DJ Bobo: „Meine Hautfarbe ist ein Vorteil“

Der Schweizer Musiker DJ Bobo, bekannt als „Godfather Of Eurodance“, spricht im Interview mit der Abendzeitung offen über die Gründe für seinen Erfolg.
AZ/Florian Koch |
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Angst hätte er, wenn seine Las Vegas-Tour zzum 20-jährigen Jubiläum unter dem Motto „Greatest Hits“ stehen würde. Denn stillstehen will DJ Bobo, der erfolgreichste Schweizer Musiker, auf keinen Fall.

AZ: DJ Bobo, von den einstigen Eurodance-Stars sind nur noch wenige übrig geblieben. Was haben Sie richtig gemacht und andere falsch?

DJ BOBO: Ich habe früh gemerkt, dass Eurodance eine Welle ist, die irgendwann wieder abflaut. Wenn ich mich damals nicht breiter aufgestellt hätte als über die Clubs, hätte ich keine Chance zum Überleben gehabt.

Wie sah Ihre Strategie im Einzelnen aus?

Wichtig war es vor allem, sich visuell von den anderen abzusetzen. Bereits in den Discotheken haben wir kleine Bühnenshows gemacht. Und mit der vierten Single „Everybody“ habe ich mich auch musikalisch verändert, Reggae-Elemente mit hereingebracht. Der Song hat nicht nur das „Bravo“-Publikum, sondern auch Erwachsene erreicht.

Gab es auch noch andere Aspekte außer der Musik und der Ästhetik?

DJ Bobo war immer DJ Bobo. Da hat nicht wie bei Culture Beat der Act gewechselt. Auch meine Hautfarbe ist ein großer Vorteil. Darauf wäre ich nie gekommen, aber Eminem ist ja auch ein Weißer und in der weißen Zielgruppe war ich damals eine Ausnahme. Schließlich waren Snap, Dr. Alban und Haddaway alles Schwarze. Es ist nur eine Vermutung und es soll auch gar nicht rassistisch gemeint sein, aber vielleicht hat sich das Publikum deshalb besser mein Gesicht einprägen und mehr mit mir identifizieren können.

Ist das nicht eine fragwürdige Mutmaßung?

Das meint man nur. Aber uns geht es in Asien doch genauso. Mich können die Asiaten nicht von anderen Europäern unterscheiden. Auf einer Promo-Reise hat ein Journalist ein Interview mit einem meiner Tänzer gemacht, weil er dachte, er wäre ich. Dabei sieht der mir überhaupt nicht ähnlich.

Hat Ihr Erfolg nicht auch andere Gründe?

Wir waren damals cleverer und haben unser Geld nicht in Autos investiert, sondern in die Show und die Bühne. Und meine schwarzen Kollegen haben ihr Geld sofort in teure Klunker und andere Statussymbole gesteckt.

Sie hatten so etwas nie nötig?

Nein, ich komme aus der Schweiz. Wir wollen uns nicht über die Masse erheben, wir sind ja alle gleich.

Ihre Musik wurde immer als Eurotrash abgekanzelt. Schmerzt solch eine Häme?

Als wir anfingen, dachten wir, dass Eurodance das beste ist, was man machen kann. Es war ein Stück Lebensgefühl. Wir waren durch diese Welle auch plötzlich überproportional erfolgreich und zu präsent. Und das haben die Kritiker natürlich registriert. Das ist, wie wenn eine Fernsehsendung zu hohe Einschaltquoten hat, dann haut man drauf.

So wie bei „Wetten, dass?“

DJ Bobo und Thomas Gottschalk – das ist ein guter Vergleich. Die Leute prügeln jahrelang auf Gottschalk ein, und wenn er geht, tun alle so, als wäre das so schlimm. Hallo? Haben die gleichen Kritiker nicht die ganze Zeit gesagt, dass die Pfeife endlich aufhören soll? Bei uns ist es ähnlich. Eurodance hatte nie eine Lobby. Die Musik galt von Anfang an als scheiße. Und als die Welle weg war, gab es natürlich nichts Schöneres, als auf uns herumzutrampeln. Jetzt ist nur noch der Bobo da und man denkt sich: Verdammte Hacke, warum steht der noch? Also hauen wir nochmal drauf und nochmal.

War die Kritik an Ihnen in einigen Punkten nicht auch berechtigt?

Manche Dinge kann man nicht ändern. Ich werde sicherlich nie ein Hammer-Sänger sein. Aber ich singe lieber ein bisschen falsch als Voll-Playback wie Britney Spears.

Wie haben Sie auf die Schmähungen reagiert?

Mich haben die komischerweise eher motiviert. Ich wusste auch, dass ich von den Qualitätsansprüchen nicht auf dem höchsten Level bin. Ich wollte so gut sein wie Michael Jackson, aber ich habe nicht sein Talent. Aber vielleicht habe ich Fleiß, den andere nicht haben. Und mit Fleiß kannst du mangelndes Talent locker wegstecken.

Ihr Las Vegas-Konzert ist ein Streifzug durch Ihre Karriere. Wo soll die Reise in der Zukunft hingehen?

So lange ich mich noch entwickeln kann, will ich weiter experimentieren, vielleicht ein Musical machen. Aber ich werde immer der „Godfather Of Eurodance“ bleiben, die Amerikaner nennen mich so. Was ich aber nie machen werde, ist in Festzelten wie dem Oktoberfest spielen oder auf einem Turnhalle-Oberursel-Familienabend. Schließlich möchte ich mein Qualitätslevel halten.

 

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