Designerin Susanne Wiebe: „Jede Frau braucht ihr Abenteuer“
Designerin Susanne Wiebe spricht im Interview über den Wunsch nach Individualität, die Verführung in Krisenzeiten, warum die Farbe Schwarz plötzlich Trend ist und wieso München eine Modemetropole wird.
AZ: Guten Tag, Frau Wiebe. Die Wirtschaftskrise geht an der Modebranche nicht spurlos vorbei, viele Häuser schreiben rote Zahlen. Wird Mode verzichtbar?
SUSANNE WIEBE: Nein, absolut nicht. Gerade in harten Zeiten wollen die Menschen verrückte oder ausgefallene Kleidung tragen. Und dafür sind sie auch bereit, einen guten Preis zu bezahlen.
Worauf achten Kunden heute?
Die Zeiten, in denen man von Kopf bis Fuß mit Gucci eingekleidet war, sind vorbei. Die individuelle Handschrift steht im Vordergrund. Heute ist Mode Verführung. Wer sie trägt, ist ein mutiger Typ. Das sehe ich auch an meinen Kunden, die aus allen Altersklassen vertreten sind.
Wäre es Ihnen nicht lieber, wenn Ihre Kunden gänzlich in Wiebe gekleidet sind?
Nein danke. Ignoranz ist keine Lösung. Ich ermutige meine Kundinnen sogar dazu, meine Kreationen mit anderen Marken zu kombinieren. Ob mit Zara oder Fendi – das funktioniert immer.
Warum kaufen Frauen gerade jetzt, zu Beginn des Jahres, viel Kleidung?
Jede Frau braucht ihr Abenteuer, das sucht sie jetzt. Und nichts ist aufregender als ein Mix von Materialien und Farben. Leder kombiniert mit Organza, bunte Pailletten mit Spitze...
Das ist gewagt.
Das ist Glamour an einer Frau. Nichts für Menschen, die nichts von Mode verstehen.
Die Trendfarbe ist Schwarz?
Ja. Und diese unabdingbare Liebe zur Farbe Schwarz ist berechtigt: Geheimnisvoll unterstreicht sie am effektivsten die Attraktivität. Aber auch generell starke Farbkombinationen wie Lipstick mit Orchidee sind wieder Trend.
Worauf kommt es an?
Ich sage immer: Zu jedem Topf gehört der passende Deckel. Wer ein wunderschönes, aber knallgelbes Kleid am falschen Tag zur falschen Zeit trägt, ist nicht authentisch. Da fängt richtige Beratung an. Ein passendes Outfit gelingt dann, wenn der Stil die Lebensart der Frau widerspiegelt.
Sie eröffnen am 20. Januar die Mercedes-Benz Fashion Week in Berlin am Bebelplatz vor einem internationalen Publikum. Was wird es dort zu sehen geben?
Eine ungezähmte Weiblichkeit. Lady goes Rock'n’Roll, so nenne ich das. Ich möchte rasante Gegensätze zeigen mit effektvollen Nuancen und vielen Überraschungen.
Klingt ja sehr überzeugt...
Durchaus. Andererseits: Die Fashion-Show zu eröffnen, das wird eine große Herausforderung sein. Aber wer weiß, wie lange es in Berlin noch gut läuft.
Wie meinen Sie das?
Berlin ist eine tolle Stadt voller bunter Menschen. Das Business findet aber hier in München statt. Und die hochkarätigen Kunden zieht es in den Süden Deutschlands.
München ist im Rennen?
In dieser Stadt achten die Menschen besonders auf Mode. Sie befindet sich gerade ordentlich im Aufstieg zur Modemetropole.
Das klingt in der Tat sehr schön, aber...
Kein Aber! Bereits am 26. Februar eröffne ich die erste Munich Fashion Week.
München wird also zum neuen Modezentrum?
Sehen Sie, Mailand, Paris, New York – das sind Klassiker. Aber Amsterdam, Hong Kong, München – da finden neue Talente ihren Weg. Hier weht eben ein frischer Wind.
Interview: Alexandra Dobre
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