Berlusconi: Hat er das Schweigen von Frauen erkauft?

Rom - Bunga-Bunga und kein Ende. Wie immer es auch um die körperliche Befindlichkeit von Silvio Berlusconi (78) bestellt sein mag - Bunga-Bunga wird ihm allemal zugetraut. Zumindest: Ein bisschen was geht immer (noch). Diese Überzeugung treibt auch drei Mailänder Untersuchungsrichter an, die seit Jahren ihr ganzes Tun und Streben den amourösen Spielen Berlusconis gewidmet haben. Bunga-Bunga von Amts wegen.
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Die Juristen, so die "Süddeutsche Zeitung", ermitteln "in der Affäre, dem nunmehr dritten Dossier im sogenannten Ruby-Gate, der halbseidenen und weltweit verhandelten Saga aus dem Sittenkeller des früheren Ministerpräsidenten Italiens." Es geht nach wie vor um den Vorwurf des Geschlechtsverkehrs mit minderjährigen Prostituierte und Amtsmissbrauch. In der zweiten Instanz wurde Berlusconi freigesprochen und entging somit einer siebenjährigen Haftstrafe. 21 junge Damen hatten ihre Klagen zurückgezogen und zu seinen Gunsten ausgesagt.
Dritte Instanz entscheidet im März
Nun glauben Staatsanwälte und Untersuchungsrichter, dass der skandalumwitterte "Cavaliere" diese Zeugenaussagen gekauft hat. Im März soll Italiens höchstes Gericht den Fall in dritter Instanz entscheiden.
Inwieweit der Begriff "Bunga-Bunga" juristisch definiert wird, ist bislang noch ein Amtsgeheimnis. Die lautmalerische Deutung spricht für sich. Berlusconi selbst hat einer jungen Dame von einem faszinierenden "Ritus" in Muammar al-Gaddafis "afrikanischem Harem" vorgeschwärmt. Ein andermal beschrieb er mit Bunga-Bunga eine "angebliche Angewohnheit des Hausherrn von Arcore, nach dem traditionellen Abendessen schöne Frauen und interessierte Gäste zu einer Art erotischem Dessert ins Séparée einzuladen..." In Arcore steht Berlusconis palastartiger Hauptwohnsitz.
Sabina Began, eine (nun ja) Schauspielerin mit deutschen und bosnischen Wurzeln, reklamiert die Urheberschaft für das Bunga-Bunga-Spiel für sich. Bunga-Bunga sei nämlich ihr Spitzname, außerdem habe sie die erotischen Partys im Hause Berlusconi organisiert. Der "Cavaliere" habe Signora Began, die in Italien "Bienenkönigin" genannt wird, regelrecht "verhext", zumindest "bis zu einem gewissen Grad. Es war magisch. Er hat mich verrückt gemacht. Dank ihm habe ich mich als Frau gefühlt, zum ersten Mal in meinem Leben", so wird sie im französischen Magazin "Paris Match" zitiert.
Es wird eng für Silvio
Mit den neuen Ermittlungen der Mailänder Justiz könnte es noch mal eng werden für Berlusconi. Laut Nachrichtenagentur Ansa hat die Staatsanwaltschaft die Wohnungen von 21 Frauen durchsuchen lassen, die an den "Bunga-Bunga"-Partys in der Villa "Cavaliere" teilgenommen haben sollen. Die Ermittler sind davon überzeugt, dass Berlusconi und seine Anwälte die Zeugen systematisch bestochen haben. Wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, soll Berlusconi zunächst allen 21 Frauen je 25.000 Euro für ihre Falschaussagen bezahlt haben. Außerdem soll der 78-Jährige ihnen auch mietfreie Wohnungen zur Verfügung gestellt haben.
Einige von ihnen leben in Luxusvillen in der Nähe von Mailand, auf jeweils 400 Quadratmeter Wohnfläche. Das wundert die Ermittler ein wenig, denn nur wenige der 21 Zeuginnen gehen einer geregelten Arbeit als Tänzerin oder TV-Showgirl nach. Die Prozesse um ihre Bunga-Bunga-Betätigungen haben offensichtlich ihre Berufschancen geschmälert. Berlusconi selbst hatte wiederholt der italienischen Justiz vorgeworfen, sie treibe diese Frauen in den Ruin. Also fühle er sich zu karitativen Leistungen verpflichtet - ein Akt mehr seiner uneingeschränkten Solidarität mit den Minderbemittelten des Landes.
Giuseppe Spinelli, der langjährige Buchhalter Berlusconis, kümmert sich um das Wohlergehen der aparten Schützlinge des "Cavaliere", deswegen nennen die Damen ihn auch "Bankomat". Spinelli wurde vor kurzem stundenlang von der Polizei verhört; er gibt Zahlungen zu und sagt, es handele sich dabei um "Geschenke. Ich gehe aber nie über 5.000 Euro." Höhere Beträge müsse der Chef persönlich genehmigen.
Zahnpflegerin zu Haft verurteilt
Eine andere Berlusconi-Vertraute ist seine ehemalige Zahnpflegerin Nicole Minetti. Sie wurde im vergangenen November zu drei Jahren Haft verurteilt, weil sie für den TV-Unternehmer junge Frauen "beschafft" und dafür ein "Gehalt" von monatlich 15.000 Euro vom Ex-Premier erhalten haben soll, stellten die Mailänder Ermittler laut der Tageszeitung "La Repubblica" fest.
Nicole Minetti hatte Berlusconi auch die 17-jährige Marokkanerin Karima El Mahroug, die als "Ruby" eine Weltberühmtheit wurde, zugeführt. Dabei wurde nie so recht klar, ob sich bei dieser Geschichte ein machtvoller Greis mit einer jungen exotischen Frau verlustiert oder ein leicht debiler Sugar Daddy der weiblichen Jugend seine Aufwartung machte. Dass ihn Ruby "Papi" nannte und er sie "Herzensdiebin", machte die Affäre nicht appetitlicher. Doch immer wenn es juristisch brenzlig für Berlusconi wurde, sagte sie zu seinen Gunsten aus.
Mittlerweile ist Ruby 22 Jahre alt und eine barock blühende Schönheit mit einem Hang zur üppigen Selbstdarstellung. Sie hat einen Freund, eine kleine Tochter und lebt in Genua. Und das nicht schlecht, denn bei Ruby ist offenbar der Wohlstand ausgebrochen. Die Justizbehörden haben ermittelt, dass der Lebenspartner schon mal ein teures Motorrad von ihr bekommt und Freundinnen Luxushandtaschen, die mehrere tausend Euro kosten. Für die Geburtsfeier ihres Kindes spendierte sie 7.000 Euro, und wenn Ruby des Öfteren im 150 Kilometer entfernten Mailand zu tun hat, pflegt sie ein Taxi zu nehmen. Hin und zurück.
Luxusurlaub auf den Malediven
Das Blatt "La Stampa" berichtete von einem Luxusurlaub auf den Malediven, bei dem Ruby und ihr Freund für neun Tage Aufenthalt 69.000 Euro ausgegeben haben. Da fragt sich nicht nur die italienische Justiz: Woher hat sie so viel Geld? Laut "Süddeutscher Zeitung" habe mittlerweile die Polizei Hinweise, dass Ruby am Telefon von Berlusconi-Zuwendungen in Höhe von fünf Millionen Euro gesprochen hat.
Viel Pinke-Pinke für Bunga-Bunga.