Der Stanglwirt: "Ich bin Bauer und Gastwirt"

In Going bei Kitzbühel geben sich seit Jahrzehnten die Promis beim Stanglwirt die Klinke in die Hand. Zum 50-jährigen Jubiläum spricht der Gastgeber Balthasar Hauser jetzt im Interview über den Wandel des Stanglwirts.
von  (mabo/spot)
Bauer, Wirt und Volksmusiker Hauser: "Dem Hansi Hinterseer das Akkordeonspielen beigebracht"
Bauer, Wirt und Volksmusiker Hauser: "Dem Hansi Hinterseer das Akkordeonspielen beigebracht" © Florian Bachmeier

Vom Bauernbuben zum Prominenten-Gastgeber, vom einfachen Wirtshaus zum luxuriösen Wellnessresort: Balthasar Hauser (67) hat in 50 Jahren Erstaunliches geleistet.

Going/Kitzbühel - Im Interview spricht er von den harten Anfängen, dem Gedanken ans Aufgeben - und natürlich über die unzähligen namhaften Persönlichkeiten, die beim Stanglwirt in Going bei Kitzbühel urlauben.

In 50 Jahren vom 17-jährigen Wirtshauserben zum Hotelier eines weltweit bekannten 5-Sterne-Resorts. Wie hört sich das für Sie an?

Balthasar Hauser: Ich habe mich noch nie als Hotelier gesehen. Ich sehe mich eher als Bauer und Gastwirt...

...der es schafft, dass sich die Prominenz beim Stanglwirt die Klinke in die Hand gibt.

Hauser: Weil sie sich wohlfühlen und nicht anders behandelt werden als jeder andere Gast. Das war schon vor 50 Jahren so, als hier nur ein kleiner Einkehrgasthof mit sieben Fremdenzimmern stand. Da saßen Berühmtheiten wie Bing Crosby, Clark Gable oder Gina Lollobrigida in unserer Stube und hatten eine Riesenfreude daran, wenn meine Mutter für sie sang. Das waren für die Leute ganz besondere Momente.

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Und dann starb die Mutter und Sie übernahmen den Betrieb mit gerade mal 17 Jahren.

Hauser: Das war 1964, eine harte Zeit. Ich war noch in der Gastwirteschule in Salzburg, und zu Hause plötzlich Küchenpraktikant, Wirt und Zimmervermieter gleichzeitig. Zudem musste ich meinen Vater von meinen Ideen überzeugen.

Waren die so revolutionär?

Hauser: Eigentlich nicht. Aber wo man aufwächst, sieht man oft den Wald vor lauter Bäumen nicht. Unsere wenigen Zimmer waren alle in Richtung Straße ausgerichtet. Dabei hatten wir auf der Rückseite völlige Ruhe und mit dem Wilden Kaiser eines der schönsten Bergpanoramen der Welt. Deshalb habe ich neue Zimmer mit Aussicht auf den Kaiser gebaut, und plötzlich konnten die Handelsvertreter, die damals unter der Woche den Großteil unserer Gäste ausmachten, ruhig schlafen.

Das muss sich herumgesprochen haben, denn es kamen immer mehr. Bis heute macht für mich dieses einmalige Bergmassiv den Stanglwirt aus. Ich nenne es "unser Meerblick". Trotzdem kam ich Anfang der 70er-Jahre an einen Punkt, wo ich aufgeben wollte.

Wie kam es dazu?

Hauser: Ich hatte drei Tennisplätze gebaut, die vom Hochwasser weggespült wurden. Im Winter funktionierte der Betrieb meines kleinen Skilifts nicht. Ich war verzweifelt. Eines Tages fuhr ich nach München, wollte mich dort irgendwo über neue Trends für sportinteressierte Urlaubsgäste informieren. Ich landete durch Zufall bei Sport-Scheck. Das war meine Rettung.

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Wer hat Sie denn gerettet?

Hauser: Der damalige Chef der Reiseabteilung lief mir zufällig über den Weg. Er gab mir den Tipp, es mit Tenniscamps zu versuchen. Ich baute acht Courts und eine Halle, was mir letztlich einen Mega-Vertrag mit dem damaligen Skihersteller Kneissl einbrachte, der gerade ins Tennisgeschäft eingestiegen war. Der Vertrag sicherte mir 15.000 Übernachtungen pro Jahr zu. Plötzlich konnte ich mich vor Gästen kaum noch retten. Und dann hatte ich auch noch Caroline von Monaco zu Gast, die damals kurz mit dem argentinischen Tennisstar Guilermo Vilas liiert war. Plötzlich war der Stanglwirt in aller Munde.

Der Rest ist bekannt: Schafe auf den Dächern, das erste baubiologische Hotel Europas, die berühmte Weißwurst-Party vor dem Hahnenkammrennen ...

Hauser: Da hatte ich einfach ein paar gute Ideen. Ein Bauer verschenkt keinen Grund, deshalb die Idee mit der Wiese auf dem Dach der Tennishalle. Das Bio-Hotel entstand, weil ich ein gesundes Haus mit natürlichen Materialien der Region bauen wollte. Es entstand genau dort, wo der Misthaufen war, einem der ruhigsten Plätze des Areals.

Für den Bau mit ausschließlich natürlichen Materialien erhielt ich einen Innovationspreis und Fördermittel aus Wien, mit denen ich wiederum mein Felsenbad finanzieren konnte. Das hat übrigens Udo Jürgens mal als sein "schönstes Bad der Welt" bezeichnet. Und die Idee mit der Weißwurst-Party hatten Freunde des Hauses, weil einer von ihnen, der Metzgermeister Toni Holnburger aus Miesbach, Werbung für seine Weißwürste machen wollte und diese den Abfahrtsläufern, die ich schon jahrelang traditionell am Abend vor dem Rennen zum Essen eingeladen hatte, dort kredenzt hat. Heute feiern rund 2.500 Gäste mit uns, und inzwischen werden 7.000 Weißwürste serviert.

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Kommen die Prominenten, weil sie von Ihnen eingeladen werden?

Hauser: Das werden sie nicht. Sie kommen, weil es sich herumgesprochen hat, dass der Stanglwirt etwas Besonderes ist. Dem Franz Beckenbauer sind die Fußballer gefolgt, dem Hansi Hinterseer habe ich das Akkordeonspielen beigebracht und Wladimir Klitschko trainiert vor seinen Kämpfen in Deutschland bei uns, weil er hier optimale Bedingungen vorfindet. Auch er bezahlt, hat allerdings spezielle Konditionen, weil sein Camp ja mehrere Wochen lang dauert und dieses natürlich auch eine wertvolle Werbung für uns darstellt.

Was sind die Gründe Ihres Erfolges?

Hauser: Ich habe immer versucht, den Ungeist eines Hotels nicht hereinzulassen. Auch hatte ich glücklicherweise ein Gespür für Trends. Und ich habe eine Nachfrage kreiert, die eigentlich nicht da war.

Worüber können Sie sich freuen?

Hauser: Früher bin ich auf den Wilden Kaiser gerannt, wenn ich den Kopf so voll hatte, dass ich schlimme Kopfschmerzen bekam. Dabei wäre ich um ein Haar einmal tödlich abgestürzt. Jetzt bekomme ich den Kopf beim Radfahren frei und fahre seit 20 Jahren an meinem Geburtstag ganz allein auf den Großglockner. Außerdem freue ich mich, mit meiner Familie und meinen Musikanten-Freunden gemeinsam zu musizieren und die echte, ursprüngliche Volksmusik zu leben.

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