Der "böseste Mensch des Planeten" wird 50

Mike Tyson blickt auf ein halbes Jahrhundert voller Triumphe, Eskapaden und Kuriositäten zurück - eine Biografie, die man sich nicht ausdenken könnte. Dennoch: Herzlichen Glückwunsch, Bad Boy!
(dr/spot) |
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Las Vegas - Es ist eine Biografie wie aus einem schlechten Hollywood-Drehbuch. So überzogen, mit unzähligen Eskapaden und Kuriositäten gepflastert, dass man mit dem Kopf schütteln würde, wenn man es auf der Leinwand als realitätsnahe Geschichte verkauft bekommen würde. Doch das Leben von Mike Tyson mit all seinen Höhen, Tiefen und Absurditäten ist real. Jetzt feiert der "böseste Mensch des Planeten" (Zitat Mike Tyson) seinen 50. Geburtstag. Momentan in deutlich ruhigeren Gewässern, als man es vor wenigen Jahren noch geahnt hätte...

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Am 22. November 1986 ging der Stern des Ausnahmeathleten in Las Vegas auf: In der ersten Runde walzte er seinen Gegner Trevor Berbick nieder und wurde mit nur 20 Jahren und 144 Tagen der jüngste Schwergewichts-Weltmeister im Box-Zirkus. Ein Rekord der bis heute Bestand hat. Es folgten Jahre der absoluten Dominanz, in denen er seine Gegner meist nach wenigen Minuten auf die Bretter schickte.

Tyson war ein gefeierter Held auf dem ganzen Globus, galt als unbesiegbar. Er verdiente Millionen, sein härtester Gegner machte ihm aber immer mehr zu schaffen: das eigene Ich. 1990 folgte bereits der erste sportliche Rückschlag. Völlig überraschend knockte ihn James Douglas in der 10. Runde aus. Untrainiert, unkonzentriert und mit einem übermächtigen Rucksack voller privater Probleme ausgestattet.

Die heile Welt bröckelt Ende der 80er-Jahre

Zuvor verkrachte sich der aus ärmlichsten Verhältnissen stammende Tyson mit seinem Mentor und Manager, dem zwielichtigen Don King. Kurze Zeit später warf ihm seine Ehefrau Robin Givens, die ihn 1988 verließ, in der Öffentlichkeit häusliche Gewalt vor. Die Traumwelt des perfekten Sportlers begann zu bröckeln und sollte bald komplett einstürzen.

Bereits als Teenager war Tyson alles andere als ein Kind von Traurigkeit. Im Alter von 12 Jahren klickten bereits 38 Mal bei Tyson die Handschellen. Er landete schließlich in einem Heim für schwer erziehbare Kinder. Dort wurde mit ihm gearbeitet: Mit Sport sollte er von Dummheiten abgelenkt werden. Zunächst mit Erfolg, doch die Dämonen der Vergangenheit holten Tyson ein.

Wegen sexueller Belästigung und Körperverletzung wurde er schon 1987 von einer Frau vor Gericht gestellt. 1988 prügelte er sich dann auf offener Straße mit einem Ex-Gegner. Anfang der 1990er dann der Schock: Eine Miss-Black-America-Kandidatin zeigte Tyson wegen Vergewaltigung an. Im Frühjahr 1992 folgte der Richterspruch: sechs Jahre Haft. Die Karriere und das Leben des damals erst 26-jährigen Tyson schien komplett zerstört.

Steiles Comeback nach dem Knast

Nach drei Jahren Zuchthaus wurde Tyson entlassen und werkelte an seinem Comeback. Er versöhnte sich mit Don King, der versuchte seinem Schützling ein neues Image überzustülpen: Der im Knast zum Islam konvertierte Tyson sollte den Geläuterten mimen. Der Bad Boy hatte ausgedient - vorübergehend.

Knapp ein Jahr nach seiner Haftentlassung wurde Tyson tatsächlich wieder Box-Weltmeister. Zwar war vom Nimbus des Unbezwingbaren nicht mehr viel übrig - zu offensichtlich waren die körperlichen und boxerischen Defizite durch die Pause - dennoch schien er wieder oben angekommen zu sein. Doch erneut schlug er sein Werk mit brachialer Gewalt selbst ein.

Beim spektakulären Kampf gegen Evander Holyfield gingen mit ihm 1996 im Angesicht der Niederlage die Gäule durch. Er biss seinem Kontrahenten während des Kampfes ins Ohr - wie ein kleines Kind, das sich nicht mehr zu helfen weiß. Die Folge: die sofortige Disqualifikation und ein jahrelanges Berufsverbot.

Lennox Lewis zerstört die Legende

Nach einem erneuten Gefängnisaufenthalt wegen Körperverletzung durchkreuzte dann der Brite Lennox Lewis Tysons zweites Comeback. Nach einigen zweifelhaften Aufbaukämpfen ging Tyson 2002 gegen Lewis im Kampf um die Weltmeisterschaft schwer K.o. Der einstige Box-Superstar war endgültig zerstört, die Ikone vom Sockel gestürzt. Seinen letzten Kampf bestritt er drei Jahre später, fernab der großen Bühne. Natürlich verlor er ihn, ohne jegliche Chance auf den Sieg...

Nach seinem Karriereende 2005 fiel Tyson in sein bislang tiefstes Loch: Pleite, drogenabhängig und ohne Perspektive irrte er durchs Leben. Eigenen Angaben zufolge verprasste er insgesamt mehr als 500 Millionen Dollar, die er für teils wahnsinnige Dinge ausgab. So hielt er sich unter anderem einen Privatzoo, eine Brieftaubenzucht oder einen 62 Luxus-Autos umfassenden Fuhrpark.

2007 wurden auch die Suchtprobleme von Tyson immer offensichtlicher. Wegen Trunkenheit am Steuer und Kokainbesitzes verurteilte ihn ein Gericht zu einer Bewährungsstrafe. 2009 schlug auch noch das Schicksal zu, diesmal ohne sein eigenes Zutun: Seine damals 4-jährige Tochter kam bei einem tragischen Unfall ums Leben. Tyson verschwand daraufhin immer mehr in der Versenkung.

Ein Sportstar an der Schwelle des Todes

Noch 2013 gab er auf einer Pressekonferenz zu, schwerer Alkoholiker zu sein. Berichte, dass er seit 2010 trocken sei, würden nicht stimmen. "Ich stehe an der Schwelle des Todes", sagte Tyson damals. Er sei psychisch krank, kämpfe mit schlimmen Depressionen. Seit wenigen Monaten beteuert Tyson allerdings, dass er clean sei. Keine Medikamente mehr, kein Alkohol. Ob's stimmt? Das weiß nur er allein.

Zumindest finanziell scheint Tyson aber wieder in der Spur zu sein. Ende 2015 sagte er erleichtert in einem TV-Interview: "Ich bin wieder Millionär." Allerdings müsse er immer noch Reste seines zwischenzeitlich 20 Millionen Euro hohen Schuldenberges abtragen.

Seinen neuerlichen Aufwind verdankt Tyson seiner dritten Ehefrau Lakiha Spicer. Die schnappte sich seine Autobiografie "Mike Tyson - Die unbestreitbare Wahrheit" und bastelte daraus ein Theaterstück - mit nur einem einzigen Darsteller: Mike Tyson. So tourt er derzeit mit seiner eigenen Geschichte durch die USA, hatte bereits Auftritte in Las Vegas und sogar am Broadway in New York.

Ein Leben wie eine Achterbahnfahrt

Die Leute kommen in Scharen und zahlen gutes Geld, um ihrem gefallenen Star zuzuhören, wenn er von Siegen, Niederlagen, Pleiten, Skandalen und Absurditäten erzählt - wie zum Beispiel der Anekdote, dass er in seiner besten Zeit pro Woche 8.000 Dollar alleine für Handtücher ausgab. 50 Jahre wird der streitbare Boxer heute alt, der bereits ein Leben wie eine Achterbahnfahrt hinter sich hat - die zuletzt allerdings weniger wild zu werden schien. Man kann für Mike Tyson nur hoffen, dass hinter der nächsten Kurve nicht ein weiterer Abgrund lauert. Alles Gute, Iron Mike!

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