Die Entprotzung

Erst prollig, jetzt plötzlich populär – die wundersame Wandlung von MCM. Im Bayerischen Hof wurde exklusiv die neueste Kollektion vorgestellt: entstaubt und entprollt.
von  Abendzeitung
Wunder gibt es auch in der Mode-Welt: Die einstige Protz-Marke MCM ist jünger, frischer und plötzlich auch wieder begehrter denn je.
Wunder gibt es auch in der Mode-Welt: Die einstige Protz-Marke MCM ist jünger, frischer und plötzlich auch wieder begehrter denn je. © Klaus Primke

Erst prollig, jetzt plötzlich populär – die wundersame Wandlung von MCM. Im Bayerischen Hof wurde exklusiv die neueste Kollektion vorgestellt: entstaubt und entprollt.

Er war der Gianni Versace aus München-Ost: Society-Gewächs Michael Cromer (†68) lebte und feierte auf der Überholspur und baute nebenbei ein Taschen-Imperium in Millionen-Höhe auf. Seine Kollektionen sahen aus wie er – immer ein bisschen too much. Zu laut, zu schillernd, zu protzig.

Doch ähnlich wie bei dem italienischen Mode-Kollegen musste der Firmengründer erst sterben, bevor es zur wundersamen Wiedergeburt kommen sollte. Zur Entprotzung.

Im Falle Cromer gab es zwar keine ambitionierte Schwester Donatella, die mit ehrgeizigem Blick aufs Familienkonto und in die Hochglanzblätter plötzlich die tollsten Teile entwarf.

Aber es gab ihn: Mode-Messias Michael Michalsky. Statt der wasserstoffblonden Party-Biene ein kahlgeschorener Hüttenkäse-Fan, der mit den Jahren ruhiger wird – allerdings nur was das Ausgehen betrifft, nicht etwa das Arbeiten.

Der Berliner designt tatsächlich alles, was ihm in die Hände kommt (Adidas, Tchibo, Wodka). Aus purer Langeweile, wie er selbst gern sagt, arbeitet er ständig an was Neuem.

Jetzt eben MCM. Warum auch nicht?

Zu Verlieren gibt es kaum was, so out und unmodern wurden die ollen Taschen zu Zeiten von Michael Cromers finanziellem Untergang.

Obendrein hatte er eine Unterstützerin, die ihn uneingeschränkt am neuem MCM-Image rumwerkeln ließ: Geschäftsfrau Sung-Joo Kim, die laut Branchenblatt „Asiaweek“ zu den „sieben mächtigsten Frauen in Asien“ gehört, ist Chefin der MCM-Gruppe.

Die einstige Münchner Wunder-Firma ist heute fest in koreanischer Hand und vor allem in Amerika und Asien erfolgreich.

Doch jetzt der modische Angriff auf München. Im Bayerischen Hof wurde exklusiv die neueste Kollektion vorgestellt: entstaubt und entprollt. Weniger ist halt doch mehr. MCM 2.O ist jung, sexy – und völlig ohne Übertreibung – trendy. Die Promis reißen sich bereits um die neue It-Bag (siehe unten), die Mode-Kritiker sind begeistert, das Fashion-Volk wird folgen – und Michael Cromer wird auf seiner Wolke eine Flasche Schampus köpfen.

Kimberly Hoppe

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