt keine Zeile, kein Wort mehr wusste. Alle fragten bestürzt, was denn mit mir los sei. Und ich: „Ich hab’ Lemmy getroffen!“ Da zeigten plötzlich alle Verständnis und waren auch nicht mehr sauer.

Was fasziniert Sie an den bösen Jungs?

Die härtesten Schalen haben oft den weichsten Kern, das ist häufig bei den Heavy-Metal-Typen zu finden. Lemmy hat die sensibelste Seele, die ich kenne. Er ist superintelligent, humorvoll und weise. Wer mir auch sehr am Herzen lag, war Ronnie James Dio von Black Sabbath, der leider gestorben ist. Ein entzückender, gefühlvoller Mann. Wahnsinnig herzlich ist auch Gene Simmons von Kiss.

Wer ist der wildeste Rocker?

Dave Mustaine von Megadeath! Ich war bei einer Amerika-Tour dabei – und da ging’s ab. Überall nackte Frauen. Backstage, im Tourbus, im Hotel. Echt heftig.

Haben Sie viele männliche Groupies – oder haben die Männer eher vor Ihnen Angst?

Einmal kam ich nach einem Konzert in das Haus vom Promoter, wo wir alle geschlafen haben. Da war eine riesige Bar aufgebaut, und in meinem Bett hat jemand laut geschnarcht. Da war tatsächlich ein nackter Mann, der durchs Fenster geklettert war und beim Warten offenbar die ganze Bar geleert hatte. Tja, bei den Jungs geht’s wild zu, bei mir nicht. Ich bin ja auch nicht liiert.

Warum?

Mit 24 traf ich die Entscheidung, dass ich mein Leben der Musik widme, den Fans. Ich brauche keinen Mann.

Vermissen Sie keine Liebe, keine Zärtlichkeiten?

Es geht. Manchmal schon. Ich war durchaus mal verliebt, aber das ging auch vorbei. Ich wollte nie heiraten, kann mir auch so ein konventionelles Leben mit Mann und Kindern überhaupt nicht vorstellen.

Was stört Sie daran?

Mein Vater, der leider vor zwölf Jahren gestorben ist, war Lkw-Fahrer, und so bin ich im Lkw aufgewachsen, habe die ersten sechs Jahre nur im Lkw auf der Straße, gelebt. Dann war ich auf einmal an einem Ort, musste in eine Schule gehen – das war Horror, ganz schrecklich, ich habe es gehasst.

Sie fühlen sich daheim, wenn Sie unterwegs sind?

Absolut. Im Tourbus, auf der Straße, da bin ich glücklich, das ist mein Ding. Meine Fans sind meine Familie, sind mir enger als meine Freunde. Ich vermisse nichts. Natürlich fühle ich mich auch mal einsam, aber das gehört dazu nach einem Konzert. Meine Mum sagt, ich bin wie mein Vater. Der hat zwölf Stunden am Stück Rockmusik gehört und war happy.

Gibt’s die private Doro Pesch auch mal im Kleidchen – ohne Leder und Silberschmuck?

Nee, ich bin immer so. Nur einmal musste ich ein Kleid anziehen, da war ich acht Mal für den Musikpreis Echo nominiert. Ich zog also eine Robe an und fühlte mich – naja, ziemlich anders.

Wollen Sie mit 100 noch auf der Bühne stehen?

Klar! Ruhestand ist nichts für mich, dann müsste ich ja an einem Ort bleiben. Wenn ich auf der Bühne bin, fühle ich mich jung. Egal, wie alt ich in Wahrheit bin.

 

 

 

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