Christoph Bach: "Fühlt sich der Lehrer schuldlos schuldig?"
Über seine Figur des "Lehrer Nickel" in "Finsterworld" hat spot on news mit Christoph Bach gesprochen, aber auch darüber, ab wann ihm klar war, dass es ein besonderer Film wird.
Berlin - "Finsterworld" (Kinostart: 17. Oktober) spielt in einem scheinbar aus der Zeit gefallenen Deutschland. Ein Land, in dem immer die Sonne scheint, Kinder Schuluniformen und Polizisten Bärenkostüme tragen, und Fußpfleger alten Damen selbstgebackene Kekse schenken. Jedoch lauert hinter der Schönheit dieser Parallelwelt der Abgrund, und dorthin geht die Reise. Auch die des Lehrers Nickel, der sich solche Mühe gibt und dennoch dramatisch scheitert.
Christoph Bach mag komplizierte Charaktere - "66/67 - Fairplay war gestern" gibt es hier auf DVD
Über diese Figur, die Christoph Bach in dem mehrfach ausgezeichneten Episoden-Debütfilm von Frauke Finsterwalder spielt, hat die Nachrichtenagentur spot on news mit dem 1975 geborenen Schauspieler gesprochen. Aber auch über die Vermittlung des Nationalsozialismus an eine Generation, die diese Zeit nicht erlebt hat, und darüber, ab wann ihm klar war, dass es ein besonderer Film wird.
Herr Bach, das Thema Nationalsozialismus spielt im Film eine Rolle. Warum wird es so anders aufgegriffen?
Christoph Bach: In meiner Episode geht es vor allem um den Versuch der Vermittlung des Nationalsozialismus an eine Generation, die diese Zeit nicht erlebt hat. Erstaunlicherweise ist es im deutschen Film immer noch eher selten, das zu erzählen.
Der Film hat schon einige Preise bekommen. Haben Sie beim Drehen gemerkt, dass es etwas Besonderes wird?
Bach: Schon die erste Lektüre des Drehbuches war ein bisschen so, wie ich mir die Sichtung eines Ufos vorstelle: Es ist wunderschön und faszinierend, aber vielleicht nicht ungefährlich. Wir sehen ja ein Märchen oder eine Traumwelt, die aber gespeist ist von Erinnerungen, Erfahrungen und Dialogfetzen, die uns allen bekannt vorkommen. Mir gefällt dabei, dass man nicht an die Hand genommen wird. Man ist alleine mit diesen Geschichten.
Der Film ist auch ein tolles Porträt von Außenseitern.
Bach: Ja, oder von Figuren, denen es sehr schwer fällt, miteinander in Kontakt zu treten. Sie unternehmen zumindest große Umwege dabei. Nähe erscheint als ein ersehnter, aber auch gefürchteter Zustand. Sich anderen zu öffnen, heißt ja auch sich selbst zu begegnen. Hoffentlich mit allem Schönen, aber eben auch allem Zugeschütteten, allen Abgründen.
Das Böse, wenn man es so nennen will, gewinnt in einigen Episoden, wie zum Beispiel auch in Ihrer Rolle des Lehrers Nickel.
Bach: Wir haben uns Lehrer Nickel immer als einen Mann mit den besten Absichten vorgestellt. Er will seine Schüler um jeden Preis erreichen, sie mit der deutschen Geschichte konfrontieren. Der Schluss ist insofern offen, als man sich fragen kann, was er denkt: Fühlt er sich ungerecht behandelt, ist er empört? Oder quälen ihn eher Gewissensbisse, weil er in seiner Vermittlung gescheitert ist? Fühlt er sich schuldlos schuldig?
In "Finsterworld" gibt es einige Fetische. Was halten Sie denn von der Geschichte des Fußpflegers?
Bach: Möglicherweise wird nach dem Film mancher Zuschauer selbstgebackenen Keksen eher misstrauisch begegnen (lacht). Davon abgesehen, finde ich, ist es eine wundervolle Liebesgeschichte, die sich nicht um Konventionen schert.
Sollte man in einer Beziehung zu einem Fetisch stehen oder sollte man das mit sich selbst ausmachen?
Bach: Ich glaube nicht, dass es da ein richtig oder falsch gibt. Mir gefällt sehr, dass in dieser Geschichte, das Zarte und das Verstörende so nah beieinander liegt. In einer großen Liebe ist das immer der Fall.
- Themen: