Der Berg-Meister - Reinhold Messner wird 70

Er wirkt ein bisschen wie aus der Zeit gefallen. Nicht jedoch, weil er jetzt einen hohen runden Geburtstag feiert. Sondern, weil er für das ursprüngliche, das pure Bergsteigen steht: Reinhold Messner, die lebende Legende des Alpinismus, feiert heute seinen 70. Ehrentag. Doch Messner hat noch viele weitere Talente.
Der Südtiroler mit dem Vollbart - allein diese Beschreibung reicht oft aus, um zu wissen, von wem die Rede ist: Reinhold Messner. Der umtriebige Italiener feiert heute seinen 70. Geburtstag. Buchautor, Geschäftsmann, Politiker, Extremsportler, Kulturbewahrer, Yak-Züchter, Museumsleiter, Umweltschützer - es ist nahezu unmöglich all seine Rollen zu nennen, die er in seinem bisherigen Leben ausgefüllt hat. Wir haben es dennoch versucht.
Der Extrem-Mensch
Wie die meisten Menschen ist Reinhold Andreas Messner ein Produkt seiner Umgebung - seiner Familie und der Gegend, in der er aufgewachsen ist. Geboren am 17. September 1944 in der Domstadt Brixen in Südtirol, dem deutschsprachigen Teil Norditaliens, fängt er früh mit Wandern, Bergsteigen, Klettern an. Er wächst mit acht Geschwistern inmitten der Berge Südtirols auf. Und dennoch ist er heute dafür bekannt, dass er viele Touren allein bestritten hat oder mit der Minimal-Besetzung einer Zweier-Combo. Messner lebt noch heute in Südtirol, an wechselnden Orten, dazu auch in München. Er hat vier Kinder, eines aus seiner ersten Ehe, drei weitere von seiner jetzigen Frau Nena Holguin. Messner gilt als streitbarer Kopf, durchaus sehr von sich selbst überzeugt. Ein Mann, der andere Menschen durch seine eindringliche Art gewinnen kann, mit seinen Ansichten aber auch polarisiert. So meint Messner, dass der Mensch in Extremsituationen starken Persönlichkeiten folgt. Sich selbst sieht er selbstverständlich als eine solche Führungspersönlichkeit an. Eine Liste seiner Erfolge im alpinen Bergsport oder seiner Höchstleistungen im Extremsport würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Um nur einige zu nennen: Er ist der erste Mensch, der ohne zusätzlichen Sauerstoff alle vierzehn Achttausender unseres Planeten bestieg, als Höhepunkt den Mount Everest. Dazu durchquerte er die Antarktis zu Fuß ebenso wie die Wüste Gobi. Das einschneidendste Erlebnis für Messner ist jedoch der Tod seines Bruders Günther, der bei einer Expedition am Nanga Parbat tödlich verunglückt. Um die Ursachen für das Unglück ranken sich bis heute Gerüchte und Geschichten.
Der Geschäftsmann
Ohne den Extrembergsteiger Messner gäbe es nicht den Geschäftsmann Messner. Denn heute verdient er sein Geld vor allem mit Vorträgen. Oder wie er es in einem Interview mit "Spiegel online" in seiner ihm typischen Art erklärt hat, mit den "Abfallprodukten meiner Expeditionen". Er hat weit über 30 Bücher verfasst, ist als Experte oder Redner gefragt. Für die italienischen Grünen sitzt er zudem von 1999 bis 2004 im Europaparlament. Das Ende seiner Zeit in der Politik kommt nicht ganz freiwillig, auch ein Beispiel dafür, dass er einen sehr eigenen Kopf hat. Vor allem ist Messner jedoch ein brillanter Selbstdarsteller und Verkäufer in eigener Sache. Er agiert mit dem Ziel, die Marke "Reinhold Messner" bestmöglich zu verkaufen, zu nutzen. Aus monetären Gründen, jedoch auch um seinem Südtirol zu helfen, das wahre Bergsteigen zu erklären oder die Natur zu schützen. Passend dazu hat Messner sein Büro auf Schloss Sigmundskron, einem für die Südtiroler geschichtlich bedeutenden Schloss in der Mitte der autonomen Region. Ein Teil dieses Schlosses beherbergt das "Messner Mountain Museum", welches weitere Zweigstellen mit verschiedenen thematischen Schwerpunkten an anderen Orten in Aldo Adige hat. Dort erfährt der Besucher alles über die Berge, deren Kultur, Südtirol - und natürlich Reinhold Messner selbst.
Der Idealist
Bekannt wurde er als Bergsteiger dafür, dass er nicht mit Hilfe von High-Tech die Berge bezwingen wollte, sondern nur mit dem Nötigsten die Berge erkletterte, um sie dabei bewusst wahrzunehmen. So zumindest erzählt er es noch heute. Er hat und hatte sich dem puren Alpinstil verschrieben: Ohne Fixseile, ohne Sauerstoff, oft alleine ohne dutzende Sherpas. Das steht im krassen Gegensatz zum heutigen Massentourismus im alpinen Bergsteigersport, der erstens dafür sorgt, dass ein fast jeder Mensch auf irgendeinen Achttausender geschleppt werden kann - solange er über das nötige Kleingeld verfügt. Und zweitens dem Phänomen, dass es den Leuten nur noch um Rekorde oder Bestleistungen geht, nicht mehr um das Verhältnis Berg - Mensch, das Messner immer wieder beschwört. Natürlich hatte es Messner zu seiner Zeit leichter, stellte er mit dem Erreichen bestimmter Gipfel quasi automatisch einen Rekord auf. Und davon profitiert auch er heute, siehe den Punkt Geschäftsmann. Am Anfang waren für den von ihm propagierten Purismus simple Gründe ausschlaggebend: Er hatte kein Geld für eine teure Ausrüstung. Verzicht als Lösung - eine der vielen Ideen von Reinhold Messner, dem Berg-Meister.