Alfred Biolek: Allein, aber glücklich
Ein Glas Wein, ein gutes Buch, ein gutes Gespräch mit engen Freunden, eventuell ein Besuch im Kölner Restaurant "Acht" - ansonsten viel Ruhe und kein Stress. Das Leben des Dr. Alfred Biolek ist beschaulich geworden. Keine Stars mehr und keine roten Teppiche - und vor allem: kein Fernsehen. Der kultivierteste Talkmaster der deutschen TV-Branche hat sich konsequent zurückgezogen. Am heutigen Donnerstag wird er 80 Jahre alt. Und wie es aussieht wird er aus diesem Anlass seine kleine Wohnung verlassen, um mit einigen Freunden in seinem Lieblingslokal ein bisschen zu feiern. Nichts Großes, denn das hat Biolek aus seinem Leben gestrichen.
In dem Buch "Bio - mein Leben" wagt Alfred Biolek einen Rückblick. Hier können Sie es bestellen
Er hat das öffentliche Leben weitgehend aufgegeben. Bio - das war einmal die Kurzformel für intelligentes und trotzdem unterhaltsames Fernsehen. Und Bio war überall. In den TV-Szenen von Köln, Berlin, München, Hamburg. Auf den besseren Partys und Empfängen der Republik. In den besten Restaurants des Landes. Wo immer auch etwas Geistreiches oder Kulinarisches fabriziert werden sollte - Bio war nicht weit. Das alles ist Vergangenheit. Eine an die man sich gern zurück erinnert.
Dabei hatte es am Anfang nach allem anderen ausgesehen, als nach einer großen Karriere im Entertainment. Alfred Franz Maria Biolek war dafür ausersehen, im eher trockenen dafür, aber umso seriöseren Fach der Rechtswissenschaften aufzusteigen. Er wurde am 10. Juli 1944 im böhmischen Freiberg geboren, der Vater war der wohlhabende und hoch angesehene Rechtsanwalt Dr. Joseph Biolek. Nach der Zwangsaussiedlung zog die Familie 1946 nach Stuttgart, wo Joseph Biolek eine neue Kanzlei eröffnete.
Der Sohn Alfred sollte ihn seine Fußstapfen treten und schloss 1958 sein Jurastudium mit dem drittbesten Ersten Staatsexamen von Baden-Württemberg ab. Nach der Promotion zum Dr. jur. und Zweiten Staatsexamen trat er 1962 tatsächlich in die Kanzlei des Vaters ein, der an Krebs erkrankt war. Doch bereits während des Studiums hatte ihn die leichte Muse mindestens ebenso interessiert wie die Juristerei. Er spielte im Studentenkabarett "Das trojanische Pferd" mit.
1963 tat Alfred Biolek den ersten Schritt in Richtung Unterhaltungsbranche. Er wechselte zum ZDF, zunächst in die Rechtsabteilung, kurze Zeit später machte er auch redaktionelle Beiträge und trat bereits als Moderator wie Sendungen wie "Tipps für Autofahrer", "Urlaub nach Maß" und "Drehscheibe" auf.
Mit dem Wechsel zur Filmproduktionsgesellschaft Bavaria und damit nach München änderte Alfred Biolek seine Lebensweise radikal. Er warf seine alten Anzüge weg - und damit auch seine katholisch-konservativen Ansichten. Er lebte - ohne sich zu outen - offen seine Homosexualität aus, verkehrte im Freundeskreis um den Kultregisseur Rainer Werner Fassbinder - und hatte seinen ersten großen beruflichen Erfolg als Produzent der legendären Samstagabend-Show "Am laufenden Band" mit Rudi Carrell.
Das hätte immer so weiter gehen können - Alfred Biolek, der Macher von Erfolgsformaten, der Mann mit dem goldenen Näschen und Händchen. Doch es drängte ihn nun mal von der verantwortlichen Position hinter den Kulissen vor die Kamera. Und er hatte die richtigen Ideen. Im Kölner Kabarett-Theater "Senftöpfchen" machte er auf der Bühne eine Live-Talkshow, wie man sie vorher nicht gekannt hatte. Er vermischte Leichtes und Ernstes zu einem rasanten Mix. Neben Stars traten auch unbekannte Menschen, Arbeitslose oder Straßenverkäufer auf, und der "Kölner Stadtanzeiger" schrieb: "Eine solche Talkshow wird es im deutschen Fernsehen wohl leider nie geben." Ein Irrtum, denn im begeisterten Publikum des "Senftöpfchen" saß auch der Chef der WDR-Unterhaltung. Und ein Jahr später hatte Biolek mit dem "Kölner Treff" im Dritten Programm seine erste TV-Talkshow.
Dann kam mit "Bio's Bahnhof" eine große Musiksendung im Ersten. Biolek präsentiert große und kleine Stars in einem stillgelegten Eisenbahndepot in Köln-Frechen. Sein Stargast Sammy Davis jr. sagte 1982 verblüfft: "Ich bin seit 1953 im Showbusiness, und ich muss sagen, das hier ist die originellste und am besten zusammengestellte Fernsehshow, in der ich jemals aufgetreten bin."
Es folgten weitere TV-Highlights wie "Boulevard Bio" und das kultige Koch- und Küchenformat "alfredissimo!", deren Bücher zur Sendung Millionenauflagen hatten. Und Bio war einer der Topstars des deutschen Fernsehens. Bis er sich 2006 völlig zurückzog mit der Begründung: "Meine Zeit ist jetzt zu Ende." Da war er aber noch fester Bestandteil der Berliner Society und gab während der Filmfestspiele denkwürdige Empfänge, bei der auch der Regierende Bürgermeister, der Exkanzler, der Bundespräsident kamen.
Der große Einschnitt geschah vor vier Jahren. Alfred Biolek stürzte eine Treppe hinunter, brach sie eine Schulter und zog sich schwere Kopfverletzungen zu. Er lag lange im Krankenhaus, hatte Gedächtnislücken, die er aber erfolgreich bekämpfte. Seitdem lebt er zurückgezogen in einer kleinen Wohnung, wieder in seiner Lieblingsstadt Köln. Nur ganz enge Freunde kümmern sich um sein Wohlergehen. Ein junger Mann lebt bei ihm im Haushalt und versorgt ihn.
Einen Lebenspartner hat Alfred Biolek nicht mehr. Der "Bild" sagte er: "Ich bin zu alt, um noch eine intensive Beziehung zu führen. Ich möchte das auch gar nicht mehr. Als Single hat man weniger Stress." Der junge Mann, der ihn versorgt, ist der frühere Freund seines Adoptivsohns Scott, den fast täglich sieht, zu dem er aber nie eine Liebesbeziehung hatte: "Das ist ein reines Vater-Sohn-Verhältnis."
Sein zweiter Adoptivsohn heißt Keith, und er ist ein ehemaliger Lebensgefährte. Keith lebt in New York. "Wir telefonieren öfter, aber durch die Entfernung ist der Kontakt nicht mehr so eng", erzählte Biolek der "Welt".
Sein Lieblingshobby Kochen hat er weitgehend aufgegeben. Das besorgt üblicherweise seine Haushaltshilfe, "ich schneide dann die Zwiebeln." Und der Fernseher ist bei ihm auch meistens ausgeschaltet. Laut "Bild" sieht er "so gut wie gar nichts mehr - nicht einmal die WM. Das ist mir alles zu viel. Ich finde das Fernsehen nicht schlechter als früher, aber anders. Es gibt alles jeden Tag mehrfach. Das interessiert mich einfach nicht."
Und der einst so umtriebige Dr. Biolek ist auch nicht mehr so viel unterwegs: "Wenn man 80 ist, sitzt man lieber zu Hause, denkt an die früheren Zeiten, liest was und freut sich, dass man ein ruhiges Leben führt."
- Themen:
- Gaststätten und Restaurants
- ZDF