„Die Zeit heilt keine Wunden“

Top-Mediziner Wolfgang Pförringer spricht in der AZ erstmals nach dem Tod von Rosemarie Springer über sein Leben und Leiden als Witwer.
Die Tränen kullerten und die Comedian Harmonists sangen. „Auf Wiederseh’n, my Dear“ – so verabschiedete Top-Mediziner Wolfgang Pförringer seine große Liebe. Nach elf Jahren war sie plötzlich nicht mehr da. Rosemarie Springer (†64), Schwiegertochter des Verlegers Axel Springer, starb an Brustkrebs.
Das ist jetzt 14 Monate her, eine Ewigkeit – oder war es erst gestern? Wie ein Zeitloch kommt es Wolfgang Pförringer manchmal vor. Denn seit dem Tod seiner Frau („Wir führten die beste Ehe – ohne Trauschein“) ist in seinem Leben natürlich alles anders. Er ist Witwer, geht kaum noch aus. Gerade jetzt zu Weihnachten schmerzt der Verlust seiner Rosemarie besonders.
Für die AZ machte der beliebte, aber zurückhaltende Orthopäde eine Ausnahme – und spricht zum ersten Mal über sich. Seine Gefühle, sein Leiden und die Erkenntnis, dass es gegen Trauer leider keine Medizin gibt.
Gleich zu Beginn des Gesprächs sagt Prof. Pförringer: „Zu glauben, dass die Zeit alle Wunden heilen würde, ist unzutreffend. Die Zeit heilt keine Wunden. Punkt. Das ist nicht zu ändern. Die Zeit verschorft sie nur. Und damit muss sich jeder auseinander setzen.“ Wie geht es ihm jetzt – ohne Rosemarie?
Wolfgang Pförringer: „Einfach ist es nie, aber die Zeit vor Weihnachten ist sehr schlimm. Ich fühle mich, und da gibt es nichts zu beschönigen, zu Hause ganz allein.“
Partys als Ablenkung – nichts für ihn. Religion, Kirche? „Als Mediziner kann ich damit nichts anfangen. Ich arbeite lieber.“ Selten geht er vor die Tür. Wenn, dann zu Freunden. Privat, kein Tamtam. Doch auch das ist oft anstrengend: „Alle meinen es gut – und wollen mich verkuppeln. Wenn ich wo eingeladen bin, sitzt zu 99 Prozent eine Single-Frau neben mir. Die ist sicher toll, aber ich nehme sie nicht richtig wahr. Ich vergleiche jede Frau mit Rosemarie.“
Ständig denkt Wolfgang Pförringer an sie. „Wir haben uns blind verstanden“, erinnert er sich.
Ein bisschen Trost schenkte ihm sein Vater. Er ist 94, mit ihm und Sohn Niki aus erster Ehe feiert er heuer Weihnachten. „Mein Vater sagte, ich hätte etwas erlebt – nämlich elf Jahre glücklich sein. Mit einer Frau. Und das würden die meisten Menschen in ihrem Leben nie erleben.“
Kimberly Hoppe