Die harten Monate im Knast - "Ben, so packst Du das!"

Sechs Monate Haft – was Ben Tewaag noch vor sich hat, hat AZ-Kolumnist Michael Graeter hinter sich. Seine Knast-Tipps für den Sohn von Uschi Glas: Keinen Widerstand leisten, wenig reden - und noch mehr persönliche Ratschläge.
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Ben Tewaag bei einem Gerichtstermin
dpa 2 Ben Tewaag bei einem Gerichtstermin
Michael Graeter
az 2 Michael Graeter

MÜNCHEN, FRANKFURT/MAIN - Sechs Monate Haft – was Ben Tewaag noch vor sich hat, hat AZ-Kolumnist Michael Graeter hinter sich. Seine Knast-Tipps für den Sohn von Uschi Glas: Keinen Widerstand leisten, wenig reden - und noch mehr persönliche Ratschläge.

Kurz vor dem Ende meiner staatlichen Fürsorge in Landsberg, lag dort schon eine „Reservierung“ für Bernd Tewaag vor. Der Sohn von Schauspielerin Uschi Glas und Produzent Bernd Tewaag sollte eine Zelle im sogenannten Hospital erhalten, eine Art VIP-Bereich für Häftlinge.

Dort gibt es warmes Wasser, Strom und Fernsehen rund um die Uhr. Den museumsreifen Apparat muss man kaufen. Privilegien, die den anderen 700 Insassen im Haupthaus des Festungsgefängnisses nicht vergönnt sind. Da wird um Mitternacht der Strom abgestellt und warmes Wasser fließt nur in den Duschräumen zu bestimmten Zeiten. Der Kashmir-Rebell, der wegen Körperverletzung, Beleidigung, Sachbeschädigung und Drogenmissbrauch verurteilt wurde, war aber gut beraten, sich Frankfurt für das Büßen auszusuchen.

Das geschichtsträchtige Landsberg, das von einer Frau, Freundin der ehemaligen bayrischen Justizministerin, geführt wird ist hardcore, Hessen hat, so erzählten Häftlinge bei einem „Schub“ (Transport in Polizeibussen) einen neuzeitlicheren Strafvollzug, etwas mehr dem 21.Jahrhundert angepasst.

Bei allem, was Ben auf dem Kerbholz hat, tut er mir leid. Der erste Monat wird den jungen Kerl besonders höllisch beuteln, angesichts der verschlossenen Türen ohne Schlüsselloch und Klinken. wenn man niemand mehr ist und schon in den ersten Stunden nach groben Schlüsselrasseln spürt, was Freiheit eigentlich bedeutet.

Die Würde des Menschen wird bereits in die Tonne getreten, wenn die ersten Handschellen klicken. Oder bei einer „Ausführung“ (zwei Polizisten als Begleitpersonal) in Fußfesseln zum Internisten im Ort.

Ich kann als „Fachmann“ mitsprechen, dem acht Monate beschert wurden, weil meine Arbeitgeberanteile für die Krankenkassen einer meiner Firmen in Höhe von 3500 Euro nicht einbezahlt wurden und der Anwalt die Einspruchsfrist meines Bewährungsurteils übersah.

Hier ein paar Ratschläge, damit Ben seinen Aufenthalt nicht unnötig verlängert und er nach „gewisser Beobachtungszeit“ in den Genuss von Straflockerungen wie „Urlaub“ am Wochenende bekommt.

Tipp 1:

Keinerlei, aber auch keinerlei Widerstand leisten, verbal, wie auch immer. Aufmucken ist tödlich. Die grünen Uniformierten, 1400 Euro netto, haben in der talentfreien Zone immer Recht. Als schwieriger Bub, aufmüpfiger Schüler und streitbarer Reporter fiel mir das besonders schwer, immer klein bei zu geben.

Aber ich habe schnell die „Hausordnung“ durchschaut. Schon beim geringsten Widerstand gibt es Bunker, eine dunkle Einzelhaft, und negative Einträge im Personalbogen. Oder: Auf renitente Kandidaten wartet, so ist es in Landsberg, eine weiße Zelle mit gleißendem Licht. Der Häftling liegt auf einem warmen "Steinbett" ist fixiert und trägt nur eine Unterhose aus Papier.

Tipp 2:

Wenig erzählen, sich lieber alles anhören, was andere Inhaftierte ins Gefängnis gebracht hat und betont freundlich sein. Auf keinerlei Streitgespräche sich einlassen. Ich habe gesehen, dass Wärter wegschauen.

Beim Hofgang trifft man mit jeder Art von Straftätern zusammen. Bei diesem Biotop der bösen Buben passiert es durch diese unglückliche Mixtur, dass einer als Verkehrssünder reinkommt und als Krimineller rausgeht. Man bekommt todsichere Tipps für Banküberfälle.

Tipp 3:

Das Abendessen besteht aus atomsicherer Kost - es gibt Fisch- und Fleischdosen. Lieber Obst bunkern und auf die Tage verteilen. Man nimmt allerdings gewaltig ab. Ich hatte am Ende meines Aufenthaltes ganze zehn Kilo weniger auf der Waage – und ein paar gesundheitliche Schäden musste ich auch hinnehmen: Ich bekam Fußpilz und wellige Fingernägel.

Tipp 4:

Keinesfalls ein Handy reinschmuggeln lassen. Das gibt sofort Bunker. Übrigens: Das gilt ebenso für Rauchwaren, für Alkohol und für Feinstaub – übrigens, ich habe mich sehr gewundert, wie fröhlich das hinter den Gittern gehandelt wird. Jede Woche wurde einer ertappt. Aber eine Abschreckung war es nie.

Tipp 5:

So oft wie möglich sich von der Familie besuchen lassen und obendrein sollte der Anwalt so oft wie möglich kommen. Dann vergisst man für zwei Stunden das Grauen. Dazu: Viele Briefe schreiben, das ist das einzige Kommunikationsmittel mit der Außenwelt – auch, wenn alle Briefe kontrolliert werden.

Tipp 6:

Alles mitmachen, was die Anstalt anbietet. Kirche, Sport, Computer-Lehrgänge, Schachspiel. Tapetenwechsel überbrückt düstere Gedanken. Dagegen sollte man tunlichst vermeiden, sich mit irgendwelchen Cliquen anzufreunden – dies könnte im schlimmsten Fall zu gefangeneninternen Maßnahmen führen. Stichwort, im Duschraum: Bück Dich nach der Seife.

Tipp 7:

Sich gut stellen mit dem „Kollegen“ der Wäscheausgabe. Wenn man das besonders gut macht, dann bekommt man auch die guten Feinripp-Unterhosen und dicke Socken. Dazu gibt es dann auch die neuesten Hemden und Decken. Sonst erhält man Bettbezüge, die viel erzählen könnten. Das gleiche gilt bei der Küchenausgabe. Auch hier kriegt der „gute Freund“ schon mal einen Apfel mehr.

Überrascht war ich, als ich hörte, dass nicht mal Mutter Uschi, die ich gut kenne, ihren Sohn zum Gefängnis gebracht hat. Ab jetzt wird Ben einsam sein und feststellen, welche wahren Freunde er wirklich hat.

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