„Danke, mir geht es gut“

Scheu und still: Barbara Rudnik kommt zum „Fashion Cocktail“ von Susanne Wiebe.
Als sie dann vorsichtig die Glastür öffnet, kurz lächelt, einen Schritt in die Boutique hineinsetzt, wird es für einen kurzen Augenblick still – und dann unterhalten sich die Gäste, die zu Susanne Wiebes „Fashion-Cocktail“ in die Mauritiusstraße gekommen sind, einfach weiter. So, als sei nichts geschehen.
Andererseits: Was ist denn auch geschehen? Ein paar alte Bekannte habe sie eingeladen, sagt die Modedesignerin zur Begrüßung, gute Freunde wie Manfred Kraft, Isolde Barth und Barbara Dickmann. Mit denen wolle sie einen netten Abend verbringen, nichts weiter. Und weil Barbara Rudnik und Susanne Wiebe seit Jahren eng befreundet sind, hat die Modedesignerin sie auch eingeladen. „Barbara geht es gut“, sagt Frau Wiebe, und dieser Satz verrät schon viel.
Sagt sie etwas? Lässt sie sich fotografieren?
Seit einem halben Jahr erkundigt man sich, sobald man den Namen Barbara Rudnik hört, nach ihrem Gesundheitsstand. Seit einem halben Jahr weiß die Öffentlichkeit, dass die Schauspielerin an Brustkrebs erkrankt ist. Seither schweben über jedem roten Teppich, über jede Premierenfeier unterschwellig auch solche Fragen mit: Kommt sie heute? Sagt sie was? Lässt sie sich fotografieren? An diesem Abend kann man erahnen, wie anstrengend das für die 50-Jährige sein muss.
Nein, sie mag heute keine Fotos. Sie mag einfach dasein. Sie greift sich ein Glas Wein, sie blickt unsicher umher. Einmal, als sie glaubt, sie werde heimlich fotografiert, wird sie kurz laut. Ansonsten wirkt Barbara Rudnik scheu. Sie bleibt drei Stunden, und in dieser Zeit ist sie oft still. Natürlich ist man versucht, von ihrem Schweigen auf ihren Gesundheitszustand zu schließen. Aber das sollte man nicht.
„Mir geht es gut“, sagt Barbara Rudnik, „danke der Nachfrage.“ Ihre Augen leuchten auf. Da hat man das Gefühl, es könnte stimmen. Wissen tut man es nicht.
Jan Chaberny