Der König vom Tegernsee: Gefallener Sternekoch äußert sich erstmals zu den schweren Vorwürfen

Nach Schikane- und Missbrauchsvorwürfen ist der "König vom Tegernsee" freigestellt worden. Nun spricht er zum ersten Mal über all das, was passiert ist.
von  Kimberly Hagen
Erst gefeiert und in den Sterne-Olymp aufgestiegen, dann tief gefallen: Im Frühjahr 2023 sind schwere Vorwürfe gegen den Drei-Sterne-Koch Christian Jürgens laut geworden. Jetzt äußert er sich dazu.
Erst gefeiert und in den Sterne-Olymp aufgestiegen, dann tief gefallen: Im Frühjahr 2023 sind schwere Vorwürfe gegen den Drei-Sterne-Koch Christian Jürgens laut geworden. Jetzt äußert er sich dazu. © dpa

Er war der König vom Tegernsee, der Überflieger der Überfahrt, einer der wenigen Köche des Landes, dem es gelungen ist, dauerhaft nach drei Michelin-Sternen zu greifen: Christian Jürgens (56) hatte stets über viele Jahre ein Image, das so weiß war wie seine Kochschürze.

Gefallener Koch Christian Jürgens: Hinter der Sterne-Fassade ging es alles andere als himmlisch zu

Bis zum Frühjahr 2023. Damals enthüllte der "Spiegel", wie es wirklich hinter der Sterne-Fassade zuging.

Nämlich alles andere als himmlisch. Rund zwei Dutzend ehemalige Mitarbeiter des Spitzenlokals Überfahrt im gleichnamigen Althoff-Hotel in Rottach-Egern erzählten in dem Bericht, dass Christian Jürgens sie über Jahre hinweg schikaniert, belästigt (verbal und körperlich) und gedemütigt haben soll. Von Machtmissbrauch und teils sexueller Belästigung war die Rede.

Die Überfahrt: Im Mai 2023 ist Christian Jürgens hier freigestellt worden.
Die Überfahrt: Im Mai 2023 ist Christian Jürgens hier freigestellt worden. © dpa

Zum 5. Mai 2023 wurde der Drei-Sterne-Koch Jürgens, einer der besten Köche der Welt, vom Hotel freigestellt. Und seitdem?

Zunächst war Christian Jürgens abgetaucht

Zunächst war der erst gefeierte und dann gefallene Star-Koch abgetaucht. Staatsanwaltschaftliche Ermittlungen wurden zwar relativ schnell wieder eingestellt, doch der mediale und persönliche Schaden für Jürgens war immens. Jetzt hat sich der Star-Koch zu all dem geäußert, was passiert ist.

Christian Jürgens: "Druck auf die Belegschaft zu übertragen, war grundfalsch"

Der "Allgemeinen Hotel- und Gastronomie-Zeitung" (ahgz) gab Christian Jürgens sein erstes Interview nach den heftigen Vorwürfen. "Ich habe erkannt, dass meine Art, mit Druck umzugehen und diesen auf die Belegschaft zu übertragen, grundfalsch war."

Weiße Weste? Die hat Christian Jürgens nicht. Doch heute blickt er kritisch auf sein früheres Verhalten (Archivbild).
Weiße Weste? Die hat Christian Jürgens nicht. Doch heute blickt er kritisch auf sein früheres Verhalten (Archivbild). © Jan Greune/Christian Jürgens

Jürgens habe den Fehler begangen, die Warnsignale zu lange zu ignorieren und die psychischen Belastungen seiner Mitarbeiter nicht ernst genug genommen. "Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die unter meiner damaligen Art gelitten haben, möchte ich um Verzeihung bitten, auch wenn mir nicht alle diese gewähren können. Dafür habe ich Verständnis", so der dreifache Vater.

Sternekoch Jürgens: "Ich stehe für meine Fehler gerade"

Weiter meint er: "Was geschehen ist, kann ich nicht rückgängig machen. Ich muss mein Verhalten reflektieren und verändern, stehe für meine Fehler gerade und gehe damit offensiv um."

Er habe mit dem heutigen Abstand "eine Demut entwickelt": "Die Ereignisse haben mir dabei geholfen, mich und meine Arbeitsweise zu hinterfragen, eine andere Sicht auf mein Handeln zu bekommen und klarer Konsequenzen zu ziehen."

"Ich fiel quasi über Nacht ins Bodenlose"

Jürgens, der im Sommer bei den Adele-Konzerten in Riem im VIP-Bereich gekocht und bis Ende Dezember 2024 für die Kaffeerösterei Dinzler am Irschenberg als Berater gearbeitet hat, erzählt, dass er nach dem Ende in der Überfahrt erstmal den Boden unter den Füßen verloren hat:

"Ich fiel quasi über Nacht ins Bodenlose." Und: "Natürlich habe ich gehadert und war empört. Ich gebe unumwunden zu, dass diese Gefühlslage eine Zeit lang überwog, bis ich mich aus meinem Loch grub und erkannt habe, was da eigentlich geschehen war und es an der Zeit ist, dass etwas mit mir passieren muss."

Was ihm geholfen hat? "Ich hatte das große Glück, Menschen an meiner Seite zu haben, die mir – auch auf professioneller Basis – dabei geholfen haben, zu reflektieren, beruflich wie privat. Das hat meinen Blick geschärft für das, was ich ändern muss."

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