August von Finck wird 80: Der schwarze Baron

August von Finck, Bankier mit 9 Nullen vor dem Komma, wird am Donnerstag 80. Wegen seiner vielen Domizile weiß er oft selbst nicht, wo er gerade ist. Michael Graeter begibt sich auf Spurensuche
Der Baron, mit geschätzten 10 Milliarden Euro Vermögen einer der reichsten Männer der Welt, genießt es, unerkannt durch München zu spazieren. Keine Bodyguards umwieseln ihn, womit sich Berliner Politiker oder eine norddeutsche Spinat-Vorkosterin gern wichtig machen. Kein Aktentaschenträger folgt in demütiger Haltung, wie einst Stoiber bei Franz Josef Strauß. Der hochgewachsene Herr mit den freundlichen Augen, der am Donnerstag seinen 80. Geburtstag mit seiner Familie feiert, bedient sich in der Öffentlichkeit keiner aufwändigen Entourage wie früher Konzernherr Dr. Friedrich Karl Flick. Selbst seinen Hubschrauber steuert er meist selber. Da er wegen seiner vielen Domizile oft selbst nicht weiß, wo er sich gerade aufhält, zelebriert er das Fest in Raten – Schwerpunkt sind sein Schweizer Schloss Weinfelden im Kanton Thurgau und Schloss Seeseiten am Starnberger See. Überall gibt es Heli-Landeplätze.
In der Stilart, wie er den Geldfluss bewegt, erinnert der superleise Multimilliardär, der mit FJS befreundet war und politisch ähnlich stürmisch ist, etwas an FK, dem zu Lebzeiten Spenden mehr zu schaffen machten als Finck. Jüngst geriet Gustl aus der Anonymität ins gleißende Sezier-Licht wegen einer Wohltat in Millionenhöhe an so verarmte Parteien wie die FDP. Schon pickte der leer ausgegangene politische Gegner heraus, warum die Gelben Geld bekamen. Sie hatten mit dem Gesetz zur so genannten Wachstumsbeschleunigung die Mehrwertsteuer-Senkung von 19 auf sieben Prozent bei Hotels durch Bundestag und Bundesrat gepeitscht. Finck besitzt allein unter dem Markenzeichen „Mövenpick“ 17 Hotels in Deutschland und 134 in Europa, im Nahen- und Mittleren Osten, in Afrika und Asien. Die Behauptung einer Belohnung für die FDP oder die Skandal-Vorwürfe der Grünen wies der silbergraue Baron zynisch zurück: „Wir haben schon letztes Jahr gezahlt. Die Senkung kam erst in diesem Jahr. Karl Marx sagte schon: Erst das Geld, dann die Ware". Bereits in den 90ern geriet der Baron mit seinem Sponsering in die Schlagzeilen. Damals unterstützte er im Kampf gegen den Euro den Rechtspopulisten Manfred Brunner, bayerischer Ex-FDP-Landesvorsitzender, mit einer Millionen-Summe.
In München gibt sich der Baron als Einzelgänger wie du und ich. Er geht gern in Restaurants mit bayerischer Küche und lässt sein üppig sprießendes Haar alle sechs Wochen bei einem x-beliebigen Friseur kennedykurz stutzen. Genau so diskret kauft Gustl seine Garderobe bei Ermengildo Zegna in den „Fünf Höfen“ oder in Zürichs feiner Bahnhofstrasse.
Seine 80 sieht man ihn nicht an. Der rege Finanz-Tycoonist ist unbestritten noch der Clan-Chef, obwohl er das operative Geschäft an seine Söhne August François und Luitpold Ferdinand übertragen hat. Bei großen Entscheidungen spricht der Vater das Machtwort. Den Wohnsitz haben Don August und seine charmante Frau Francine, geborene Le Tanneux de Saint Paul, längst in die Schweiz verlegt. In München verfügen sie über großzügige Wohnungen, darunter eine Luxus-Dependance oberhalb der „Vereinigten Werkstätten“ in der feudalen Briennerstraße. In der weiß-blauen Metropole mehrt er seine Immobilien mit der gleichen Intension wie die katholische Kirche. Da besteht geradezu ein ständiger Wettlauf zwischen dem Klerus und dem Bankier. Wer zuerst am Objekt ist, schlägt zu. Am Promenadeplatz gehört ihm eine ganze Häuserzeile, in der auch der Frauen-Flüsterer Gerhard Meir seine Verschönerungs-Oase betreibt.
Der bayerische Immoblien-Reichtum war früher noch größer, als der schwarze Baron „Löwenbräu“ kaufte, und den wie bei jeder gesunden Münchner Brauerei einverleibten Immobilien-Schatz heraustrennte und veräußerte. Somit erhielt der Finanz-Fuchs, der jetzt in Zürich den Schweizer Geldsäcken das Fürchten lehrt (er kontrolliert den Maschinenbauer Von Roll, hat Beteiligungen an Alusuisse-Lonza und am Mischkonzern Oerlikon-Bührle), die Traditionsbrauerei als „Geschenk“. Wer Fincks oft überraschende Aktien-Schachzüge mitbekam, war nie schlecht beraten. Vor 20 Jahren verkaufte von Finck, dem die Isar-Amper-Werke gehören, sein Münchner Bankhaus „Merck Finck & Co“ für geschätzte 300 Millionen Euro an das englische Bankhaus „Barclay“. Das Gebäude des Geldinstituts am Maximilianplatz gab er aber nicht her.
Wenn Reben- oder Gerstensaft Gustls fast preußisches Auftreten entschärfen, kann es passieren, dass der Bankier, der Bauer werden wollte und begeisterter Jäger ist, einen wie mich brüderlich umarmt. Bei (Schul-)Festen haben er und seine Frau Sinn für Maskerade und waren als Clowns verkleidet im Münchner „Hilton“ nicht zu erkennen. Als Mäzen zeigt der Mann, der neun Nullen vor dem Komma hat, ein großes Herz. So nahm er seinen Vornamens-Vetter, den Intendanten August Everding, beim kulturellen Pflegefall „Prinzregententheater“ in die totale Schweigepflicht. Herr von Finck spendet, will aber damit nicht kokettieren.
Michael Graeter