Dietmar Wunder: "James Bond hat mir sehr viele Türen geöffnet"
München - Ein Serientäter, der seine Opfer nicht umbringt, sondern ihnen durch eine Gehirn-OP die Seele raubt und ein Ermittler, dessen Vater selbst ein Serienmörder war - "Broken Dolls" (Der Audio Verlag, 19,99 Euro) ist alles andere als ein gewöhnlicher Thriller. Was das Besondere an dem Buch ist, erklärt Hörbuchsprecher Dietmar Wunder (48) im Interview. Wunder ist vor allem bekannt als deutsche Stimme von James Bond. Zu was ihm der Kult-Agent - neben einem Bericht in der "New York Times" - verhilft, hat er der Nachrichtenagentur spot on news ebenfalls verraten.
Thriller und Krimis dominieren im Moment die Bestseller-Listen. Was ist das Besondere an "Broken Dolls"?
Dietmar Wunder: Der Ermittler ist ein sehr interessanter Charakter: Durch seine ungewöhnliche Geschichte - er ist der Sohn eines Serienmörders - wartet man als Leser immer darauf, was mit diesem Mann passiert. Hat er das Böse auch in sich, wie ihm sein Vater bei seiner Hinrichtung prophezeite? Wird das irgendwann ausbrechen und hat er selbst etwas mit den grausamen Verbrechen zu tun? Der Held in diesem Buch ist zwar gut, hat aber auch eine düstere Seite.
Sie haben schon viele Krimis und Thriller als Hörbuchsprecher gelesen: Ist er einer der außergewöhnlichsten Charaktere, mit denen Sie es bisher zu tun hatten?
Wunder: Ja. Der Charakter ist wahnsinnig interessant, es ist spannend zu sehen, wie er mit seiner Vergangenheit umgeht und den Fall aufklärt. Seine Herangehensweise resultiert aus seiner Herkunft, er versucht sich in den Täter hineinzuversetzen. Zudem ist er durch seine Geschichte dazu verdammt, ein Einzelgänger zu sein.
Der Täter in "Broken Dolls" tötet seine Opfer nicht, sondern raubt Ihnen durch eine Gehirn-OP ihre Seele. Warum, denken Sie, tauchen Leser und Zuschauer gerne in solche Abgründe ein?
Wunder: Ich sehe das so: Eigentlich hat der Mensch die Sehnsucht nach dem Guten. Ich selbst liebe es, wenn ein Buch oder ein Film ein Happyend hat. Trotzdem liegt es, glaube ich, in der Natur des Menschen, dass ihn das Dunkle anzieht. Dass man da mal kurz eintauchen will - um anschließend zu denken: Zum Glück ist das nur eine Geschichte und betrifft mich nicht persönlich.
Die Geschichte von Jefferson Winter ist als Serie angelegt. Wissen Sie schon, wann es weiter geht?
Wunder: Ja, nächstes Jahr, wahrscheinlich im Frühjahr. Und ich bin schon sehr gespannt, was er dann erlebt - und ob der Held auch der Held bleibt oder doch das in ihm durchbricht, was seinen Vater ausgemacht hat.
Sind Sie selbst ein Hörbuch-Fan?
Wunder: Vor meiner Arbeit als Sprecher habe ich nur wenige gehört. Ich bin ein sehr visueller Mensch und habe immer Filme bevorzugt. Inzwischen finde ich Hörbücher aber eine wunderbare Art, Geschichten zu erzählen - wie früher, als die Menschen nicht lesen konnten oder es noch keine Bücher gab. Später wurden Geschichten dann vorgelesen. Diese Kultur des Geschichtenerzählens finden wir in den Hörbüchern wieder.
Bekannt sind Sie auch als deutsche Stimme von James Bond, seit dieser von Daniel Craig gespielt wird. Was hat sich für Sie seitdem verändert?
Wunder: James Bond hat mir sehr viele Türen geöffnet. Er ist eine legendäre Filmfigur und ein Teil dieser Geschichte zu sein, ist für mich großartig, weil es mir einerseits sehr viel Spaß macht und andererseits eine gewisse Popularität mit sich bringt. Dadurch sind die Leute auf mich aufmerksam geworden und so ergeben sich neue Projekte und Möglichkeiten.
Durch James Bond kam in Ihnen als Kind der Wunsch auf, Schauspieler zu werden. Was war das für Sie für ein Gefühl, als Sie erfahren haben, dass Sie dem Kult-Agenten Ihre Stimme leihen werden?
Wunder: Ich habe als Jugendlicher alle James-Bond-Filme in Berlin in einem Kino gesehen. Ich fand das damals so toll, dass ich James Bond sein wollte. In eine Rolle hineinzukriechen hat mich seitdem fasziniert und deswegen bin ich auch Schauspieler geworden. Als ich Jahrzehnte später wirklich ein Teil der Bond-Geschichte geworden bin, musste ich mich erst mal zurücklehnen. Ich habe gedacht: "Wow, das ist jetzt echt ein Geschenk." In gewisser Weise ist mein Traum wahr geworden.
Wie oft sind Sie schon von fremden Menschen gebeten worden, einen Bond-typischen Satz von sich zu geben oder Anrufbeantworter zu besprechen?
Wunder: Das passiert mir immer wieder. Es ist schmeichelhaft, weil die Leute mich und meine Stimme mit dieser Figur verbinden. Wenn es den Menschen gefällt, ist das für mich ein Grund, weiterzumachen, dann macht mir der Job noch mehr Spaß.
Sie synchronisieren neben Craig auch Adam Sandler. Wie verpassen Sie den beiden unterschiedliche Färbungen?
Wunder: Für mich als Schauspieler ist das ein Geschenk, Craig und Sandler synchronisieren zu dürfen. Es sind wirklich zwei sehr unterschiedliche Charaktere. Ich höre die Schauspieler im Englischen und sehe ihre Mimik. Craig spricht sehr unaufwendig und sonor von der Melodie her, er spielt sehr minimalistisch und artikuliert nicht aufwendig. Aus meinem Stimmumfang benutze ich dann automatisch die unteren Schubladen, die tieferen Töne. Sandler hingegen hat ein Lächeln in der Stimme und spricht melodiöser. Wenn ich ihn sehe und höre, passt sich auch meine Mimik an und meine Stimme rutscht automatisch in höhere Gefilde. Wichtig ist, dass die Zuschauer immer das Gefühl haben, dass Sandler und Craig Deutsch sprechen.
"Twin Peaks" kehrt 2016 zurück ins Fernsehen. An der Original-Serie waren Sie ebenfalls beteiligt. Würde es Sie reizen, an der Neuauflage wieder mitzuwirken?
Wunder: Das habe ich selbst erst vor kurzem gehört. Soweit ich weiß, sind einige Schauspieler wieder fest im Cast wie Kyle MacLachlan. Von James Marshall, den ich damals gesprochen habe, habe ich noch nichts gehört. Das war damals eine tolle Zeit und es wäre interessant, nach all den Jahren wieder mit der Crew zusammenzukommen und zu sehen, was dieses Mal passiert.
Was stehen bei Ihnen im kommenden Jahr für Projekte an?
Wunder: Ich habe viele Hörbuch-Projekte, tolle Lesungen und ein paar sehr interessante Aufträge zum Synchronisieren, unter anderem einen Film mit Sam Rockwell und einen mit Don Cheadle. Dazu kommt die Dialogregie der Piraten-Serie "Black Sails". Da gab es bereits eine erste Staffel, die jetzt fortgesetzt wird und ein paar spannende Kinofilme als Dialogregisseur. Und im Herbst steht dann der nächste Bond zum Synchronisieren an. Für diese Vielseitigkeit bin ich wirklich sehr dankbar.
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