Chvrches: "Melancholie liegt vielleicht in unserer schottischen Natur"

Die Band Chvrches hat einen kometenhaften Aufstieg hingelegt: Schon ihr erster Song "Lies" wurde zum Netz-Hit - seit Monaten spielt sie nun in Europa und den USA vor ausverkauften Sälen.
von  (nam/spot)
Martin Doherty (li.), Lauren Mayberry und Iain Cook feiern als Chvrches Erfolge
Martin Doherty (li.), Lauren Mayberry und Iain Cook feiern als Chvrches Erfolge © Eliot Hazel/Universal Music

Die Band Chvrches hat einen kometenhaften Aufstieg hingelegt: Schon ihr erster Song "Lies" wurde zum Netz-Hit - seit Monaten spielt sie nun in Europa und den USA vor ausverkauften Sälen. Morgen erscheint ihr erstes Album. Mit spot on news spricht die Band über Melancholie, schnellen Ruhm und die erste Tour mit Depeche Mode.

Edinburgh - So schnell kann es gehen: Die schottische Band Chvrches veröffentlichte im Mai 2012 ihren allerersten Song "Lies" im Netz - und wurde über Nacht ein Geheimtipp: Ihre Mischung aus forscher 80ies-Elektronik, Sängerin Lauren Mayberrys klarer, hoher Stimme und ein wenig hintergründiger Melancholie schlug sofort ein. Der Song schaffte es in die Liste der besten Songs des Jahres des "NME" und wurde auch in Deutschland hymnisch besprochen. Seitdem spielen Chvrches in Großbritannien, den USA, Kontinentaleuropa und Australien vor ausverkauften Sälen.

Am Freitag erscheint Chvrches' Debütalbum "The Bones of What You Believe" - hier können Sie es sich pünktlich zur Veröffentlichung sichern

Das alles ist der Band aus den alten Freunden Iain Cook (38) und Martin Doherty (30) und der Sängerin Lauren Mayberry (25) noch vor dem ersten Album widerfahren: Denn erst am morgigen Freitag erscheint ihr Debüt "The Bones of What You Believe". Trotzdem wollen die Glasgower vor allem eins bleiben: bodenständig. Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news sprach Doherty über den ungewöhnlichen Sound der Band, das Wunder des schnellen Ruhms, die erste Tour mit Depeche Mode - und erzählte, warum es ihm so wichtig ist, für Fans immer ansprechbar zu sein.

Die erste Frage zielt in die Vergangenheit - wie erinnern Sie sich an die 80er Jahre?

Martin Doherty: Persönlich erinnere ich mit ziemlicher Nostalgie und Zärtlichkeit an die Zeit. Das waren die frühen Phasen meiner Kindheit, ich bin ja 1982 geboren. Und ich glaube, das Ganze hatte kulturell einen ziemlichen Einfluss auf mich, da ist viel hängen geblieben. Warum?

Weil viel über den Einfluss der 80er Jahre auf die Musik von Chvrches die Rede ist. Sehen Sie den, zum Beispiel auf dem neuen Album "The Bones of What You Believe", auch?

Doherty: Ja, das glaube ich schon. Das ist sicher ein wichtiges Element. Die Nostalgie spiegelt sich auch in den Sounds, die wir benutzen, in den Synthesizern. Wo immer möglich, versuchen wir aber die modernsten Aufnahmetechniken zu benutzen. Damit können wir Dinge tun, die damals nicht möglich waren. Die etwas aggressiveren Sounds zum Beispiel.

Und wie steht es mit der "hintergründigen Traurigkeit", von der auch oft die Rede ist?

Doherty: Naja, ich würde es eher Melancholie nennen - das passt vielleicht besser, auch wenn's nicht allzu weit von "hintergründiger Traurigkeit" entfernt ist. Wir sind alle fröhliche Leute. Aber vielleicht ist da etwas in der schottischen Natur, das so eine Melancholie in die Akkordfolgen und Melodien bringt. Wir versuchen die Fröhlichkeit und die Melancholie in unseren Songs immer auszubalancieren.

Diese Mischung ist ziemlich eingeschlagen. Alle drei Mitglieder von Chvrches haben ja schon vorher recht lange in anderen Bands gespielt - und dann war mit der ersten Internetveröffentlichung von Chvrches sofort der Erfolg da. War das eine Überraschung?

Doherty: Ja, das war eine Überraschung! Sowas haben wir nicht erwartet, wir waren alle ziemlich überwältigt - wir haben schnell realisiert, dass wir auf einmal in einer ganz neuen Situation waren. Die Menschen in unserem Umfeld haben auch sehr positiv reagiert - allerdings hatte das niemand von ihnen kommen sehen. Wir hatten nämlich niemandem so recht von dem Projekt erzählt. Wir haben das unter Verschluss gehalten, das war uns wichtig. Wir wollten nicht die ganze Zeit darüber reden, sondern vorankommen.

Sie waren in dem Jahr, die es die Band jetzt gibt, auch schon mit Depeche Mode auf Tour. Was war das für ein Erlebnis?

Doherty: Als wir auf ihre Tour eingeladen wurden, konnte ich es nicht glauben! Als uns unser Manager von dem Angebot erzählt hat, habe ich nur gesagt: "Solche Angebote tauchen mal auf und dann verschwinden sie wieder" - ich habe es wirklich nicht geglaubt, bis ich es schwarz auf weiß auf der Depeche-Mode-Homepage gesehen habe! Und ich war verdammt nervös! Denn für mich persönlich war das einer meiner schönsten Erfolge in der Musikwelt. Einfach, weil Depeche Mode für uns alle so wichtig ist! Ich habe ihre Platten gehört, seit ich fünfzehn Jahre alt war.

Mit ihren früheren Bands und Live-Projekten - zum Beispiel Aerogramme und The Unwinding Hours - waren Sie nicht wirklich in elektronischen Gefilden unterwegs. Wie sind sie denn in der Szene aufgenommen worden? Zum Beispiel beim SXSW-Festival, bei dem sich ja Indie-Größen aller Genres treffen.

Doherty: Wir haben dort leider nicht mit allzu vielen anderen Bands sprechen können. Aber in der Zeit danach haben wir einige Gruppen persönlich kennengelernt, Bands die persönliche Helden von uns sind. Das ist ein wirklich gutes Gefühl, wenn eine Band, die man jahrelang aus dem Publikum gesehen hat, vorbeikommt um Hallo zu sagen, oder auf einem Festival von der Seite der Bühne aus zuschaut. Es gibt nichts Energetisierenderes als das!

Sie touren seit einigen Monaten durch die ganze Welt. Ist der ganze Hype nicht auch anstrengend? Macht es noch Spaß, live aufzutreten?

Doherty: Wir haben eine großartige Zeit! Es ist doch ein Privileg, durch Deutschland, Australien oder die USA reisen zu dürfen, keine normale Situation. Gerade kann ich mir nicht vorstellen, dass wir des Tourens mal müde werden. Aber fragen Sie mich noch einmal, wenn wir die Songs eineinhalb Jahre lang gespielt haben - vielleicht ändert sich dann die Antwort. (lacht)

Stimmt es eigentlich, dass Sie alle Anfragen, die Fans ihnen per Mail oder Facebook schicken noch persönlich beantworten?

Doherty: Jaja, das stimmt! Das wird natürlich immer schwieriger - aber vor allem Lauren macht da wirklich einen guten Job. Sie ist eine hartnäckige Antworterin. Wir sind froh, dass wir in einer Situation sind, die es uns erlaubt, um die Welt zu touren. Aber es ist auch wichtig, nicht zu vergessen wo man herkommt und in Kontakt zu bleiben, von Mensch zu Mensch, auch über Social Media.

Das ist ein ungewöhnlicher, aber schöner Standpunkt. Sprechen sie auch auf Konzerten regelmäßig mit Fans?

Doherty: Na - das ist ziemlich verrückt! Mittlerweile warten wirklich vor der Halle Leute auf uns. Und ich glaube, es ist nur recht und billig, dass man jemandem, der in der Kälte gewartet hat, ein bisschen Zeit widmet. Ich war auch mal einer von denen, die da draußen gestanden sind. Und wenn der Künstler nett war, oder ein bisschen Anerkennung gezeigt hat, dann hat mir das viel bedeutet. Wann immer es möglich ist, machen wir das auch. Das ist verdammt wichtig!

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