Bescherung für 69,90 Euro
Florian Langenscheidt und 250 Zuhörer auf der Suche nach dem verlorenen Glück.
1 360250 Münchner hatten das Glück, nicht dabei zu sein. Ich hatte das Glück, in der heißen Aufschreibzone rund um den Bischofssitz von Reinhard Marx im Bankenviertel der Innenstadt ohne Strafzettel nach Hause zu kommen und zählte zu den 250 interessierten Besuchern, die beim „Focus-Forum: Die Erfolgsmacher“ im Maximilianssaal der HypoVereinsbank das sagenumwobene „Glück“ zu erforschen.
Der Gastgeber war freundlich und bemüht, schließlich kostete es Eintritt. Von einem intellektuell anmutenden Abend war man überirdisch entfernt. Protagonist Florian Langenscheidt, der die Welt als Philosophie-Professor bedrohen wollte, trat als Aufklärer auf und fokussierte: Warum ist Glück so schwer zu erlangen? Sowohl Ort wie Redner waren keine ideale Besetzung, weil sie beide im Moment nicht sehr davon bestrahlt sind. Allerdings bewies das Opfern von 69,90 Euro pro Nase, das das smarte Publikum stillschweigend brachte, dass die Bankenkrise noch gar nicht ihr Ende gefunden hat.
Der lockige Langenscheidt, der wie ein Dozent an der Volkshochschule agierte, kann nicht unbedingt aus der Schule plaudern, nachdem er gerade von einer größeren Familien-Expansion von sich Reden machte. Seine bezahlte Ansprache dauerte fast so lang wie ein Spielfilm. Als Wach-Mittel hielten zwei Mitstreiter aus der ersten Reihe her, der Psychologe Ralph Schicha und die Paralympics-Sportlerin Claudia Biene.
Langenscheidts Vortrag war mit Zitaten von allen Großen dieser Welt voll gestopft wie ein Nikolaus-Sack. Bei der Aussage: „Glück lebt vom Unglück“ muss er wohl an zu Hause gedacht haben. Wie ein deutscher Politiker benutzte er viele Worte, ohne was zu sagen. Er versuchte ziemlich hilflos das Glück zu strukturieren oder zu gliedern und baute gefühlte sieben Mal den Titel seines neuesten Buches in den Vortrag ein. Es sei das einzige Buch – pries er an – bei dessen Kauf man in der Lobby des Vortragssaals ein Gratisgetränk dazu bekommt.
Dem verhalten dasitzenden Publikum versuchte er auch noch weis zu machen, dass Alfred Nobel das Dynamit erfunden hat. Dabei weiß doch jedes Kind, dass es die Chinesen waren und es dem Stifter des Nobelpreises nur durch Zufall gelang, den leicht explodierenden, vom Zünder getrennten Stoff gefahrlos transportfähig zu machen. Florian Langenscheidt hat das Glück, ein Erbe zu sein.
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Noch ein Wörterbuch-Nachfahre – von exotischer Schönheit – war an dem Abend unterwegs. Khadija Brockhaus aus dem Clan des Nachschlagewerk-Verlags, die in Schwabing eine kleine Bar betreibt, zählte zu den namhaften Vernissage-Besuchern in der Residenz-Post, wo Roger Fritz, der Maler mit der Kamera, unbekannte Motive präsentierte.
Er hatte – weil wir gerade beim Thema sind – großes Glück. Schon nach kurzer Zeit klebten an vielen seiner Bilder rote Punkte, das Kennzeichen für „verkauft“. Henkel-Erbin Netty Gehrig, durch ihre Bauleidenschaft wieder vermehrt in München, kaufte sich die elfenartige Komposition „Lidogirls im Wald“ für 2800 Euro. Lady Brockhaus sicherte sich ein Marokko-Motiv.
Sascha Wolff, smarter Sohn von Helga Lehner und ZDF-Förster Christian Wolff, mit seinem 130köpfigen Internet-Clan erschienen, trank zusammen mit Figaro Gerhard Meir samt Ehemann und Ex-DJ und Maler Theo Crash (heißt jetzt Fledermaus, weil er zu Bett geht, wenn andere aufstehen) Weißwein. Es gab nichts anderes, auch Roger Fritz, der sich sonst nur an Wodka-Orange hält, blieb davon nicht verschont.
Michael Graeter
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