Das ist der Wiener Opernball
Der Wiener Opernball ist der gesellschaftliche Höhepunkt der Faschingssaison in Österreichs Hauptstadt. Mehr noch: Wien feiert sich, und die Welt darf zuschauen. Es ist ein Fest, das wienerische Lebenskultur mit internationaler Strahlkraft verbindet. Jährlich werden 12.000 Gäste in seinen Bann gezogen, wobei sich weitaus mehr wünschen, Teil dieses Spektakels zu sein.
Die CD zum Wiener Opernball finden Sie hier
Ein geschichtsträchtiges Ereignis
Seinen Anfang findet der Opernball zu Zeiten des Kaiserreichs. Damals tanzte 1814/15 der Wiener Kongress, auf den sich Europas Hochadel nach den Revolutionswirren und Napoleonischen Kriegen neu restaurierte. Tagsüber handelten die Staatsmänner die politische Zukunft aus, nach Sonnenuntergang veranstalteten Künstler der K.u.K-Hofoper Tanzabende, wie es uns der Film "Der Kongress tanzt" von 1955 mit Rudolf Prack als Zar Alexander I. und Karl Schönböck als Fürst Metternich näherbrachte. Eine Walzerhymne auf die guten, alten Zeiten.
Seit dem 11. Dezember 1877 findet der Opernball in der Staatsoper statt, freilich hieß er bis zum Ende des Ersten Weltkriegs und der Monarchie noch Hofopern-Soirée, und etliche Wiener, die noch das verstaubte abgehobene Schönbrunner Deutsch näseln, finden das immer noch viel besser. Seit 1936 heißt die Veranstaltung Wiener Opernball, und nach dem Zweiten Weltkrieg wurde 1956 erstmals wieder in der Oper getanzt. Seitdem findet der Ball (fast immer) am letzten Donnerstag im Fasching statt.
Geld und Vitamin B sind die Geheimzutaten
Wer zum Opernball nach Wien B zufüttern, denn auch auf die Beziehungen kommt es bei der Kartenverteilung an. Für 2015 sind alle Plätze restlos ausverkauft. Die Eintrittskarte kostet 250 Euro pro Person, dann hat man aber noch keinen Tisch; der billigste hoch oben im 6. Stock kostet 180 Euro, will man dem Geschehen etwas näher sein, muss man für einen Tischanteil von zwei Personen 360 Euro zahlen. Ein Tisch für vier Personen kostet 720 Euro, für sechs 1080 Euro. Das sind die Preise für das Fußvolk.
Wer was auf sich hält, mietet eine Loge. Ein Tisch in einer Bühnenloge kostet 9000 Euro, eine Einzelloge 10.200 Euro, eine Doppelloge 18.500 Euro, ebenso viel eine Rangloge. Aber dann hat man noch keinen Bissen gegessen und keinen Schluck getrunken. Ein kleines Bier gibt es für 8,50 Euro, Champagner - eigentlich das einzige adäquate Getränk - ab 32,50 Euro pro Glas. Billiger sind die Austern: drei Stück für 18 Euro, und die heißen Würstchen, die in Wien keineswegs "Wiener", sondern "Frankfurter" heißen, werden einem für zehn Euro praktisch hinterher geworfen.
Auch Fast Food wie Gulaschsuppe und Sandwiches sind im Angebot, das ist freilich nur die Atzung für arme Schlucker. Snobs - und die es so gern wären ¬ futtern deshalb vorher im benachbarten Hotel Sacher, nein, nicht die Sachertorte als Unterlage, sondern das Ball-Menü, macht 355 Euro pro Person.
Walzerkenntnisse sind dringend erwünscht
Ansonsten sind die Regeln einfach. Für die Damen sind lange, festliche Ballroben vorgeschrieben, für Herrn der Frack. Walzerkenntnisse sind dringend erwünscht, schließlich kommt man nicht nur zum Geschäftemachen und Gesehenwerden in die Staatsoper. Für den TV-Sender ORF2 werden sich ab 21:10 Uhr Mirjam Weichselbraun, Alfons Haider und Barbara Rett vom roten Teppich melden und die Stimmen der prominenten Gäste einfangen. Kommentiert wird der 59. Wiener Opernball einschließlich der Mitternachtsquadrille von den ORF-Moderatoren Karl Hohenlohe und Christoph Wagner-Trenkwit.
Sie sitzen in einem klitzekleinen Kabuff, den Bildschirm vor den Augen und bedenken die Stars und Sternchen mit launigen Bonmots. Wenn ihnen zu den Gästen nichts mehr einfällt, wird der Blumenschmuck zum Thema. Dann schwadroniert Wagner-Trenkwitz schon mal augenzwinkernd "von Samenständen bis zur Fortpflanzung, Blümchen und Bienen".
Unzählige Prominente und ein Ehrengast
Auf große internationale Stars muss der Opernball dieses Jahr leider verzichten. Dafür kann man sich auf viele bekannte Gesichter freuen. Mode-Designer Harald Glööckler und Ehemann Dieter Schroth feiern - sofern der Glööckler-Gatte rechtzeitig fit wird - sogar ihre Hochzeit in einer eigenen Loge, nachdem sie sich am Mittwoch heimlich in Berlin getraut haben. Weitere prominente Gäste sind zum Beispiel Kristina Bach, Schauspielerin Christiane Hörbiger, Andreas Gabalier und Model Larissa Marolt darf man gespannt sein.
Auf die Frage, wer denn ihr Traum-Opernball-Gast sei, antwortete Treichl-Stürgkh vor einigen Jahren gegenüber der österreichischen Nachrichtenagentur APA: "Ich würde sagen, Herzogin Kate. Die würde mir gut gefallen für den Opernball. Wenn ich mir einen Gast wünschen könnte, dann wäre es so jemand: Jung, aber doch mit Stil. Der das Moderne verkörpert, aber doch das Traditionelle nicht verlassen hat."
Als Ehrengast hat Lugner dieses Jahr die Clooney-Ex Elisabetta Canalis (70) sorgen. Der kommt wegen einer Verletzung im Rollstuhl und lädt zuvor zu einer Austern- und Champagner-Verköstigung.
Richard Lugner und seine Auserwählten
Richard Lugner ist beziehungsweise war ein bedeutender österreichischer Bauunternehmer, weswegen er in Wien "Baumeister" oder "Mörtel" genannt wird. Der greise Herr, dessen Mund stets ein kindliches Lächeln umspielt, umgibt sich gern mit jungen Damen aus der Welt des Film- und Showbiz.
In den vergangenen Jahren brachte er - gegen stattliche Honorierung - Berühmtheiten mit beachtlicher Oberweite wie Dita Von Teese, Nadja Abd del Farag, Brigitte Nielsen, Sophia Loren, Paris Hilton, Pamela Andersonn Gina-Lisa Lohfink oder - wie im vergangenen Jahr - Kim Kardashian mit. Von Elisabetta Canalis erhofft sich der Unternehmer nun einen skandalfreien Auftritt und mehr Aufmerksamkeit für seine Person.
Als 2011 die Berlusconi-Gespielin Ruby Rubacuori Gast des "alternden geilen Baumeisters" (Treichl-Stürgkh) war, glaubten viele, der gefühlte Tiefpunkt des guten Geschmacks sei nun erreicht. Da erinnerten sich einige lustvoll an Grace Jones, die Lugner 1996 zum Opernball begleitete. Das ehemalige Bond-Girl hatte, wohl beschwingt von den Walzerpirouetten, hinter dem Vorhang in Mörtels Loge einen jungen Lover vernascht, worauf "Mörtel" leutselig der Presse mitteilte: "Das war akustisch deutlich wahrnehmbar."
Der Wiener Volksmund bedient sich angesichts solcher Pikanterien eines schier unerschöpflichen Sprichwortschatzes, wie etwa: "Der Mensch is a Sau." Beim Opernball drückt man es freilich gewählter aus: "Brüderlein fein", so klingt es zum Abschied am frühen Morgen. "Brüderlein fein, Brüderlein fein, musst mir ja nicht böse sein, musst nicht traurig sein." So geht's dahin - bis zum nächsten Jahr.