Abschied von der Sonne

Jutta Limbach verlässt das Goethe-Institut – aber nicht ganz. Sie war sechs Jahre lang Präsidentin der „Goethianer“ und übergibt Ihr Amt als Präsidentin des Goethe-Instituts an Nachfolger Klaus-Dieter Lehmann.
Eine Viertelstunde vor Beginn stehen alle wichtigen Männer aufgereiht vorm Podium des Prunksaales, ein bedeutender LMU-Professor hebt und senkt den Kopf, Florian Langenscheidt stolziert durch die Reihen auf der Suche nach einem würdigen Gesprächspartner, Peter Gauweiler spricht lange ein auf Hildegard Hamm-Brücher, die Grande Dame der FDP. Aber die Frau, um die es heute geht, ist noch nicht da: Jutta Limbach – deren Amtsübergabe als Präsidentin des Goethe-Instituts an Nachfolger Klaus-Dieter Lehmann gefeiert wird – steigt die Treppen des Alten Rathauses hoch, sofort wird sie umringt von Fotografen. Als sie dann den vollbesetzten Festssaal betritt, gleicht ihr Gang einem Triumphzug – und all die wichtigen Männer sitzen plötzlich still auf ihren Stühlen und klatschen brav mit.
Präsidentin der "Goethianer"
Das liegt nicht daran, dass neben Jutta Limbach Außenminister Frank-Walter Steinmeier steht. Das liegt nicht daran, dass mit dem Eintritt der 74-Jährigen sofort eine Applaus-Woge durch den Saal schwappt – es liegt an Jutta Limbach selbst, an dieser kleinen, zierlichen Frau, die sechs Jahre lang Präsidentin der „Goethianer“ war (so nennen sich die Mitarbeiter). Und die in dieser Zeit die Kulturinstitution nicht nur aus den roten Zahlen hinausmanövriert hat – sondern es vor allem verstand, ihre Mitarbeiter mit einem angenehm-bescheidenen, so klug wie witzigen Auftreten zu faszinieren.
Wieviel Anerkennung, wieviel Achtung Jutta Limbach in ihrer Amtszeit erworben haben muss, kann so ungefähr erahnen, wer den Lobeshymnen folgt. Auszug gefällig?
Hans-Georg Knopp, Generalsekretär des Instituts, preist die „Kraft“ der Argumente Jutta Limbachs, Hans-Georg Thönges vom Betriebsrat verneigt sich vor der „Entschlusskraft“ der scheidenden Präsidentin, und Außenminister Steinmeier jubiliert gar: „Johann Wolfgang von Goethe hat durch Frau Limbach wieder Luft zum Atmen bekommen.“
Und die Gepriesene?
"Das Lob gehört den Mitarbeitern"
Steht auf der Bühne. Blickt umher. Wehrt mit den Armen Ovationen ab. Fängt dann an zu sprechen – ein bisschen brüchig, aber ungeheuer warm. Dass sie so gelobt werde, das amüsiere sie – schließlich sei sie lediglich eine Sonne, die die „Strahlen der Tüchtigen“ auf sich ziehe. „Das Lob, das ich bekommen habe“, so die 74-Jährige, „das gehört den Mitarbeitern, nicht mir“.
Das sehen die Goethianer anders. Am Ende schenken sie Jutta Limbach ein Mobiltelefon, auf dass sie bitte, bitte auch weiter in Kontakt mit ihnen stehen möge.
Jutta Limbach bedankt sich. Die wichtigen Männer klatschen brav.
Jan Chaberny