AZ-Interview mit Andreas Gabalier: "Kunst ist auch, nicht nur die Kunst zu leben"
Eilig hatte er es immer schon. Andreas Gabalier kam während einer Autofahrt in Kärnten zur Welt - vielleicht erklärt das ein bisserl sein Leben auf der Überholspur: Der Österreicher (31, "I sing a Liad für di", "Hulapalu") bricht seit Jahren alle Rekorde. Heimst Platin ein, füllt Stadien, lässt die Mädelsherzen höher schlagen. Jetzt zeigt sich der Alpen-Elvis und Volks-Rock’n’Roller von der ruhigen Seite. Am 25. November erscheint sein "MTV Unplugged"-Album.
AZ: Servus, Herr Gabalier, wie fühlt es sich an, als erster Österreicher überhaupt bei MTV Unplugged dabei zu sein?
ANDREAS GABALIER: Das fühlt sich wahnsinnig ehrwürdig an. Ein paar Herrschaften von MTV haben mich auf der Berliner Waldbühne vor anderthalb Jahren gesehen, fanden das schräg anders, was ich da so mache und kamen auf mich zu.
Auf dem Unpluggend-Album hört man vor allem Ihre sensiblere, leisere Seite – ist das der wahre Andreas Gabalier?
Ich habe eine große stille und in mich gekehrte Seite, bin aber auch Stimmungskanone, laut und Vollgas. Einen Moment bitte, der Zimmerservice fragt grad nach... ja, das Steak bitte englisch, des muss richtig bluten, und den Spargel am liebsten mit Butterkrümeln . . . So, da bin ich wieder.
Hört sich gut an, Ihr Mittagessen.
Ja, mir geht’s hier sehr gut. Das sind die Momente an einem vollgepackten Tag, wo ich es mir auch mal gut gehen lasse. Die Zeit ist ja eh sehr turbulent, ständig auf Zack, die vielen Stadien...
...wer oder was erdet Sie?
Mein altes Leben. Im Ausgleich bin ich eben in mich gekehrt. Zum Beispiel beim Sport, draußen in der Natur, Fitnessstudios sind nix für mich, es sei denn im Hotel, aber sonst zieht es mich immer raus auf die Berge, zum Mountainbiken, Skifahren und so. Meine alten Freunde, meine Familie – das ist zusätzlich enorm wichtig.
Sie drohen also nicht, abzuheben?
Naaa. Ich ruhe in mir, bin echt ausgeglichen, wie es so heißt. Ich trink gern mit meinen Brüdern ein paar Bier, schaue Fußball, normale Sachen eben, die ich sehr genieße.
Viele Popstars fallen in ein Loch, wenn das Publikum plötzlich weg ist und sie abends allein im Hotel sitzen.
Echt? Das ist schade. Ich liebe diesen schönen Ausgleich, lasse mir dann eine Badewanne ein und entspanne mich.
Wie schaffen Sie es, den vielen Groupies zu widerstehen?
Ich habe ja stets dicke Hirschlederne an, der eiserne Hirsch wacht und passt auf. Eine Art Keuschheitsgürtel.
Zuletzt fielen Sie durch, nennen wir es Macho-Sprüche, auf. Wurden Sie nur missverstanden oder sind Sie extrem konservativ?
Mag sein, dass ich mich missverständlich ausgedrückt habe. Aber irgendwie bietet gerade alles, was ich so von mir gebe, Zündstoff. Mei. Ich steh dazu, dass ich es gut finde, wenn Frauen nach der Geburt daheim bleiben und das Kind großziehen. Wer lieber arbeiten gehen will, soll das bitte tun. Aber meine Meinung schaut anders aus. Ich habe es selbst so erlebt und fand es prima so.
Wie viel Hausfrau steckt in Ihnen?
Ich bin selbstverständlich eine gute Hausfrau.
Sie kochen?
Das ist nicht gerade meine Stärke, aber dafür bin ich der Jausenmeister. Brotzeiten kann ich. Sonst esse ich gern, Silvia (Schneider, Moderatorin und Gabaliers Freundin, Anm. d. Red.) kocht gern. Eine perfekte Aufteilung. Dafür kann ich gut saugen und das Auto waschen.
Sie werden nächsten Montag 32 – denkt man da verstärkt an die Familienplanung?
Das ist gerade noch sehr weit weg. Manche Sachen brauchen Zeit, das ist bei mir wie mit dem Berliner Flughafen, der wird auch nie fertig.
Wenn Sie wie der Berliner Flughafen sind, werden Sie wohl nie heiraten und Kinder haben...
(lacht)...wahrscheinlich. Aber so ist gerade das Gefühl in mir. Wenn ich mal frei habe, wie heute Abend, gehe ich zum Wrestling. Das liebe ich. Nicht gerade sehr kinderfreundlich.
Wie feiern Sie Ihren Geburtstag – große Party oder romantisch mit der Liebsten?
Ich weiß es noch nicht. Vielleicht in Toronto.
Warum dort?
Da findet ein großer Wrestling-Kampf statt, vielleicht schenke ich mir das selbst zum Geburtstag. Seit meiner Kindheit bin ich Wrestling-Fan.
Und wer darf mit? Sylvia?
Die spielt lieber mit Barbies, wie alle Mädels.
Achtung, Macho-Gefahr!
Ich mein das ja nicht bös.
Gibt’s den privaten Andi eigentlich auch mal unrasiert und ohne Lederhosn?
Freilich. Es tut gut, unfrisiert zu sein, einen Dreitagebart zu tragen. Ich lauf dann rum, wie Gott mich schuf.
Bitte?
Eine Unterhose trag ich vielleicht grad noch.
Sie sind daheim immer nackt?
Ich bin halt so ein hitziger Typ.
"Ich brauche kein Designer-Zeug
Auch im Winter?
Klar. Wenn’s mich mal frieren sollte, hau ich einen Scheitel mehr in den Ofen.
Was ist Glück für Sie?
Glück ist Zufriedenheit. Leider kann das heute kaum mehr jemand sein. Viele Leute, eigentlich die meisten, die ich kenne, sind immer unzufrieden. Selbst wenn der liebe Gott ihnen das Glück in die Wiege gelegt hat. Ich könnte mir so viel kaufen, aber ich tu’s nicht, weil ich es nicht brauch. Ich würde mich dann nicht besser fühlen. Also lass ich das. Es ist wichtig, dankbar zu sein und sich auf Dinge Freude zu können. Gesundheit ist auch Glück. Jede Woche hör ich von ekelhaften Krankheiten, die Menschen bekommen, da bin ich doch froh, wie gut es mir geht.
Was machen Sie mit Ihrem vielen Geld?
Nichts Spektakuläres. Das kommt auf die Bank. Ich hab nicht mal einen Sportwagen, obwohl ich einen schon ganz gern hätte.
Warum kaufen Sie sich keinen?
Ich glaube, das kommt eher ungut an. Das wäre nicht sooo cool. Ich habe einen alten Ford Mustang, an dem ich gern rumbastel.
Was ist Luxus?
Teure Sachen nicht. Ich brauch kein Designer-Zeug. Frei zu haben, daheim zu sein, nach sieben Jahren nonstop on Tour im Sommer zu sagen: Ich bin dann mal weg.
Welche Laster haben Sie?
Ich gehe sehr gerne fort – und wenn ich fort bin, geh ich ungern wieder heim. Ich trink gern paar Glaserl, mag den Roten sehr gern, den Weißen auch. Ich bin ein Weinbeißer, kein Trinker. Auch wenn sich das jetzt Alkohol-verherrlichend anhört, aber das Trinken ist doch die letzte Form der Gesellschaftspflege. Ich sitze gerne jemandem Gegenüber, schaue in die Augen und nicht ins Handy wie der Rest der Welt. Das finde ich wirklich traurig.
Menschen, die zusammen fortgehen, schauen immerzu nur in ihre Handys rein, fehlt noch, dass sie sich übers Handy austauschen, obwohl sie nebeneinander sitzen. Dann wird alles fotografiert, das Essen, jeder Moment, alles. Aber es wird nicht mehr erlebt. Ich sag: Lass uns einen heben gehen und das Handy interessiert mich dann nicht.
Wie viel muss man trinken, um auf einen Titel wie Hulapalu zu kommen?
(lacht) Das hat mir vor sehr langer Zeit mal ein Mädel ins Ohr geflüstert: „So schnell wird das fei nix zwischen uns mit dem Hulapalu.“ Sie sollte recht behalten, ich dachte nur: Was ist Hulapula?
Hulapalu hat sogar ein Leben gerettet. Ihr Hit bewahrte einen Suizidgefährdeten vorm Selbstmord.
Ja, das hat mich echt umgehauen. Wahnsinn. Mehr kann man nicht erreichen.
Viele belächeln Sie, aber spätestens auf der Wiesn oder beim Après-Ski grölen dann alle lautstark mit. Ärgert Sie das?
Kunst ist auch, nicht nur die Kunst zu leben.
Warum wollten Sie nicht auf der Wiesn auftreten?
Ich glaub, das ist da nicht so witzig. Nur 80 Dezibel sind erlaubt, es gibt keine Stehplätze – ich geh lieber ins Olympiastadion.
Haben Sie manchmal noch Lampenfieber?
Ja, sicher. Allerdings ist es mehr Vorfreude. Ich trink vorher mit meinen Spezln zwei Bier, ganz entspannt und kann dann kraftgeballt auf die Bühne gehen. Wie ein Hero-Turtle (eine kämpfende Comic-Schildkröte, Anm. d. Red.).
Ihr Traum-Duett-Partner?
Bryan Adams oder Tina Turner. Das wär’s. Danach kann ich wieder alleine weiterjodeln.
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