Barbara Meier spricht über Zukunftsängste: "Es bricht einem das Herz"

Mit ihrem Sieg bei "Germany's Next Topmodel" 2007 wurde Barbara Meier (38) über Nacht berühmt. Inzwischen ist sie als Model, Schauspielerin, Designerin und Unternehmerin erfolgreich. Ihre Popularität setzt sie aber nicht nur für Selbstvermarktungszwecke ein, sie kämpft auch für eine bessere Umwelt und den Schutz der Natur. Warum ihr das so wichtig ist und wie sie ihre Kinder für die Zukunft vorbereitet – der AZ stand die sympathische 38-Jährige Rede und Antwort.
Barbara Meier setzt sich für Nachhaltigkeit ein: "Umweltschutz von meinen Eltern mitbekommen"
AZ: Als Person des öffentlichen Lebens setzen Sie sich sehr aktiv für Nachhaltigkeit und Umweltschutz ein. Warum ist Ihnen persönlich dieses Thema so wichtig?
BARBARA MEIER: Ich bin in einer kleinen Stadt sehr naturnah aufgewachsen und habe die Wichtigkeit von Umweltschutz als einen Grundwert von meinen Eltern mitbekommen. Aber nicht, weil sie es mir immer wieder "gepredigt" haben, sondern weil sie es mir vorgelebt haben. Es war ganz normal, dass wir nichts gekauft haben, dass unnötig oft in Plastik eingepackt war, oder dass wir viel mit öffentlichen Verkehrsmitteln gefahren sind, kein Essen verschwendet wurde, etc..
Wie gehen Sie beruflich damit um?
In meinem Job, der zum Beispiel leider viel Reisen beinhaltet, musste ich diese nachhaltigen Gedanken wieder "neu lernen" bzw. Möglichkeiten finden, sie in meinem neuen Alltag umzusetzen. Dabei hatte ich immer die Philosophie, dass es besser ist, sich ständig Schritt für Schritt zu verbessern und immer wieder neue kreative Lösungen zu finden, als dass man versucht, von Anfang an 100 Prozent perfekt zu sein. Dieses Ziel erreicht man nämlich leider so gut wie nie und dann bleibt außer Frustration nicht viel übrig. Wenn man aber Schritt für Schritt geht, kann man über jedes kleine Zwischenziel stolz sein. Und wenn 80 Millionen Menschen einen Schritt gehen, haben wir schon gemeinsam einiges erreicht. Dann kommt der nächste und der nächste.
Missstände in der Modebranche: Barbara Meier spricht Klartext
Seit Ihrem Sieg bei "Germany's Next Topmodel" 2007 sind Sie als Model viel unterwegs. Wie haben Sie den Aspekt Umweltschutz in der internationalen Modebranche wahrgenommen?
Als ich begonnen habe, in der Modebranche zu arbeiten, war Nachhaltigkeit eigentlich so gut wie kein Thema. Mir war auch sehr lange Zeit nicht bewusst, wie "dreckig" die Textilbranche eigentlich ist (sie ist die zweit-umweltverschmutzendste Industrie der Welt!). Und ich wusste nicht, wie katastrophal die Arbeitsbedingungen für Millionen Näherinnen sind, die teilweise unter sklavenartigen Bedingungen arbeiten und leben und am Ende des Monats dennoch nicht genug Geld zum Leben haben. Über solche Missstände wurde in der Branche nie gesprochen.
Wie ist Ihnen das bewusst geworden?
Mich hat unser ehemaliger Entwicklungsminister Dr. Gerd Müller auf einige dieser Missstände hingewiesen und mir die Augen dafür geöffnet. Ab da wurde mir klar, dass ich mich aktiv für Fair Fashion einsetzen möchte. Aus unserem ersten Austausch wurde eine tolle Zusammenarbeit und als Botschafterin des Entwicklungsministeriums für Fair Fashion durfte ich sehr viel lernen und auch helfen, dass man endlich Lösungen für diese furchtbaren Produktionsbedingungen sucht.
"Wir müssen Kleidung als Wertprodukt und nicht als Wegwerfprodukt sehen"
Mit "Greenline X" haben Sie mit Trachten Angermaier nachhaltige Dirndl auf den Markt gebracht. Was unterscheidet die Kollektion von anderen Marken?
Bei uns ist jedes Teil der Dirndl nachhaltig produziert und zertifiziert. Nicht nur die Stoffe, sondern jeder Faden, jeder Knopf, jede Schleife. Das war im Designprozess natürlich nicht so leicht, weil man in der Auswahl der "Zutaten" doch sehr eingeschränkt ist. Aber gerade diese Herausforderung fand ich sehr spannend und bin sehr stolz, dass wir es am Ende geschafft haben, dass wir wunderschöne Dirndl produzieren konnten. Denn ich finde, nachhaltige Kleidung sollte genauso schön sein, wie "normale". Außerdem finde ich immer, dass Qualität und Langlebigkeit ein wichtiger Aspekt von Nachhaltigkeit ist. Wir müssen Kleidung wieder als Wertprodukt und nicht als Wegwerfprodukt sehen.

Es gibt das Vorurteil, dass umweltbewusstes und nachhaltiges Leben mit höheren Kosten verbunden und damit elitär sei. Wie sehen Sie das?
Bis zu einem gewissen Punkt ist das bestimmt wahr, denn nachhaltige Produktion ist meist leider etwas teurer, als wenn man die billigsten und giftigsten Stoffe aus Asien benutzt, die von Menschen oder gar Kindern für einen Hungerlohn produziert werden. Da muss sich noch sehr viel ändern.
Wie kann man das ändern?
Zum Glück gibt es immer wieder Initiativen, die beweisen, dass es auch anders gehen kann: Ich hatte zum Beispiel mit Lidl eine Grüne-Knopf-zertifizierte Kollektion, wo wir auch preislich sicherstellen wollten, dass Nachhaltigkeit für jeden erlebbar wird. Das hat natürlich auch dank der Größe von Lidl funktioniert. Ein kleines Startup-Label kann leider zu solchen Konditionen nicht herstellen. Aber ich finde, dass jeder seinen Beitrag zu Nachhaltigkeit leisten kann. Menschen mit hohem Einkommen haben eventuell mehr Möglichkeiten, aber auch Verantwortungen, einen Beitrag zu leisten. Aber auch mit kleinem Budget kann man zum Beispiel Secondhand kaufen oder Kleidung tauschen. Das ist günstiger und nachhaltiger als neu zu kaufen. Was man auf keinen Fall tun sollte, ist die Ultra Fast Fashion aus fernen Ländern zu unterstützen.
Prägender Moment für Barbara Meier: "Tränen in den Augen"
Sie setzen sich als WWF-Botschafterin für das Projekt "Geisternetze" ein. Was haben Sie bei Ihren Einsätzen bereits erlebt?
Ich durfte mit Spezialisten in der Ostsee tauchen. Es war sehr, sehr kalt, dunkel und trüb. Und als ich dann auf dem Meeresboden ankam, habe ich große Mengen an alten Fischernetzen gesehen. Aus der Theorie kannte ich dieses Problem ja. Aber es dann live zu sehen, war schon sehr schockierend. So ein wunderschöner und faszinierender Lebensraum wie das Meer auf der einen Seite und dann ein Berg Müll von uns Menschen auf der anderen Seite. Das war schon sehr verstörend.
Gab es einen Moment, der Sie besonders geprägt hat?
Während einem Urlaub haben mein Mann und ich gemeinsam mit Einheimischen einmal eine Schildkröte von alten Fischernetzen befreit, die fast nicht mehr schwimmen konnte. Die Menge des Plastiks, das sie mit jeder Schwimmbewegung mit sich ziehen musste, war so groß, dass man Tränen in den Augen hatte, wenn man sich das angeschaut hat. Geschätzt landen jedes Jahr 10 Millionen Tonnen (!) Plastik im Meer.
Setzt sich die deutsche Politik Ihrer Meinung nach genug für die Umwelt ein?
Ich glaube, dass es entschiedene Maßnahmen zumindest auf europäischer Ebene, (idealerweise natürlich weltweit) bräuchte.
So schön es ist, wenn Deutschland versucht, alleine Dinge umzusetzen, sind wir am Ende des Tages einfach "zu klein", um wirklich signifikante Änderungen herbeizuführen. Und es darf auch nicht passieren, dass durch zu viele Auflagen die Deutsche Wirtschaft leidet und stirbt. Denn mit einer kaputten Wirtschaft kann man weder neue nachhaltige Innovationen auf den Markt bringen, noch kann man positiven Einfluss auf andere Länder nehmen. Und natürlich wäre es ein absolut abschreckendes Signal für alle anderen Länder und keiner würde die nachhaltigen Ideen von uns übernehmen. Es ist ein wirklich schmaler Grat, auf dem Politiker hier balancieren müssen. Ich hoffe sehr, dass sich die Politiker in der EU Ihrer Verantwortung bewusst sind und dieser hoffentlich sehr zeitnah nachkommen. Nicht mit unnötigen Auflagen, sondern mit echten Lösungen.
So integriert Barbara Meier Nachhaltigkeit und Umweltschutz in ihren Alltag
Wie setzen Sie Nachhaltigkeit und Umweltschutz in Ihrem Privatleben um? Haben Sie Tipps, wie man das in seinen Alltag integrieren kann?
Ich mache natürlich die Dinge, von denen mittlerweile glaube ich jeder weiß, dass sie wichtig sind: Müll trennen, auf Plastik verzichten, wo es geht, das Auto öfter stehen lassen und öffentlich fahren, auf fair produzierte Waren achten, nur Dinge kaufen, die man wirklich braucht, kein Coffee-to-go, etc. Das sind Kleinigkeiten, aber dennoch ist es wichtig, dass das jeder macht. Darüber hinaus hat jeder Mensch ganz individuell Möglichkeiten, wie er einen Beitrag leisten kann.
Ihre Töchter sind noch relativ jung. Wie wollen Sie sie zukünftig für das Thema Nachhaltigkeit und Umweltschutz begeistern?
Ich glaube, das Wichtigste ist, ihnen solche Werte und Verhalten von Anfang an vorzuleben und in den Familienalltag zu integrieren. Kinder lernen ja durch Nachahmung. Darüber hinaus zeige ich Ihnen viele Dinge in der Natur, damit sie diese wertschätzen können und auch wissen, was wir beschützen müssen! Zum Glück gibt es jetzt auch schon sehr viele tolle Bücher zum Thema Umweltschutz und Kinder lernen schon sehr früh, wie wichtig das ist. Marie-Therese möchte zum Beispiel im Frühling mit mir in den Wald gehen, um dort Müll zu sammeln. Das hat sie in einem Buch gesehen und möchte das jetzt auch machen. Das freut mich natürlich sehr zu sehen, dass sie dafür ein Bewusstsein entwickelt und hinschaut anstatt zum Beispiel Müll in der Natur zu übersehen.
Mit Blick auf die internationale Umweltlage weltweit scheint es nicht sonderlich gut um den Schutz zu stehen. Haben Sie manchmal Angst vor der Zukunft?
Ja. Gerade als Mutter sieht man glaube ich nochmal sorgenvoller in die Zukunft, weil das ja die Welt ist, in der meine Kinder leben werden. Und natürlich: Momentan sieht alles ziemlich hoffnungslos aus, denn viele große Staaten leugnen entweder die Wichtigkeit der Natur oder fokussieren sich nur auf ihren eigenen Profit. Es bricht einem das Herz, wenn man sieht, wie viel Regenwald täglich verbrannt und abgeholzt wird, wie viel neues Plastik produziert und für absolut sinnlose Produkte verwendet wird, wie riesengroß die Müllberge an Land und im Wasser schon sind.
Haben Sie noch Hoffnung?
Am Ende des Tages glaube ich immer noch daran, dass die Menschen tief in ihrem Herzen gut sind und vor allem, dass wir klug sind. Wir werden Technologien und Möglichkeiten finden, unseren Lebensraum zu beschützen. Wir haben in der Evolution schon so viele andere Dinge geschafft. Aber: Wir müssen gemeinsam am gleichen Strang ziehen und endlich aufhören einander zu bekämpfen.