Die Schicksalsschläge der Fassbinder-Stars

Gottfried John erlag im Alter von 72 Jahren einem Krebsleiden. Berühmt geworden war er als Star des Erfolgsregisseurs Rainer Werner Fassbinder. Johns Krebstod ist bereits der zwölfte Schicksalsschlag innerhalb der Fassbinder-Clique.
von  (ln/spot)

Sein einprägsames Gesicht mit der großen, schiefen Nase, das sibyllinische Lächeln und seine markante Stimme waren einzigartig. Ebenso seine Schauspielkunst. Mit Gottfried Johns (72) Krebstod hat die deutsche Film- und Theaterszene einen der bedeutendsten Charakterdarsteller verloren.

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Der gebürtige Berliner, der in Utting am Ammersee (Oberbayern) gestorben ist und 1995 als teuflischer Oberst Ourumov und James-Bond-Widersacher in "Golden Eye" weltweites Aufsehen erregte, gab der wohl wichtiges deutschen Filmepoche ihr männliches Gesicht: John war der Star von Rainer Werner Fassbinder, der als junger Regisseur vor allem in den 80er Jahren den deutschen Film neu erfand.

Unter seiner exzentrischen und ebenso einfühlsamen wie diktatorischen Regie spielte Gottfried John in Kultproduktionen wie "Acht Stunden sind kein Tag" (1972), "Welt am Draht" (1973), "Die Ehe der Maria Braun" (1978), "Berlin Alexanderplatz" (1980) und "Lili Marleen" (1981) mit. Fassbinder prägte die Schauspielergeneration seiner Zeit - und damit auch Gottfried John.

Umso auffälliger sind die privaten Dramen zahlreicher Fassbinder-Stars. Johns Tod ist bereits der zwölfte Schicksalsschlag innerhalb der Fassbinder-Clique. Viele Freunde und Kollegen von "RWF" starben an Krebs.

Es begann 1982 mit dem Tod des genialen Meisterregisseurs, der ein ausschweifendes Leben geführt hatte: Rainer Werner Fassbinder starb im Alter von nur 37 Jahren an einem Herzstillstand nach einem tödlichen Cocktail von Kokain, Schlaftabletten und Alkohol.

1988 erlag der Schauspieler und Autor Kurt Raab der Immunschwäche Aids. 1999 wurde Günther Lamprecht (84), der überragende Franz Biberkopf in Fassbinders legendärem Film "Berlin Alexanderplatz" nach einem Theaterabend in Bad Reichenhall beschossen und lebensgefährlich verletzt. Ein 16-jähriger Hitler-Fan hatte wahllos auf Passanten gefeuert und dabei auch Lamprecht getroffen.

Lesen Sie hier: Krebs: Schauspieler Gottfried John ist tot

2000 starb Willy Harlander (69) während eines Waldspaziergangs mit seinem Dackel an einem Herzinfarkt. Ein Jahr später erlag die Chansonette und Schauspielerin Helen Vita (72) einem Krebsleiden. Ihr folgte 2002 Barbara Valentin (61). Sie hatte eine Gehirnblutung erlitten. Ihr bekannter Kollege Klaus Löwitsch wurde auch nur 66 Jahre alt. Todesursache: Bauchspeicheldrüsenkrebs.

2006 wurde die populäre Schauspielerin Elisabeth Volkmann (70) tot in ihrer Münchner Wohnung aufgefunden. Kurz darauf erlag Fassbinders kongenialer Filmkomponist Peer Raben (66) einer "langen und schweren Krankheit", wie es hieß. Er hatte bereits 1992 mit 53 einen Hirnschlag erlitten. Und die Schauspielerin Gisela Uhlen, Mutter des TV-Stars Susanne Uhlen (59), starb 2007 an Lungenkrebs.

Und Günther Kaufmann (64), der in zwölf Fassbinder-Filmen mitgewirkt hatte und später ein atemloses Auf und Ab seiner Karriere miterleben musste, brach am 10. Mai 2012 auf einer Straße im Berliner Stadtteil Grunewald zusammen: Er hatte einen tödlichen Herzinfarkt erlitten. Zuvor hatte Kaufmann bei einem Prozess um den Tod seines Steuerberaters Schlagzeilen gemacht. Aufgrund eines falschen Geständnisses war er 2002 wegen "schwerer räuberischer Erpressung mit Todesfolge" zu 15 Jahren Haft verurteilt worden, von denen er bis zu seiner Rehabilitierung drei Jahre absaß.

Bei dem "ebenso bescheidenen wie warmherzigen Menschen" (WDR-Intendant Tom Buhrow) Gottfried John wusste nur die engste Umgebung des Schauspielers, der seit 30 Jahren mit Ehefrau Brigitte verheiratet war (keine Kinder), wie es um ihn gesundheitlich steht.

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