Der Skandal in den 60ern: Petra Schürmann liebte den Mann einer anderen
Petra Schürmann liebt den Ehemann von Marianne Koch: Im prüden Deutschland der 60er ist das ein Dreiecks-Drama. Michael Graeter enthüllte es damals in der AZ - und erinnert sich
Es war die Zeit, als der Name Freund noch ein Skandal war, unverheiratete Paare nicht in Hotel-Doppelzimmern nächtigen durften und Scheidung ein gesellschaftlicher Makel war. Dr. Gerhard Freund, schon früh graumeliert, musste aber irgendetwas haben, dass die beiden schönen Damen auf ihn flogen, Marianne Koch und Petra Schürmann.
Er war ein Feingeist, stilvoll und äußerst schlagfertig, ein bisschen Pascha. Eine übliche Arzt-Praxis hat er nie geführt, er behandelte mehr als ein Geheimarzt, dem entweder schon früher ein Vermögen zugefallen war, oder das Einkommen der Herzdame verwaltete und nicht wirklich durch eigenes Fleisch und Blut ein tägliches Leben hätte bestreiten können. Stress war ihm fremd, ein lebendes Denkmal für die Erkenntnis, dass in der Ruhe die Kraft liege. Mir verschrieb der samte Doktor mal Pillen gegen Vergesslichkeit. Bevor ich den Bonvivant näher kennen lernte, war ich auf der Jagd nach ihm.
Er stand für lange Zeit im Mittelpunkt eines der spektakulärsten Dreiecks-Dramen Deutschlands. Gerhard war hin- und hergerissen zwischen seiner Gattin, einer erfahrenen Traumfrau, und seiner jungen Geliebten, Deutschlands einziger „Miss World“, einem Fräuleinwunder, von Gott mit gutem Aussehen geküsst. Die Gratwanderung des Ladykillers brachte mir bei der Enthüllung das eigenwillige Prädikat „Baum-Journalist“ ein. Die Zeitungen überschlugen sich, als das tolldreiste Treiben am Starnberger See herauskam. Seitensprung war damals noch Sünde, wenn man so will.
Der Starnberger See blitzte blau durch das Grün, in dem ich saß – in einer Baumkrone am Straßenrand in Kempfenhausen. Es war mein Hochsitz, von dem man einen Parade-Blick auf das Haus von Petra Schürmann hatte, aber nicht gesehen wurde. Nach zwei Stunden wurde das Warten belohnt und der verheiratete Mediziner lief uns auf dem verbotenen Liebespfad vor die Flinte. Mein Fotograf Franz Hug schraubte gerade noch die Tele-Linse fest und knipste los. Dr. Freund drehte sich bei der Ankunft nochmals um, als er den Garten betrat. Dann lief er ahnungslos auf uns zu. Er war in voller Lebensgröße im Sucher.
Obwohl wir es kaum wagten, uns auf dem Ast zu bewegen, knackste plötzlich ein Ast. Ein kurzer Laut, der die ländliche Stille durchbrach. Erschrocken blickte unser Objekt der Begierde nach oben und musste Umrisse von uns im Blätterwerk entdeckt haben. Als der Doktor zu spurten begann, sprangen wir vom Baum und hechteten förmlich in unser Auto. Wir hatten unser Exklusiv-Foto und rasten nach München in die AZ-Redaktion. Hinter uns am Zaun ertönte eine wütende Schimpfkanonade. „Baum-Journalisten", war eines der harmloseren Worte, die uns der ertappte Mediziner nachrief.
Lange Zeit verlief die heiße Romanze im Verborgenen, sie dauerte 14 Jahre und man sah nur mehr eine verärgerte Marianne Koch. Petra, die vor allem Hühnersuppe gut kochen konnte, wurde schwanger. Den Vater verriet sie nicht, obwohl man es sich denken konnte, wer als Papa in Frage käme. Noch vor der Eheschließung von Gerhard Freund, kurz zuvor geschieden, und Petra Schürmann, wurde Töchterchen Alexandra geboren, die mit 34 Jahren ihr Leben lassen musste, als ein selbstmörderischer Geisterfahrer auf der A8 bei Rosenheim in ihr Auto raste. „Püppchen“ oder „Püppi“, wie das gemeinsame Kind genannt wurde, war sechs Jahre alt, als die Eltern vor das Standesamt traten. Der Trauung wurde topsecret wie ein Spionagefall behandelt. Dr. Gerhard Johannes Rudolf Freund, damals 46, betrat das Standesamt ganz allein. In der Hand trug er eine Aktentasche, im Gesicht einen falschen Schnurrbart à La Mark Spitz.
Fünf Minuten später folgten die Trauzeugen – Petras Fernseh-Kollegin Ruth Kappelsberger und Petras beste Freundin Uschi Möhlenkamp, die spätere Prinzessin von Bayern. Nach weiteren zehn Minuten erschien die elf Jahre jüngere Braut Petra Hildegard Elisabeth Schürmann bei Bürgermeister Gustl, der die Trauung vollzog. Zur Hochzeit trug die junge Mutter, jahrelang deutsche Emanzipations-Pionierin, („Den Vater meines Kindes verrate ich nicht“, ein braunes Samt-Dirndl mit roter Schürze. Der Brautstrauß bestand aus roten Moosröschen und weißen Friesen. Ruth Kappelsberger hatte die Blumen besorgt: „Wie ich Gerhard kenne, hätte er den Strauß sowieso vergessen.“ Das Hochzeits-Präsent an sie?
Petra: „Ein kostbares Limoges-Kreuz aus dem 15. Jahrhundert.“
Was Dr. Freund von ihr geschenkt bekam?
Petra lachte und sagte: „Nichts, er hat doch mich.“
Acht Tage vor dem Heiligen Abend (1973) hatte ihr Gerhard während einer Fahrt von Starnberg nach München den Heiratsantrag gemacht: „Pass auf, Petra, ich hasse Krampf. Wir kennen uns jetzt 14 Jahre, es wäre ein Krampf, wenn wir nicht heiraten.“
Neben dieser menschlichen Überlegung gab es auch noch einen anderen Grund. Petra Schürmann sah es ganz kaufmännisch: „Auch steuerlich ist es weit günstiger für uns.“
Die beiden Wohnsitze – die Schürmann besitzt in Kempfenhausen einen Bungalow, ihr Ehemann in Starnberg eine hinter Bäumen versteckte Villa mit Swimming Pool – werden nicht aufgelöst. „Das bleibt so, wie es ist. Das ist ab und zu sehr erholsam", verrät mir Petra damals, die Flitterwochen daheim vor dem Kamin und am nachbarlichen Skilift von Kreuzmöselberg verbringt und sich mit dem Gedanken trägt, auch noch kirchlich zu heiraten. Ihre Tochter Alexandra hatte keck bemängelt: „Ohne Kirche, liebe Mami, bist Du keine richtige Braut."
Die dunkelhaarige Schönheit Petra Schürmann, auch wegen ihrer symphatischen Stimme gerühmt, wurde die beliebteste TV-Sprecherin – die Joan Collins des bayerischen Fernsehens. Obwohl sie aus Mönchen-Gladbach kam, akklimatisierte sie sich erstaunlich schnell als Parade-Bayerin in München. Sie war der Saphir bei Partys von Franz Josef Strauß, mit dem sie gern lateinisch parlierte, und Außenminister Hans-Dietrich Genscher war ganz wild auf Tänze mit ihr.
Michael Graeter
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