Boris Becker im Gefängnis bedroht: "Ich habe so gezittert"

Rund siebeneinhalb Monate saß Boris Becker in Großbritannien in Haft. Nun erzählt er ausführlich darüber, wie er dort hinkam - und was er dort erlebte.
von  AZ/dpa
Boris Becker erzählt im Interview ausführlich von seiner Zeit in Haft.
Boris Becker erzählt im Interview ausführlich von seiner Zeit in Haft. © SAT.1/Nadine Rupp

Tennis-Star Boris Becker hat sich wenige Tage nach seiner Haftentlassung öffentlich zu seiner Schuld bekannt. "Natürlich war ich schuldig", sagte der 55-Jährige in einem am Dienstagabend ausgestrahlten Interview beim Sender Sat.1. Boris Becker zeigte sich selbstkritisch. "Vielleicht habe ich nicht genügend Reue gezeigt im Zeugenstand", sagte er. Seine Anwälte hätten alles versucht, sein "Leben zu retten". Er sei beraten worden, was er auszusagen habe und was nicht. "Es hätte besser laufen können - aber es hätte auch viel schlechter laufen können."

Der aus dem baden-württembergischen Leimen stammende Becker war Ende April von einem Gericht in London zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden, weil er Teile seines Vermögens in seinem Insolvenzverfahren nicht ordnungsgemäß angegeben hatte. Er war am Donnerstag - nach 231 Tagen hinter Gittern - freigekommen.

Becker sagte, er habe in 4 Punkten - von 29, die ihm ursprünglich vorgeworfen worden waren - vor Gericht verloren. "Und gerad beim vierten Punkt - als ich Gelder von meinem Firmenkonto genommen habe - hat mich die Jury in London schuldig gesehen." Hinzu seien drei weitere Punkte gekommen - etwa, dass er sein Haus in Leimen, in dem seine Mutter lebt, vor seinem Insolvenzverwalter geheim gehalten habe.

Boris Becker: zwei lebensgefährliche Situationen in Haft

Nach eigenen Worten hat er in Haft zwei lebensgefährliche Situationen erlebt. Im Londoner Gefängnis Wandsworth, in dem Becker die ersten Wochen nach seiner Verurteilung verbrachte, habe ihn ein Mithäftling erpressen wollen. Der "wollte aber an meine Kohle", sagte der 55-Jährige in einem am Dienstagabend ausgestrahlten Exklusiv-Interview mit Sat.1. Andere Mitgefangene hätten ihn vor dem Mann beschützt, der wegen mehrfachen Mordes bereits 25 Jahre hinter Gittern gesessen habe.

Auch im Gefängnis Huntercombe westlich der britischen Hauptstadt, wo Becker den Großteil seiner rund siebeneinhalb Monate langen Haft verbrachte, habe ihn ein Mitinsasse bedroht. "Ich habe so gezittert", schilderte Becker den Moment. "Der wollte mir an die Wäsche und hat mir auch verbal erklärt, was er mit mir machen will." Er sei aber so gut vernetzt gewesen, dass zahlreiche andere Gefangene ihm zu Hilfe geeilt seien. Am nächsten Tag habe sich dann der Mann vor ihm auf den Boden geworfen und entschuldigt. Becker habe ihn hochgezogen und umarmt, erzählte der einstige Ausnahmesportler unter Tränen.

Becker, der deutlich schlanker aussah als noch vor der Haft, berichtete von Hungergefühlen während seines Gefängnisaufenthalts. "Ich hab natürlich sehr viel Gewicht verloren", sagte er in dem Gespräch mit Moderator Steven Gätjen. "Ich bin mit 97 Kilo ins Gefängnis gekommen und hatte dann mal knapp 90 Kilo."

Boris Becker zu Freundin: "Du musst nicht auf mich warten"

Becker fügte hinzu: "Ich hab zum ersten Mal in meinem Leben Hunger gefühlt, also bin hungrig ins Bett gegangen. Ich dachte, dass ich mit 54 Jahren schon alles erlebt habe, aber das war neu." Im Gefängnis habe er keinen Alkohol getrunken, nicht geraucht und wochen- oder vielleicht auch monatelang sehr wenig gegessen. "Also meiner Gesundheit tat der Gefängnisaufenthalt sicherlich gut." Mittlerweile seien aber wieder ein paar Kilo dazu gekommen. Zu einem Fotovergleich mit Aufnahmen von vor und nach der Haft sagte Becker: "Es ist der gleiche Mensch, aber es sind zwei verschiedene Leben."

Becker versuchte sich demonstrativ gefasst zu geben. Als die Sprache auf seine Partnerin Lilian kam, die am Rande des Studios saß, wurden seine Augen aber feucht. Der Tag seiner Verurteilung am 29. April sei ihr Geburtstag gewesen. Er habe seiner Partnerin offen gesagt: "Meine Liebe, Du musst nicht auf mich warten. Du bist eine junge Frau, du stehst auf eigenen Füßen in der Welt, du bist finanziell unabhängig, ich weiß nicht wie lange ich ins Gefängnis muss", sagte Becker. "Dann hat sie mich umarmt und gesagt: "Red nicht so einen Scheiß, wir schaffen das zusammen!"", berichtete Becker weiter, sichtlich um Fassung bemüht. Dann seien sie am nächsten Morgen ins Taxi gestiegen, "sind zum Gericht gefahren und waren bereit für alles."

Vor dem Richterspruch habe er auch noch ausführlich mit seinen Kindern gesprochen. Sohn Noah begleitete ihn wie Lilian beim Urteil ins Gericht. Der Ex-Tennisstar gab in dem Interview meist lange Antworten. Immer wieder trank er aus einem Glas.

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