Alice Munro: Meisterin der 30 Seiten
Auf wenig Platz Geschichten aus dem Leben erzählen, ist eine Herausforderung. Alice Munro hat sie zu ihrer Spezialdisziplin gemacht und dafür den Literaturnobelpreis 2013 verliehen bekommen.
Stockholm - Ein 3.000-Menschen-Dorf am Ufer des Lake Huron, im Südwesten von Ontario in Kanada. Nicht gerade der Ort, wo man eine Nobelpreisträgerin vermuten würde. Seit Donnerstag ist Alice Munro (82), die hier immer noch in dem Haus wohnt, in dem ihr Mann schon seine Kindheit verbrachte, Trägerin des Literaturnobelpreises. Sie hat einen literarischen Trend geschaffen.
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Zwar träumte die in Ontario geborene Munro bereits als Kind davon, Schriftstellerin zu werden. Ihr erstes Buch erschien allerdings erst, als sie 40 Jahre alt war. Sie selber kokettiert gerne mit dem Bild einer Hausfrau, die nebenbei schreibt. Die eine Hand tippte, die andere kümmerte sich um ihre Töchter. Und wo andere Autoren 800-Seiten-Wälzer gebären, schreibt Munro Kurzgeschichten, meist so um die 30 Seiten.
In ihren zwölf Sammelbänden bringt Munro alles zu Papier, was Menschen in ihrem Leben so passiert. Zur "Zeit" sagte sie einmal: "Ich will nur eine Geschichte erzählen, in einer altmodischen Art - eben was jemandem passiert, und dieses Passieren soll mit ein wenig Unterbrechung, einigen Wendungen und etwas Fremdheit rüberkommen." Und so braucht Munro eben nur 30 Seiten um das zu erzählen, wofür andere mehrere hundert Seiten füllen.
Lange Zeit wurde sie deswegen nicht ernstgenommen: Spätes Debüt, Hausfrau, Kurzgeschichten. Doch inzwischen hat sich Munro einen besonderen Platz in der angelsächsischen Literatur geschaffen. Denn kaum jemand arbeitet bei Short Storys so elegant mit Auslassungen wie die 82-Jährige. Der kanadische Buchpreis Governor General's Award wurde ihr gleich mehrmals verliehen, jetzt hat die Hausfrau vom Lake Huron auch den wichtigsten Preis ihrer Zunft gewonnen: den Literaturnobelpreis.
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