Dieter Hildebrandt - Der feine Moralist
Der AZ-Chefredakteur Arno Makowsky äußert sich in der AZ-Meinung über das Phänomen Dieter Hildebrandt (1927 - 2013).
München - Es gibt Menschen, deren Name fürs große Ganze, für ein besonderes Phänomen steht. So wie der Feminismus in Deutschland wohl auf ewig mit Alice Schwarzer verbunden ist, so wäre das deutsche Kabarett undenkbar ohne Dieter Hildebrandt. Der Mann gehört zum Inventar der Republik. Jeder kannte ihn, nicht alle mochten ihn, aber jeder respektierte seinen scharfen Verstand und sein Können.
So lange ich denken kann, war Hildebrandt präsent. Einmal – als Kind – nahmen mich meine Eltern mit in die Lach- und Schießgesellschaft, wo Hildebrandt mit seinem Ensemble auftrat. Es war eng, es wurde geraucht, und vorne quasselte und schwadronierte der Kabarettist in seinem virtuosen Stakkato-Stil, immer unterbrochen von lauten Lachsalven des Publikums. Ich kapierte keine einzige Pointe, aber lachte trotzdem mit.
Hildebrandt wollte nicht nur unterhalten – er meinte es ernst
Ungefähr 40 Jahre später erlebte ich Hildebrandt noch einmal auf der Bühne – im vergangenen Jahr bei der AZ-Gala im Lustspielhaus. Die Begeisterung der Zuschauer war noch immer die gleiche, auch seine Art zu sprechen hatte sich nicht verändert. Es gibt keinen, der ihm das nachmacht.
Was liebten die Menschen so an Dieter Hildebrandt? Vielleicht das: Hier war kein Schauspieler und kein „Comedian“ am Werk, der die Menschen bloß unterhalten wollte. Hildebrandt meinte es ernst. Seine Kritik war kompromisslos – doch seine Art blieb fein, sein Stil nicht verletzend. Er war ein Moralist im besten Sinn.
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