Ann-Kathrin Kramer: "Kaum aus der Schule, kurz vorm ersten Burnout"

Hellblaue Augen, blonde lange Haare, freundliches Gesicht. Hinter dieser scheinbar so harmlosen Fassade steckt ein gesellschaftskritisches Wesen: Schauspielerin Ann-Kathrin Kramer unterstützt das "Generationen-Manifest".
von  (ili/stk/spot)

Hellblaue Augen, blonde lange Haare, freundliches Gesicht. Hinter dieser scheinbar so harmlosen Fassade steckt ein gesellschaftskritisches Wesen: Schauspielerin Ann-Kathrin Kramer unterstützt das "Generationen-Manifest". Sie erklärt spot on news warum und was das überhaupt ist.

Am Sonntag ist Bundestagswahl, trotzdem wissen viele immer noch nicht, wem sie ihre Stimme geben sollen. Auch Ann-Kathrin Kramer (47, "Ich trag dich bis ans Ende der Welt") geht es mehr um Themen als um Parteien oder Personen. Grund genug für die Schauspielerin, sich gemeinsam mit ihrem Mann und Kollegen Harald Krassnitzer (52, ORF-"Tatort") für das "Generationen-Manifest" von den Initiatoren Claudia Langer und Prof. Peter Hennecke einzusetzen. Hierin geht es um die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Themen, die vielen unter den Nägeln brennen.

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100.000 Unterschriften sollen es werden. Diese sollen dann samt den "Warnungen" und "Forderungen" den Gewinnern der Wahl übergeben werden. Über den Sinn dahinter und die Inhalte des Manifests spricht die gebürtige Wuppertalerin mit der Nachrichtenagentur spot on news.

Frau Kramer, gehen Sie wählen?

Ann-Kathrin Kramer: Ja, natürlich! Ich finde es auch sehr wichtig, wählen zu gehen. Und selbst wenn man nicht wüsste, was man wählen sollte, müsste man wenigstens hingehen und den Wahlzettel durchstreichen. Gar nicht zu gehen, empfinde ich als dekadent, weil eine parlamentarische Demokratie ja durchaus eine Errungenschaft ist.

Was halten Sie von einer Wahlpflicht?

Kramer: Ich bin kein Freund von immer mehr Verpflichtungen. In diesem Fall wäre es auch der falsche Ansatz. Viel schöner ist doch, dass wir das Angebot wahrnehmen dürfen.

Warum wird diese große Errungenschaft nicht mehr ausreichend geschätzt, warum ist die Wahlbeteiligung so gering?

Kramer: Genau diese Frage war die Motivation für das "Generationen-Manifest". Denn grundsätzlich kann ich die Wahlmüden verstehen. Auch ich bin der Ansicht, dass es in der momentanen Situation fast egal ist, wer die Wahl gewinnt. Es wird dasselbe passieren, weil sich alle den scheinbaren Gegebenheiten beugen.

In diesem Zusammenhang stellt das "Generationen-Manifest" einfache Fragen. Welche denn zum Beispiel?

Kramer: Warum dauert das mit der Energiewende so lange? Gewichtige Stimmen sagen dann gerne schwarzmalende Scheinwahrheiten wie "So einfach ist das nicht, da muss man erst das und das machen..." oder "Der Strom wird dann ganz teuer..." Das Manifest lässt sich davon aber nicht beeindrucken und fragt einfach trotzdem: Warum sollen sich Wirtschaft und Ökologie ausschließen? Warum wird uns immer erzählt, dass es alternativlos so gemacht werden muss, wie wir es jetzt machen?

Wer hatte denn die Idee dazu?

Kramer: Die Hauptinitiatorin ist Claudia Langer, eine sehr umtriebige Person, die wahrscheinlich unter anderem auch als Mutter von drei Kindern auf diese Idee kam. Sie sieht sich aber auch als Teil der "Man müsste mal"-Generation, wie sie sie in ihrem Buch nennt. Sie meint damit, dass wir wissen, worauf es hinausläuft und trotzdem nichts ändern. Das fängt beim Thema Klimaerwärmung an. Wir fahren trotzdem noch dicke Autos, obwohl die Technik längst imstande wäre, vernünftigere Autos herzustellen. Bezahlbar sind sie aber nicht, der Lobbyisten sei Dank.

Das geht ja vor allem auch auf Kosten der folgenden Generationen. Sie haben auch einen Sohn. Haben Sie das Gefühl, dass die Jugend diese Angst auch empfindet?

Kramer: Es gibt schon eine stärkere Angst der nachwachsenden Generationen, zum Beispiel einen Job zu bekommen, mit dem man dann vielleicht auch mal eine Familie ernähren kann. Oder die Angst, dass man hinten runterfällt, wenn mein keinen lückenlosen Lebenslauf hat. Während wir, als wir 18 wurden oder die Schule verlassen haben, das Gefühl hatten, die Welt gehört uns, gilt ein Jahr im Ausland heute nicht mehr als Erfahrungen sammeln, wenn man keinen Schein oder Abschluss dafür bekommt. Kaum aus der Schule, sind viele heute schon kurz vor ihrem ersten Burnout... Das hat in jedem Fall damit zu tun, wie die ältere Generation die Welt gestaltet hat.

Einige der Forderungen kann man ja auch im Kleinen umsetzen. Haben Sie ein paar Tipps?

Kramer: Keine Geländelimousine in der Stadt fahren. Wichtig ist auch was man einkauft, wo man einkauft. Lässt man die Heizung an, wenn man das Fenster aufmacht? Jeder kann in seinem Umfeld etwas machen und auch bestimmen, wie viel er machen möchte. Interessant dabei ist die Frage, ob ich mich als Teil einer Gemeinschaft empfinde, die etwas ändern kann.

Beispiel Stuttgarter Bahnhof?

Kramer: Ja, genau. Da ist in Deutschland etwas passiert, was schon lange nicht mehr passiert ist. Generationenübergreifend haben sich die Menschen gegen etwas gestellt, weil nicht immer alles noch größer, weiter, effektiver werden muss. Es ging darum, etwas ins Verhältnis zu stellen: Stehen die gefühlten sieben Minuten, die man schneller an einem anderen Ort ist, im Verhältnis zu dem Geld, das da verpulvert wird?

In Stuttgart war Schauspieler Walter Sittler immer vorne mit dabei. Neben Ihnen und Ihrem Mann Harald Krassnitzer haben sich noch viele andere Prominente mit dem "Generationen-Manifest" für nachhaltige Politik ausgesprochen. Wie wichtig ist es, dass sich Prominente dafür einsetzen?

Kramer: Am besten wäre natürlich, es wäre ganz egal, wer es ist, aber so ist es ja nicht. Tatsächlich ist es so, dass viele Menschen eher zuhören, wenn es jemand ist, mit dem sie sich verbunden fühlen oder dem sie vertrauen. Ein solches Engagement hat einfach eine größere Außenwirkung. Trotzdem zählt jede einzelne Unterschrift gleich viel.

Haben Sie eigentlich Ihren Mann von der Aktion überzeugt, oder war es andersherum?

Kramer: Wir waren uns da sehr schnell einig.

Was gefällt Ihnen besonders gut an der Aktion?

Kramer: Dass sich jeder angesprochen fühlen kann, ganz egal bei welcher Partei er sich zuhause fühlt. Es geht einzig um die Sache und eine freie Auseinandersetzung mit den jeweiligen Themen. Es ist eine Diskussionsgrundlage. Eine Einladung, Politik aktiv mitzugestalten!

Ist das Manifest als eine Art überparteiliche Handlungsanleitung zu verstehen?

Kramer: Ja, es soll am Schluss an die neue Regierungspartei und alle im Bundestag vertretenen Parteien übergeben werden.

Über 78.000 Unterschriften sind bereits für das Manifest zusammengekommen, 100.000 sollen es bis zum Sonntag noch werden. Ist das machbar?

Kramer: Ja, das ist machbar - aber natürlich auch, weil ich es mir wünsche. Wenn sich Menschen zusammentun, haben sie eine unheimlich große Energie

Wie kann man mitmachen?

Kramer: Einfach bei Facebook liken oder auf generationenmanifest.de unterschreiben. Dort steht übrigens auch, wo man auf reale Menschen treffen kann, falls man erst noch ein paar Fragen hat.

Was würden Sie Frau Merkel und Herrn Steinbrück gerne mit auf den Weg geben?

Kramer: In allem, was sie tun, sollen sie die Nachhaltigkeit nicht aus den Augen verlieren. Ich bin sicher, wenn Nachhaltigkeit wichtiger ist als Wachstum und wirtschaftlicher Erfolg, dann sind plötzlich ganz andere Lösungen möglich.

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