Die Kessler-Zwillinge: Das Erbe geht an Ärzte Ohne Grenzen
Alice und Ellen Kessler, die am Samstag jeweils 86 werden, sind echte Weltstars. Doch die Show-Zwillinge, die als Tänzerinnen, Sängerinnen, Schauspielerinnen, Entertainerinnen von Amerika bis Frankreich gefeiert wurden, sind nicht nur fit und fröhlich geblieben – sondern auch bodenständig. Und: Sie haben vorgesorgt, ihr Testament gemacht – und denken dabei an die, die Hilfe besonders nötig haben.
AZ: Frau Kessler, es ist kaum zu glauben, aber Sie feiern am 20. August Ihren 86. Geburtstag.
ALICE KESSLER: Ja, das glauben wir manchmal auch nicht. Dass wir nun schon diese Jahreszahl erreicht haben. Aber was ist schon eine Zahl? Uns geht es gut, und zum Glück gibt es außer ein paar Zipperlein keine gesundheitlichen Probleme.
Gibt es eine große Feier?
Ach, das entscheiden wir kurz vorher spontan. Je nach Lust und Laune und Situation. Das ist ja das Gute, dass man nicht mehr großartig planen muss. Zum Glück sind wir beide immer sehr flexibel und nehmen Dinge so an, wie sie sind.
Kessler-Zwillinge: "Wir tanzen noch"
Sind Sie sich immer einig?
Im Großen und Ganzen ja. Warum auch nicht? Wobei jede von uns für ihr eigenes Leben entscheiden kann. Wir wohnen zwar im selben Haus, aber haben jeweils unsere eigenen Wohnungen, und jede von uns tut das, worauf sie Lust hat. Natürlich ist es jetzt auch im Alter gut, dass wir so nahe beieinander sind. Denn man weiß ja nie, was passiert.

Wie meinen Sie das?
Nun, wir sind ja nicht mehr die Jüngsten. Das sehen wir ganz realistisch. Auch uns kann ein Schlaganfall treffen oder ein Zusammenbruch. Und wenn man dann ganz alleine ist und niemand weiß, in welcher hilflosen Lage sich gerade jemand befindet, wäre das schrecklich. Es ist also auch ein guter Sicherheitsfaktor.
Haben Sie als Zwillinge auch die gleichen Zipperlein?
Es ist wirklich merkwürdig, aber ja, wir haben fast die gleichen Zipperlein. Wobei diese Zipperlein ja allgemeine Alterserscheinungen sind. Der Rücken, die Hüfte, die allgemeine körperliche Kondition. Aber wir tanzen sogar noch. Natürlich daheim. Es sind auch eher Tanzübungen.
"Ärzte ohne Grenzen wird den größten Teil erben"
Können Sie sich vorstellen, wenn es eine Schwester nicht mehr gibt?
Daran versuchen wir nicht zu denken. Wir haben uns aber schon vor langer Zeit hingesetzt und alles in dieser Hinsicht geregelt. Die Testamente, Patientenverfügungen, Begräbnisse und alles das, was man vorher macht. Der medizinische Nothilfeverein Ärzte ohne Grenzen wird den größten Teil erben. Und noch weitere kleinere Hilfsorganisationen.
Entschuldigen Sie die Frage, aber haben Sie keine unmittelbaren Erben?
Nein. Unsere Brüder sind leider sehr früh und jung verstorben. Rolf 1942 an Gelbsucht und Gerhard 1945 an Typhus. Und da wir keine Kinder haben, möchten wir unser Erbe für kranke Menschen, die sich keine medizinische Hilfe leisten können, verwenden.
Hätten Sie denn gerne Kinder gehabt?
Kinder großzuziehen heißt ja auch, Zeit für den Nachwuchs zu haben. Diese Zeit hatten wir leider nicht. Und dann muss man sich entscheiden. Kinder zu bekommen und sie dann irgendwo abzugeben, weil man beruflich ja immer unterwegs ist, wäre verantwortungslos für uns gewesen. Hätten wir den Beruf aufgegeben, wäre aber das Geld knapp gewesen.
Nun, es hätte ja auch Väter zu den Kindern gegeben…
Hätte. Natürlich gab es Männer im Leben, aber dann hat es sich dann doch nie so richtig ergeben. Rückblickend waren wir als Frauen der damaligen Zeit sehr voraus. Selbstständig, eigenes Geld zu verdienen, eigene Karriere zu machen.
Und Sie waren glücklich damit.
Ja, sehr. Es war ein fantastisches Leben. Zwar war unsere Kindheit nicht so schön, da wir einen sehr aggressiven Vater hatten, aber danach stand uns die Welt offen und wir durften die Welt erleben.
"Wir haben sogar die Kleider wieder anprobiert – und sie passen noch!"
Sie geben diese Dankbarkeit weiter – und lassen jetzt Ihre Kleider in München versteigern.
Ja, für einen guten Zweck. Für die Flutopfer im Ahrtal. Es leiden immer noch sehr viele Menschen unter dieser schrecklichen Hochwasser-Katastrophe. Natürlich bringen unsere 40 Auktions-Kleider keine Millionen, aber jeder Euro zählt. Das Münchner Auktionshaus Neumeister plant gerade die Versteigerung für Oktober.
Wird man nicht etwas schwermütig beim Aussortieren der Kleider?
Gerade gestern haben wir es gemacht. Nein, ganz und gar nicht. Im Gegenteil. Wir haben gelacht und uns bei jedem Stück erinnert. Es war ja eine gute Zeit. Wir haben sogar die Kleider wieder anprobiert – und sie passen noch!
Sie passen noch in Ihre damaligen Kleider?
Ja, unser Gewicht hat sich nicht verändert. Das fanden wir selbst interessant. Allerdings darf man nicht vergessen, dass wir ja zeitlich sehr lange getanzt haben. Jedenfalls war es lustig, in die alten Kleider zu schlüpfen. Auch wenn wir natürlich nicht mehr so durchtrainiert jugendlich aussehen.
Haben Sie noch Wünsche?
Gesundheit ist natürlich der wichtigste Wunschfaktor. Ansonsten haben wir keine Wünsche mehr. Und dass es natürlich allen notleidenden Menschen auf dieser Welt gut gehen möchte. Das wäre der größte Wunsch.
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