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Das Bundesverfassungsgericht stoppt den Einsatz von Computern bei der Wahl – aber der Bundestag im Amt darf bleiben
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Sie waren schon im Einsatz, damit ist jetzt Schluss: Das Bundesverfassungsgericht sagt Nein zum virtuellen Wahlkreuz.Foto: AP
az Sie waren schon im Einsatz, damit ist jetzt Schluss: Das Bundesverfassungsgericht sagt Nein zum virtuellen Wahlkreuz.Foto: AP

KARLSRUHE - Das Bundesverfassungsgericht stoppt den Einsatz von Computern bei der Wahl – aber der Bundestag im Amt darf bleiben

Seit zehn Jahren werden in Deutschland Wahlcomputer verwendet, bei der letzten Bundestagswahl 2005 gaben schon zwei Millionen Bürger ihre Stimme elektronisch ab: Damit ist es vorbei. Das Bundesverfassungsgericht hat gestern den Einsatz der Wahlcomputer als verfassungswidrig verboten.

Die elektronische Auszählung sei vom Bürger nicht kontrollierbar, der Grundsatz der Öffentlichkeit von Wahlen verletzt, urteilten die Richter. „Jeder Bürger muss die zentralen Schritte der Wahl ohne technische Vorkenntnisse zuverlässig nachvollziehen können.“ Weil es jedoch keinerlei Hinweise auf Verfälschungen bei den letzten Wahlen per Computer gebe, müssten sie nicht wiederholt werden.

Gerichtsvizepräsident Andreas Voßkuhle machte aber extra deutlich, dass das Gericht nicht grundsätzlich den Einsatz von Computern oder selbst Wahlen per Internet verboten habe – es müsse nur kontrollierbar sein, etwa durch einen Kontrollausdruck jeder Stimme auf Papier, damit etwa bei Softwarefehlern oder beim Verdacht auf Manipulationen eben doch nochmal klassisch per Hand ausgezählt werden kann. Das ist bei den derzeit verwendeten Computern nicht möglich.

Binnen einer Minute gehackt

Bei dem Verfahren spielten Erfahrungen im Ausland eine große Rolle: So hatten Hacker in den Niederlanden (von dort stammen auch die Wahlgeräte, die in Deutschland im Einsatz waren) im Fernsehen demonstriert, wie sie die Computer binnen einer Minute geknackt hatten und in fünf Minuten die Software so manipuliert haben, dass etwa jede zehnte Stimme für die Partei A der Partei B zugeschlagen wird.

Verwiesen wurde auch auf die USA, wo bei den Präsidentschaftswahlen in 34 Staaten elektronisch abgegebene Stimmen schlicht verloren gingen. So gibt es derzeit international zwei unterschiedliche Strömungen: Die Niederlande und Irland haben auch gerade Wahlcomputer aus Angst vor Fehlern und Manipulationen verboten; in Estland und Südkorea wurde dagegen jetzt sogar das Wählen per SMS erlaubt – um auch die junge Internet-Gesellschaft zur aktiven Teilnahme an der Demokratie zu bewegen.

Der Chaos Computer Club begrüßte das Urteil: „Wir wissen zu viel über Computer, um ihnen die letzten Reste der Demokratie anzuvertrauen.“ tan

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