Caroline Peters: "Ich bin nirgendwo zu Hause"

In der neuen Staffel "Mord mit Aussicht" wird es für Sophie Haas alias Caroline Peters wieder turbulent. Dass Haas trotzdem immer noch mit dem trägen Landleben hadert, kann ihre Darstellerin Peters gut nachvollziehen - obwohl die 42-Jährige sich eigentlich nirgendwo zu Hause fühlt. Warum das so ist, verriet sie im Interview.
(jic/spot) |
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Caroline Peters alias Sophie Haas tut sich immer noch schwer auf dem Land
ARD/Jens van Zoest Caroline Peters alias Sophie Haas tut sich immer noch schwer auf dem Land

Die zweite Staffel von "Mord mit Aussicht" sollte in einem klassischen Happy-End gipfeln. Doch der Traumhochzeit von Sophie Haas (Caroline Peters) kam eine Verfolgungsjagd dazwischen - die Braut rannte mitsamt den Gästen aus dem Standesamt und einer Juwelendiebin hinterher. Genau an diesem Punkt knüpfen nun die neuen Folgen (ab 9. September, 20:15 Uhr im Ersten) an. Vor allem wird es auch in der neuen Staffel natürlich wieder darum gehen, wie die resolute Kommissarin mit dem nervenaufreibend beschaulichen Leben auf dem Land umgeht und mit ihrem schrulligen Team dem unorganisierten Verbrechen von Hengasch das Handwerk legt.

Was bisher geschah: Die ersten zwei Staffeln "Mord mit Aussicht" gibt's in dieser DVD-Sammelbox

Dass es mit Sophies Hochzeit vorerst nichts geworden ist, dürfte ihrer Darstellerin Caroline Peters (42) wohl wenig ausmachen. Viel zu großen Spaß macht es ihr, eine Frauenfigur jenseits häuslicher Stereotypen zu spielen. Mit der Nachrichtenagentur spot on news sprach die leidenschaftliche Theaterschauspielerin über die Wichtigkeit von Unabhängigkeit, über Heimatgefühle und warum sie nach so vielen Jahren immer noch Lampenfieber hat.

 

Sophie Haas hadert immer noch mit der Trägheit von Hengasch. Sie sind in den Großstädten Wien und Berlin zu Hause. Wie würde es Ihnen ergehen, wenn Sie von einem Tag auf den anderen in ein kleines Kaff ziehen müssten?

 

Caroline Peters: Wenn ich dort wirklich leben und arbeiten müsste, dann würde es mir ganz ähnlich gehen. Mir liegt ein höheres Tempo tatsächlich mehr. Privat hat sich mir die Frage nie gestellt, da mein Beruf natürlich mit Städten verbunden ist; auf dem Land gibt es ja weder Theater noch Fernsehgesellschaften. Das Leben auf dem Dorf ist wirklich eine Gemeinschaftssache, und von außen in eine Gemeinschaft reinzukommen heißt ja auch immer, erst einmal jahrelang ein bisschen als Außenstehende bezeichnet zu werden, was auch keine angenehme Rolle ist.

 

Als Deutsche in Wien erleben Sie aber doch vielleicht manchmal Ähnliches. Wird man da nicht auch häufig als Zugereiste behandelt?

 

Peters: Im täglichen Leben in der Stadt wird man auf jeden Fall sehr oft darauf aufmerksam gemacht, dass man eben Deutsche ist und nicht alle Österreicher den Deutschen freundlich gesonnen sind. Aber als Theaterschauspielerin habe ich sehr viel mit anderen Deutschen und Theaterleuten zu tun, und da spielt das keine Rolle. Die Österreicher, mit denen ich befreundet bin, sind alle sehr offen und weltgewandt. Aber ich spüre schon oft, dass ich im Ausland lebe.

 

Ist Wien also eher nicht die Stadt, ihn der Sie sich zu Hause fühlen?

 

Peters: Ich fühle mich eigentlich grundsätzlich nirgendwo so richtig zu Hause. Ich habe in den letzten Jahren aufgehört, mir die Frage nach dem zu Hause zu stellen, und seitdem fühle ich mich überall wohl, wo ich gerade bin. Heimatgefühle verbinde ich heute mit ganz anderen Dingen. Ich habe zum Beispiel am ehesten Heimatgefühle gegenüber Berlin, obwohl ich da am seltensten bin. Ich habe dort sehr viele Angehörige, und meine Mutter und Großeltern kommen von dort. Deswegen habe ich das Gefühl, das diese Stadt und wie sie sich in den Jahren verändert hat ein Teil meiner Herkunft und meiner Familie ist, obwohl das gar nicht meiner persönlichen Erfahrung entspricht. Aber ich habe das Gefühl, dass Heimat dort ist, wo man seinen Ursprung findet, und für mich und meine Familie hat der etwas sehr Berlinerisches.

 

Zwischen Stadt und Dorfgemeinde steckt auch immer die Diskrepanz zwischen Anonymität und einer Gemeinschaft, in der sich jeder kennt. Fühlen Sie sich in einem anonymeren Umfeld wohler?

 

Peters: Ja, auf jeden Fall. Mit Anonymität verbinde ich, dass man in einer Großstadt lebt und dort sehr viele Leute sehr gut kennt, aber nicht auf Schritt und Tritt jeden kennt. Das fände ich total anstrengend. Diese Vorstellung, dass die Leute um einen alles sehen und mitkriegen, was man tut, ist schon hart. Dafür sind Menschen nicht gemacht.

 

Wenn Sie Sophie Haas im wahren Leben begegnen würden, würden Sie sich gut verstehen?

 

Peters: Ich glaube, ich fände sie ein bisschen übergriffig. Mir wäre es zu anstrengend, mit der zusammen zu sein. Mit ihr gäbe es immer auch Kompetenzgerangel, weil sie ja gerne den Ton angibt. Und ich glaube, wir würden uns in Sachen Männer in die Wolle kriegen, weil wir den gleichen Männertypus gut finden.

 

Was würden Sie denn an ihr mögen?

 

Peters: Ich würde total gerne mal mit ihr Autofahren. Sie hat ein sehr geiles Auto, das ich auch gerne hätte. Bei einem Roadtrip wäre bestimmt auf sie Verlass. Sie ist auch sehr schlagfertig, das bin ich zum Beispiel eher nicht. Deswegen habe ich gerne Menschen in meiner Umgebung, die sehr schlagfertig sind und lustige Sachen sagen.

 

Sophie Haas ist ja nun keine Frau, die nach dem Mann für's Leben sucht und von einer Hochzeit in Weiß träumt. Sie sind auch nicht verheiratet. Hat Sie das an der Figur gereizt?

 

Peters: Ich habe tatsächlich den Wunsch, so eine Frauenfigur zu erzählen. Und da draußen gibt es doch tausende von Frauen, die auch mal sehen wollen, wie Frauen denn noch dargestellt werden, und was sie denn in unserer Gesellschaft noch sein können als halbtags berufstätige Mütter. Die wollen auch mal jemanden sehen, mit dem sie sich identifizieren können. Die Meisten sind ja um Einiges vielfältiger als diese bestimmten Stereotypen, auf die alles runtergebrochen wird. Deswegen bin ich schon sehr interessiert daran, einen eigenen Typus zu kreieren und die Figur vor einer Zähmung der Widerspenstigen zu schützen. Ich finde, Sophie Haas repräsentiert einen guten Frauentypus, der unabhängig ist, seinen Beruf sehr liebt und eben nicht denkt, dass das größte Heil für eine Frau in einem guten Privatleben liegt.

 

Wie wichtig ist Ihnen persönlich Unabhängigkeit?

 

Peters: Einen gewissen Unabhängigkeits- und Freiheitsdrang habe ich auf jeden Fall. In meinem Dasein spiegelt sich das natürlich nicht so wider: Ich bin fest am Burgtheater in Wien angestellt, bin seit sieben Jahren bei der gleichen Serie. Das ist ja nun nicht besonders unabhängig. Aber ich versuche trotzdem, mir bei der Arbeit eine gewisse Unabhängigkeit im Geiste zu bewahren. Wenn sich meine Wünsche nicht mehr mit denen meiner Redaktion oder Produktion deckt, muss ich eben andere Kollaborateure finden. Diese Freiheit kann ich mir hoffentlich so lange wie möglich bewahren; Freiheit muss man sich ja auch leisten können.

 

Sie machen ja alles: Theater, Kino und Fernsehen. Wenn Sie nur noch eines davon machen dürften, wofür würden Sie sich entscheiden?

 

Peters: Never give up Rock'n'roll: Das Theater würde ich doch als Letztes aufgeben. Aber ich liebe es einfach, Geschichten zu erzählen, ob das nun ein Kinofilm, eine Fernsehserie oder ein Theaterstück ist. Ich stehe einfach auf Geschichten. Auch wenn das in den 1990ern, in denen ich als Schauspielerin und Künstlerin aufgewachsen bin, total altmodisch war, weil die Postmoderne über alles hereinbrach: Ich find's geil.

 

Ist Lampenfieber nach so vielen Jahren am Theater noch ein Thema?

 

Peters: Oh ja, das wird sogar leider schlimmer. Das haben mir früher als Anfängerin schon immer die älteren Schauspieler erzählt. Ich wollte das gar nicht glauben, aber es ist wirklich so. Keine Ahnung, woher das kommt. Vielleicht wachsen die eigenen Ansprüche, oder der Druck von außen wird größer. Es ist und bleibt ein Phänomen.

 

Woher kommt der Wille, einen Beruf weiter auszuüben, mit dem soviel Angst verbunden ist?

 

Peters: Es ist immer schon ein ganz großer Motor von mir gewesen, bestimmte starke Ängste zu überwinden. Das generiert für mich auch sehr viel Energie und Lebensfreude, weil es nichts Schöneres gibt, als eine Angst hinter sich zu haben. Das lässt einen fliegen! Ich hoffe, dass mich das bis ins hohe Alter immer wieder reizen und zu Sachen antreiben wird.

 

Und beim Theater gibt's am Schluss natürlich auch Applaus.

 

Peters: Den gibt es auch. Aber vor allem das eigene Gefühl, dass man etwas geschafft hat, was man sich selbst nicht zugetraut hat, ist etwas unbezahlbar Schönes.

 

Sie sind früher gerne mal gegen den Strom geschwommen und auf Demos gegangen. Steckt dieses Rebellische auch heute noch in Ihnen?

 

Peters: In meiner Jugend schwamm man ja eher mit dem Strom, wenn man auf Demos ging, weil das ja alle gemacht haben. Aber ich habe vielleicht tatsächlich ein bisschen etwas Kämpferisches in mir. Ich beharre gerne mal auf meiner Meinung, selbst, wenn sie gegen die von allen anderen geht. Das hat ja auch etwas Stures, und es ist auch nicht immer angebracht. Denn man hat ja leider nicht immer recht.

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